Rufbus: Erfolgsprojekt braucht weiter finanzielle Unterstützung

Einmal in der Woche ruft Oma Erna in der Rufbus-Zentrale an. Wenn der Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung abnimmt, weiß er schon, was sie gleich sagen wird. Wie jeden Donnerstag will die ältere Dame aus Zellendorf mit einer ganzen Gruppe von Frauen aus dem Ort nach Jüterbog fahren. Auch der Kraftfahrer im kleinen Rufbus kennt Oma Erna schon. Sie plaudern über Alltägliches. Dass Oma Erna spontan und ohne eigenes Auto vom Dorf in die nächstgrößere Stadt und auch wieder zurück kommt, ist alles andere als selbstverständlich in Brandenburg. Der Rufbus der Verkehrsgesellschaft Teltow-Fläming (VTF) hat Vorbildcharakter für das gesamte Land. Da, wo es ihn bereits gibt – rund um Jüterbog, im Amt Dahme und in der Gemeinde Nuthe-Urstromtal – wird er immer besser angenommen. Das zeigen die neuesten Zahlen der VTF und die erste Auswertung der erst drei Monate alten Rufbus-App. Jedes Jahr 1000 Fahrgäste mehr: „Seit 2015 konnten wir die Fahrgastzahlen in diesem Segment nahezu verdoppeln“, berichtet VTF-Geschäftsführer Volker Fleischer. 2010 startete das Angebot in Nuthe-Urstromtal. Vier Jahre später folgte das große Gebiet um Jüterbog mit zahlreichen Haltestellen im Niederen Fläming und Niedergörsdorf. Im April kam der Kranich-Express in und um Trebbin hinzu. Laut Geschäftsführer Fleischer steigen die Fahrgastzahlen jährlich um knapp 1000 Nutzer an. Jeder dritte von ihnen bucht nur drei Monate nach der Einführung bereits über die Rufbus-App. In den Sommerferien fielen auch insgesamt Rekorde, zum Beispiel nutzten im Juli im Niederen Fläming so viele den Rufbus wie noch nie. „Im Jahr 2020 rechnen wir erstmals mit 10.000 Rufbus-Gästen“, sagt Volker Fleischer. In Nuthe-Urstromtal und Niederer Fläming fährt der Rufbus genauso wie der Skater-Shuttle montags bis freitags zwischen 5.30 Uhr und 21.30 Uhr. An Wochenenden und Feiertagen startet die erste Fahrt um 8.30 Uhr. Bestellt werden kann eine Fahrt mit dem Rufbus täglich online auf www.vtf-online.de/rufbusapp.html oder unter Tel. 0 33 71/62 81 81 (für Nuthe-Urstromtal) oder Tel. 0 33 72/42 48 48 (für Niederer Fläming). Spätestens 60 Minuten vor Fahrtbeginn muss gebucht werden. Wer unter der Woche vor 8 Uhr oder an Wochenenden und Feiertagen vor 9.30 Uhr starten möchte, muss die Fahrt am Vortrag bis 17 Uhr angemeldet haben. Die VTF plant Workshops und Info-Veranstaltungen, um den Rufbus vorzustellen und Verbesserungsvorschläge aufzunehmen. Interessierte können per E-Mail an info@vtf-online.de oder unter Tel. 0 33 71/6 28 10 Kontakt aufnehmen. Der Rufbus ist also ein Erfolg – und trotzdem noch lange nicht am Ziel. „Er ist eine Ergänzung zu unserem normalen Angebot, das vor allem auf Anfangs- und Endzeiten der Schulen und den Bahnverkehr zugeschnitten ist“, erklärt Fleischer. Die eigentliche Aufgabe dürfte es sein, ein nachhaltiges Angebot für den ländlichen Raum zu etablieren, das gut ausgelastet und auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Frage der Finanzierung bleibt: Denn im Moment ist der Rufbus eher ein Zuschussgeschäft der Kommunen. Nuthe-Urstromtal hat dieses Angebot beispielsweise viele Jahre lang mit einer fünfstelligen Summe kofinanziert. Inzwischen trägt der Landkreis die gesamten Kosten und will auch in Zukunft dabei bleiben. „Denn aus meiner Sicht gehört das Angebot des Rufbusses zum Grundbedarf in unserem Landkreis“, sagt Landrätin Kornelia Wehlan (Linke). Grundbedarf, das ist mehr als eine Floskel. In Brandenburg ist er klar geregelt. Für Teltow-Fläming gibt es quasi individuelle Vorgaben, welcher Ort wie oft bedient werden muss. Maßgeblich ist die Einwohnerzahl. So fallen beispielsweise Orte mit weniger als 100 Einwohnern aber auch die Wochenenden durch das Raster. Für die Landrätin stellt das aber nicht die Realität im ländlichen Raum dar. Wehlan sieht an dieser Stelle – also auch konkret für den Rufbus – das Land in der finanziellen Pflicht. Immerhin sei der Grundbedarf gleichzusetzen mit der Übernahme der Kosten durch das Land. Neue Förderung vom Land hilft dem Rufbus wohl nicht: Aus Potsdam gibt es als Reaktion darauf bisher kaum mehr als warme Worte. Ines Jesse (SPD), Staatssekretärin im Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung, freut sich zwar, dass der Landkreis mit dem Rufbus samt App innovative Wege geht und die Bevölkerung auf dem Land das Angebot sogar annimmt. Doch finanzielle Unterstützung kann auch sie nicht zusichern. „Wir erarbeiten derzeit eine neue Richtlinie zur Förderung von Modellvorhaben für innovative Mobilitätsangebote“, sagt sie und liefert den Haken dabei gleich mit, „in Teltow-Fläming ist man aber schon lange weiter“. Im Klartext: Diese Fördermittel gibt es vom Land für den Rufbus höchstens noch zur Auswertung der Nutzung. Auch das hat man beim VTF längst selbst übernommen: Wenig überraschend sind die meisten Nutzer 50 Jahre und älter. Darauf folgen die Unter-20-Jährigen, die den Rufbus beispielsweise nutzen, um in den Ferien ohne Elterntaxi zum Sporttraining zu kommen. Rufbus als beliebte Verbindung vom Bahnhof ins Dorf: Auch Touristen machen eine große Nutzergruppe aus. Denn der Rufbus gilt als Lösung für das Problem der letzten Meile. „Bis zu 60 Prozent der Rufbusfahrgäste nutzen das Angebot im Vor- oder Nachlauf von Zugverbindungen“, berichtet Volker Fleischer. Zu den größten Herausforderungen zählt die VTF ohnehin nicht mehr die Etablierung des Rufbusses. Viel mehr gilt es, in Zukunft weitere Gebiete für ihn zu erschließen. Bedarf gibt es beispielsweise in Baruth. Fleischer schließt aber auch nicht aus, mit dem Rufbus andere Lücken zu schließen, zum Beispiel die von Siethen nach Ludwigsfelde. Von Victoria Barnack

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