Wahlsdorf: Wärmegenossenschaft kämpft mit Technik und Bürokratie

Umweltgerecht und dennoch möglichst kostensparend zu heizen war das Ziel, mit dem die Mitglieder der Wahlsdorfer Wärmegenossenschaft vor genau neun Jahren an den Start gingen. Immer wieder machen seither Gerüchte die Runde, dass das Konzept nicht funktioniert und die Kosten höher liegen, als anfangs erhofft. Die Gründe dahinter haben dem Genossenschaftsvorsitzenden Rainer Silex und seinen Mitstreiter manch schlaflose Nacht bereitet. Doch trotz aller technischen und bürokratischen Schwierigkeiten versorgt die genossenschaftseigene Anlage die angeschlossenen Haushalte, Unternehmen und kommunalen Gebäude mit ausreichend Fernwärme aus der am Dorfrand gelegenen Biogas-Anlage der Agrargesellschaft. Schon der Start war holprig: Bereits der Start im Februar 2012 verlief alles andere als glatt. „Der Impuls für die Genossenschaft kam von dem selben Ingenieurbüro, das in Dahme das Fernwärmenetz konzipiert hat, mit dem die Sportwelt und die Seniorenresidenz durch die Biogas-Anlage der dortigen Agrargenossenschaft beheizt werden“, blickt Silex auf den Beginn der Planungen für Wahlsdorf zurück. Nach unzähligen Gesprächen – von Nachbar zu Nachbar über den Gartenzaun – und Diskussionsrunden stand fest, dass man das Experiment wagen wollte. Die Bereitschaft des damaligen Betreibers der Biogas-Anlage, die bei der Stromgewinnung entstehende Abwärme kostenfrei ins Netz einzuspeisen, war ein großer Pluspunkt. Der ökologische Aspekt, dass bereits vorhandene Energie genutzt wird und sich so der Verbrauch anderer Energieträger senken lässt, überzeugte. Auf ihrer Gründungsveranstaltung am 12. Februar 2012 zählte die Genossenschaft deshalb bereits 62 Mitglieder. Viel Gerede – wenig Taten: Dass es noch mehr als zwei Jahre dauerte, bis der erste der jetzt 83 Abnehmer angeschlossen werden konnte, lag an der zermürbenden Bürokratie. „Es wird zwar viel über Umweltschutz geredet, aber wenig getan, um so konkrete Projekte zu unterstützen“, sagt Silex. Um an Fördermittel von Bund und Land für den Bau der 1,6 Millionen Euro teuren Anlage zu kommen, mussten zwei Jahre lang immer wieder neue Anträge und Gutachten eingereicht werden. „Sogar eine Prognose der Bevölkerungsentwicklung für die nächsten 20 Jahre wurde von uns gefordert“, blickt Silex zurück. 2014 hatten die Genossenschaftler dann endlich die Förderzusage über 300.000 Euro und für den Bankkredit in der Tasche. Die Errichtung des Technikgebäudes und die Verlegung der ersten Trasse bis zum Gutshaus waren der erste Bauabschnitt. Die ersten Jahre beschreibt Silex als Lernprozess aller Beteiligten. Dass Heizungsanlagen bei einer Betriebstemperatur von 70 Grad Celsius vergleichsweise träge funktionieren und nicht alle Komponenten bestehender Hausanlagen verlustfrei zusammenarbeiten, war einer der Lerneffekte. Auch das Abrechnungsmodell inklusive der festgelegten Mindestabnahme-Mengen musste Stück für Stück angepasst werden, bis am Ende alle zufrieden waren. Der Konkurs des Biogas-Unternehmens und der gleichzeitige Ausfall von einem der beiden Stromerzeuger stellten die Genossenschaft vor drei Jahren vor die nächste Herausforderung. Zwar hat inzwischen die Agrargesellschaft „Niederer Fläming“ die Biogas-Anlage übernommen und speist die Abwärme auch kostenfrei ein, bekommt aber nicht mehr die Genehmigung, den ausgefallenen Generator am selben Standort durch einen neuen ersetzen. Regelung geht übers Ziel zu weit hinaus: „Die gesetzlichen Vorgaben sehen zwischen zwei Anlagen einen Mindestabstand von 1.000 Metern vor“, beschreibt Silex das Problem. Der Grund für die Bestimmung ist, dass der Wildwuchs von Biogas-Anlagen verhindert werden soll. Obwohl dies hier nicht der Fall wäre, kommen Anlagenbetreiber und Genossenschaft nicht an der Regelung vorbei. Für den deshalb bereits geplanten Standort eines zweiten Blockheizkraftwerkes ringen Agrargenossenschaft, Behörden, Edis und Anwälte seit zwei Jahren um Genehmigungen und Einspeisevergütung. Lesen Sie auch Nunsdorf will klimaneutral heizen Auf eine baldige Einigung ist die Genossenschaft angewiesen. Denn durch die Reduzierung der Abwärmemenge auf 50 Prozent fällt es in starken Wintern und in Spitzenzeiten schwer, die notwendige Mindesttemperatur von 70 Grad im Netz zu halten, so dass mit einem Heizöl-Brenner zugeheizt werden muss. „Technisch ist das kein Problem, aber erstens wird der Betrieb dadurch teurer und zweitens verschlechtert sich die Öko-Bilanz deutlich“, so Silex. Knapp 900.000 Liter Heizöl und fast 2,5 Millionen Kilogramm CO2-Ausstoß konnten seit Inbetriebnahme des Wärmenetzes eingespart werden. Von Uwe Klemens