Zossen: Im Prozess um Kreisumlagen kann die Stadt Millionen-Summe erhalten

Wird die Kommunikation zwischen dem Landkreis Teltow-Fläming und Kommunen in Sachen Kreishaushalt bald völlig anders sein? Das könnte das Ergebnis eines Rechtsstreites sein, den die Stadt Zossen mit dem Landkreis wegen der Kreisumlage führt und über den am Dienstag am Verwaltungsgericht Potsdam verhandelt wurde. Das, worauf sich beide Seiten vorläufig einigten, was aber noch die Stadtverordneten bis Ende Februar 2021 absegnen müssen, könnte ein großer Wurf für die anderen Kommunen sein. Es geht um 28 Millionen Euro: Für Zossen geht es um viel Geld. Mehr als 28 Millionen Euro überwies die Stadt für die Jahre 2015 und 2016 als Umlage an den Kreis. Davon soll sie nun rund 2,3 Millionen Euro plus 330.000 Euro Zinsen zurückerhalten. Die Anwaltskosten der Zossener würde der Landkreis komplett übernehmen. Jetzt müssen die Stadtverordneten noch zustimmen. Bis zum 1. März kann die Stadt die Einigung widerrufen. Das will gut überlegt sein: Denn was nach einer größeren Einnahme klingt, ist zugleich ein noch größerer Verzicht. Nach Ansicht des Vorsitzenden Richters Marc Grohmann ist die Festlegung der Kreisumlage rechtswidrig, weil der Finanzbedarf Zossens bei der Aufstellung des Kreishaushaltes nicht ermittelt wurde. Ein solches Manko war vom Bundesverwaltungsgericht bei einem Fall aus Rheinland-Pfalz bereits 2013 gerügt worden. Gäbe es in Potsdam ein Urteil, dann wäre eine komplette Rückzahlung für Zossen wahrscheinlich. Die damalige Bürgermeisterin Michaela Schreiber (Plan B), unter deren Ägide die Klagen eingereicht wurden, dürfte sich im Nachhinein bestätigt sehen. Keine Kreisumlage Null: Warum Richter Grohmann und seine Kollegen dennoch auf einen Vergleich drängten? „Eine Kreisumlage Null ist auch nicht der Sache angemessen“, verwies er auf die Aufgaben, die der Landkreis für Zossen und die andere Gemeinden, die von einem Urteil allerdings nicht profitieren würden, übernimmt. Dass es auch dann eine sehr arbeits- und diskussionsintensive Fortsetzung geben würde, wurde im Laufe der Verhandlung deutlich. Ob nun die Kreisumlage für 2015 im Jahr 2021 noch einmal festgelegt werden würde und höher liege, oder ob der Kreis das ihm dann fehlende Geld in der nächsten Runde umzulegen versucht – der Ideen gab es einige. Letztlich orientierten sich beide Seiten an einem Umlagesatz von 43 statt damals festgelegter 47 Prozent. Mit diesem Wert hatte das Amt Oder-Weise (Uckermark) im September 2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg; 2015 war er unterer Landesdurchschnitt. Vorschlag stößt auf offene Ohren: Aber bei der Verpflichtung zur Rückzahlung von 2,3 Millionen plus drei Prozent Zinsen würde es in dem Vergleich nicht bleiben, dem die Stadtverordneten zustimmen sollen. Den Anstoß zu einer größeren Lösung gab Anwalt Matthias Dombert, der Zossen vertrat, aber bundesweit für Kommunen in ähnlich gelagerten Sachverhalten tätig ist. Er regte im Gerichtssaal den Abschluss von Verträgen zwischen Kreis und den Kommunen an, um die Regularien zur Ermittlung des gemeindlichen Finanzbedarfs besser festzulegen. Diesen Bedarf muss der Kreistag letztlich beachten und laut Rechtsprechung gegen eigene Pläne abwägen, wenn er die Kreisumlage beschließt. Bei Landrätin Kornelia Wehlan (Linke) und Kämmerer Johannes Ferdinand stieß Domberts Ansatz auf offene Ohren. Eine Absichtserklärung, solche Verträge abschließen zu wollen, findet sich ebenfalls im Vergleichsvorschlag. Wehlan hatte zuvor auf die besonderen Bedingungen der Jahre 2013/2014 und das mit den Kommunen gemeinsam und offen diskutierte Ziel, den Haushalt des Kreises zu konsolidieren, verwiesen. Der Kreis sei auch deshalb in seine finanzielle Lage geraten, weil er Infrastrukturmaßnahmen wie die Bundesstraße 101 und den Fläming-Skate (mit)finanziert habe. Der Konsolidierungswille sei nicht zu Lasten der Kommunen gegangen, so Wehlan. In Zossen sah man das damals offenbar anders. Vor Gericht wurde ursprünglich nur die Klage von 2015 verhandelt – erst auf Drängen von Dombert wurde auch das mit demselben Fehler behaftete Verfahren für 2016 in den Vergleich einbezogen. Landrätin Wehlan schien mit der Übereinkunft gut leben zu können. Sie sagte, es sei ein „Signal an beide Seiten“. Wehlan bestätigte, dass es auch aus dem Jahr 2017 mehrere Widersprüche gegen die Kreisumlage gebe, die nicht beschieden sind. Von Ingmar Höfgen