Luckenwalder Ralf Eyssen findet eine 7000 Jahre alte Axt aus der Steinzeit in der Nuthe bei Woltersdorf

Glasflaschen, Plastikmüll, alte Campingstühle: Die Mitglieder der Umweltgruppe „Luckenwalde lebendig gestalten“ hatten ja mit vielem gerechnet. Aber dass sie bei ihrer Aufräumaktion in der Nuthe bei Woltersdorf einen historischen Sensationsfund machen würden, haben sie wahrlich nicht erwartet. Doch neben dem Müll zog der Luckenwalder Ralf Eyssen auch eine Axt aus der Steinzeit aus dem Fluss. „Es ist ein Glücksfall, dass sich die Geweihaxt über mehr als sieben Jahrtausende erhalten hat“, sagt Teltow-Flämings Kreisarchäologe Stefan Pratsch. In ganz Brandenburg wurden bisher nur fünf vergleichbare Relikte aus der Steinzeit gefunden. Eyssen dachte zunächst, er würde einen hölzernen Ast in der Hand halten. „Erst bei näherer Betrachtung erkannte er, dass es sich um ein Werkzeug aus Geweih handelt“, erzählt Pratsch, der den Fund schon einen Tag später abholte und bestätigte: Dieses 21 Zentimeter lange Geweihstück mit kreisrundem Loch in der Mitte ist eine Besonderheit. Lesen Sie auch: Luckenwalder Umweltgruppe sammelt Müll in der Nuthe „Für die gute Konservierung ist nicht nur die Lage im Wasser verantwortlich“, erzählt Pratsch über den schlammigen Nutheboden bei Woltersdorf, „in der umgebenden Torfschicht muss der pH-Wert fast neutral sein, um solch einen Fund zu konservieren.“ Deshalb hat Pratsch auch ein großes Lob für Finder Ralf Eyssen: „Dass er noch am gleichen Tag die Untere Denkmalschutzbehörde informiert hat, war genau die richtige Entscheidung“, sagt er. Denn wäre die Axt noch tage- oder gar wochenlang an der Luft gelegen, hätte sie begonnen, sich zu zersetzen und der Sensationsfund wäre stark beschädigt worden. In einer luftdichten Tüte im Kühlschrank hat der Kreisarchäologe die Geweihaxt zwischengelagert. Nun kommt sie in die Restaurierungswerkstatt des Landesamtes nach Wünsdorf. Mit einer speziellen Technik kann anhand einer Materialprobe dann das Alter auf 200 bis 300 Jahre genau datiert werden. Anschließend wird der Fund restauriert. „Dann kann die Geweihaxt so gut erhalten werden, dass sie dauerhaft in einer Vitrine präsentiert werden kann“, sagt Pratsch, der den Wunsch des Finders teilt: Eyssen würde es nämlich gut finden, wenn die Axt künftig im Luckenwalder Heimatmuseum zu sehen ist und den Menschen von der Geschichte der Region erzählt. „Fund ist ein Tor zur Vergangenheit“: „Dieser Fund ist ein Tor zur Vergangenheit“, sagt die für den Denkmalschutz im Landkreis zuständige Dezernentin und Beigeordnete Dietlind Biesterfeld (SPD). „Vor über 7000 Jahren hat ein Mensch aus unserer Region diesen Gegenstand hergestellt, und nun findet ihn ein Einwohner von Luckenwalde. Diese historische Verbindung erfüllt mich mit Ehrfurcht.“ Auch Biesterfeld fände es schön, wenn die Geweihaxt künftig in Luckenwalde ausgestellt würde. Die Entscheidung fällt aber das Landesamt. Der Kreisarchäologe, der zufällig Experte auf genau diesem historischen Gebiet ist, konnte dem Finder übrigens problemlos erklären, wozu die Axt einst genutzt wurde. Denn zum Bäume fällen beispielsweise ist sie gar nicht geeignet. Dafür war das Material nicht robust genug. Zweck: Tiere töten, Leder weich klopfen, kämpfen: „Mit dem stumpfen Ende am Nacken ließen sich Felle und Leder weich klopfen“, erklärt Stefan Pratsch. „Mit der Schneide, die durchaus scharfkantig war, konnten die steinzeitlichen Jäger verletzte Tiere töten sowie Holz und andere Materialen verarbeiten.“ Außerdem könnte es sein, dass sich die Menschen damals mit solchen Äxten gegenseitig bekämpft haben. Eine weitere Untersuchung soll klären, wofür die Axt aus der Nuthe konkret benutzt wurde. „Dieses Werkzeug herzustellen dauerte damals mehrere Tage“, berichtet der Kreisarchäologe. Aus Interesse hat er das nämlich schon einmal selbst auf steinzeitliche Art und Weise ausprobiert. „Ich habe dafür zwei Tage gebraucht“, verrät Pratsch. Von Victoria Barnack