Jahresrechnungen der Stadt Ludwigsfelde seit 2012 liegen noch immer nicht vor

Martino Persky (39 Jahre) leitet in Ludwigsfelde nicht nur die CDU-Fraktion, der Stadtverordnete ist seit 2019 auch Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses der Stadt. Dieses Gremium tagt vorrangig nichtöffentlich, seine Arbeit ist auf die Stadtfinanzen konzentriert. Doch diese Arbeit sieht Persky zurzeit massiv behindert, weil die Stadt seit 2012 noch keine Jahresabschlüsse vorgelegt und damit keine wirklich belastbaren Haushaltszahlen hat. Ludwigsfelde knabbert seit Einführung der Doppik 2011 immer noch an der Jahresrechnung von 2012 – warum? Martino Persky: Ich sehe mehrere Gründe. Die aus meiner Sicht falsche Prioritätensetzung innerhalb der Verwaltung ist einer. Hier haben es sowohl der Bürgermeister als auch der 1. Beigeordnete versäumt, rechtzeitig zu handeln. Bisher wurden uns leider keine Arbeitsergebnisse vorgelegt. Obwohl sicher auch die Corona-Krise für einen Teil der jüngsten Verzögerung verantwortlich ist, liegt die Hauptlast, aus meiner Sicht, bei beiden Hauptverwaltungsbeamten. Welche Folgen haben fehlende Jahresrechnungen für Ludwigsfelde? Soweit mir bekannt ist, keine direkten. Aber derzeit plant die Verwaltung eine Investition in die Bildungslandschaft von rund 84 Millionen Euro. Diese Summe bringt die Stadt sicher an ihre finanzielle Leistungsfähigkeit. Um externe Geldmittel aufzunehmen, sind die Jahresabschlüsse unbedingt erforderlich. Das bedeutet: Liegen keine Jahresabschlüsse vor, gibt es kein Geld. Das ist zwar sehr vereinfacht dargestellt, trifft es aber im Kern. Eine indirekte Folge wäre ein Nachtragshaushalt. Der ist ja geplant, wie die Verwaltung ankündigte. Wird in den Ausschüssen schon darüber diskutiert? Nun, wir Stadtverordnete gehen ja grundsätzlich einvernehmlich mit der Verwaltung um. In diesem Fall ist die Lage aber komplizierter. Denn bereits in der letzten Wahlperiode wurde mehrfach gemahnt, die Jahresabschlüsse endlich vorzulegen. Sie hatten der Verwaltung zur Stadtverordnetenversammlung Anfang Mai vorgeworfen: „Mich nervt die Schlampigkeit an bestimmten Stellen.“ Was war der Anlass? Für meine Wortwahl muss ich mich entschuldigen. Das war eines Stadtverordneten nicht würdig. Aber mir beziehungsweise meiner Fraktion war bereits in der letzten Wahlperiode mehrfach aufgefallen, dass Unterlagen zur Vorbereitung von Versammlungen nicht übersandt wurden, Einladungen verloren gingen und Antworten auf Redebeiträge aus Sitzungen offen blieben, deshalb platzte mir der Kragen. Sie nannten als Beispiel die Absage einer Ausschuss-Sitzung, war das tatsächlich so? Richtig, ich sah mich gezwungen, die Sitzung am 16. Dezember erst direkt vor Ort absagen zu müssen, weil sie nicht, wie in der Hauptsatzung festgelegt, formgerecht veröffentlicht war. Jetzt könnte man sagen, das war sehr kleinlich. Ich meine: Nein, das war es und ist es auch aus heutiger Sicht nicht. Wir haben diese Regeln ja nicht ohne Grund. Nun ist Ludwigsfelde nicht die einzige Kommune im Land ohne Jahresrechnungen, sonst gäbe es die vor ein paar Monaten eingeführte „Marscherleichterung“ vom Land mit verkürzten Abschlüssen nicht. Erwägen Sie, diese Situation auch mal an anderer Stelle anzumahnen? Mit den im vergangenen Jahr getroffenen Regelungen von der Landesregierung gibt es eine sehr gute Chance, alle Jahresabschlüsse vereinfacht aufzustellen. Diese Möglichkeit zu verschenken, ist aus meiner Sicht nicht einfach nur ein Versäumnis. Wenn Abschlüsse nicht vorliegen und der Kommune ein finanzieller Schaden entstünde, könnte unter Umständen ein Disziplinarverfahren geprüft werden. Das ist nach jetzigem Stand bisher nirgends passiert, selbst bei Großbeeren nicht. Die Kommune hat wegen des GVZ noch nicht mal die Eröffnungsbilanz von 2011. Wir Stadtverordnete haben einen Eid geleistet, wonach wir Schaden von der Stadt abzuhalten haben. Als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses habe ich das so oft angemahnt. Ich denke, die Kommunalaufsicht sollte hier genau wie die Landrätin als Dienstvorgesetzte des Bürgermeisters in Kenntnis gesetzt werden, selbstverständlich nachdem wir das in den Ausschüssen und der Stadtverordnetenversammlung besprochen haben. Von Jutta Abromeit

Stadtfinanzen - Wo bleiben Ludwigfeldes Jahresrechnungen seit 2012?