Ludwigsfelde: Radfernwege-Netz in Teltow-Fläming ist ein Flickenteppich

Janine Röhdicke und Martin Pannier aus Bad Schmiedeberg (Sachsen-Anhalt) sind passionierte Radfahrer, an vielen Urlaubstagen erkunden sie Radfernwege. Auf ihrer 250-Kilometer-Tour von Berlin nach Leipzig stellten sie am Ortsausgang Sperenberg erstaunt fest: Hier geht’s nur auf der Straße weiter, im Sog von Autos und Holzlastern. Das kritisiert auch Gemeindevertreterin Doreen Schulze (Linke) seit Jahren. Ebenso wie dort fehlen Stücke von Radfernweg-Verbindungen aus der Bundeshauptstadt Richtung Süden durch den Kreis Teltow-Fläming, um auf dem Superashalt der überregional bekannten Fläming-Skate rollen zu können. Dieses Skater-Eldorado ist ein System von Fahrradstraßen. Warum gibt es diesen Radwege-Flickenteppich und warum dauert es so lange, bis solche Lücken ergänzt sind? Erklären kann das Tino Freißler, Tourismusreferent des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) Brandenburg und zuständig für das Regionalmanagement Bett+Bike Brandenburg/Berlin: „Der Hauptgrund sind die verschiedenen Baulastträger von Straßen.“ Für Planung und Bau von Radwegen seien der Landesbetrieb Straßenwesen, die Landkreise und Kommunen zuständig, zudem werde zwischen Alltagsradverkehr und touristischem Radverkehr unterschieden, erklärt Freißler. Verwirrende Zuständigkeiten: Für den Alltagsradverkehr – also die bevorzugt kürzeste Verbindung – werden hauptsächlich Straßen begleitende Radwege gebaut; „dafür sind das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung, die Landkreise und Kommunen zuständig“, so der Mann vom ADFC. Für touristischen Radverkehr geht es gerade um die Vermeidung von Radwegen an Straßen, dafür ist neben den Kreisen und Kommunen das Ministerium für ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz zuständig. Hat denn wenigstens der ADFC einen Überblick über die Lücken im Radfernwegenetz? „Nein, haben wir nicht“, so Freißler. Nach Wissen der Club-Mitglieder gebe es im Land keine einheitliche Daten- und Kartengrundlage mit allen Lücken von Radfernwegen. Solche Fehlstücke könnten Kommunalpolitiker und Bürger nur gemeinsam schließen, meint er und verweist auf Bürgerinitiativen wie die Radinitiative Michendorf (Potsdam Mittelmark). Zudem erklärt er: „So lange flächendeckende Radwegenetze für ganz Brandenburg in den Amtsstuben der Mark nicht höher priorisiert wird, müssen sich weiter lokale Bündnisse zusammenschließen, um für die Verlängerung oder den Lückenschluss eines bestehenden Radweges zu kämpfen oder für einen Radwege-Neubau.“ An manchen Stellen bedürfe es Jahre bis Jahrzehnte, ehe ein Radwege-Wunsch auch Realität wird, so Freißler. Eine Möglichkeit sieht er in regionalen Radverkehrsbeauftragten, um kommunale Radwegenetze oder -konzepte auf den Weg zu bringen. „Ein Radwegenetz ist auch eine Voraussetzung, um in den nächsten drei Jahren Anspruch auf eine Förderung durch das Klimaschutzprogramm 2030 des Bundes zu erhalten“, sagt er. Im Kreis Teltow-Fläming kann der ADCF dabei übrigens nicht wie etwa in Birkenwerder oder Schwielowsee helfen. „Es gibt keine aktive Ortsgruppe“, sagt Tino Freißler. Es geht im Kreis noch an vielen Stellen um Radwege: An der B 96 soll es 2021 einen von Wünsdorf nach Neuhof geben. In Saalow kämpfen die Dorfbewohner seit 25 Jahren um einen Radweg zum Nachbarn Mellensee (beide Gemeinde Am Mellensee). Ähnlich lange geht es in Nuthe-Urtstromtal um den Radweg an der Landesstraße 73, außerdem um Radwege an der L 80 von Frankenfelde nach Buchholz oder an der L70 von Stülpe nach Kummersdorf-Gut (Am Mellensee) sowie um den Radweg von Scharfenbrück nach Sperenberg (Am Mellensee). Auch von der anderen Seite fehlt ein Radweg – von Kummersdorf-Alexanderdorf nach Sperenberg. Bürgermeister Igel vermisst politischen Willen Großbeerens: Die Stadt Ludwigsfelde kämpft zurzeit mit dringlichem Auftrag aus dem Ortsteil Gröben um den Radweg von dort nach Siethen. Um einen Radweg zum nördlichen Nachbarn Großbeeren soll die Kommune mit Auftrag der Stadtverordneten kämpfen ; dazu gibt es seit August 2019 für die Variante „Trebbiner Weg“ eine interkommunale Vereinbarung. Bürgermeister Andreas Igel (SPD) habe mehrfach nach einem äquivalenten Großbeerener Beschluss gefragt, heißt es auf MAZ-Nachfrage aus dem Rathaus Ludwigsfelde. Doch da es dort keinen politischen Beschluss gebe, könne das Thema nicht weiter bearbeitet werden, so die Pressestelle. Igel erklärt: „Es befremdet mich, dass der Radwegebau Richtung Großbeeren nicht vorangeht, da sich beide Orte in anderen Gremien stets solidarisch zeigen. Es scheint der politische Wille in Großbeeren nicht groß genug, diese Maßnahme umzusetzen.“ An anderer Stelle gelang der Kommune mit dem Radweg vom Stadtteil Struveshof in den Stahnsdorfer Ortsteil Sputendorf bereits kreisübergreifend eine Fahrradstraße, sehr zur Freude von Einwohnern und Touristen. Unterm Strich dauert es wohl noch ein ganze Weile, bis in Radwanderführern etwa für den Fernweg Berlin – Leipzig steht: Nach dem reizvollen Seengebiet zwischen Rangsdorf und Mellensee geht es „durchgehend auf speziellen Radwegen, Wanderwegen und verkehrsarmen Landstraßen vom Brandenburger Tor in Berlin bis zum Leipziger Hauptbahnhof“ oder dass Rad-Touristen durchgehend von Berlin und Potsdam zur Fläming-Skate kommen. Von Jutta Abromeit