Dem Winter mit seinen vielen, auch gegensätzlichen Stimmungen kann sich wohl niemand verschließen. Das haben sich Kerstin Blodig und Ian Melrose nämlich auch gedacht, als sie vor sechs Jahren ihre Platte „Dezembermane“ aufnahmen. Der Zuspruch war enorm. Die beiden Musiker arbeiten allerdings schon viel länger miteinander: Kelpie heißt ihr Projekt. Die Berlinerin mit den deutsch-norwegischen Wurzeln und der Schotte, den es ebenfalls in die Hauptstadt zog.
Gerade ihre Herkunft macht sich jetzt im aktuellen Album „Schneetreiben“ wieder einmal deutlich bemerkbar. Ermutigt vom vorherigen Erfolg, wandten sich beide teils sehr alten Liedern über den Winter, den Dezember und Weihnachten zu. Verliehen ihnen sozusagen ein wärmende Decke aus nordischen wie keltischen Klängen. Mit ausgefeilten, aufs Detail versessenen, doch nie verschwenderischen Arrangements. Die Stimmen in den Vordergrund gerückt, begleitet von Violine, Bass oder Low Whistle. Dass sich beide als Asse auf der akustischen Gitarre auszeichnen, sei noch dazu angemerkt.
Wie ein kleines im Winterlicht glitzerndes Leitmotiv taucht zwischen den Songs immer wieder der viel gepriesene Tannenbaum auf. Wie es sich für versierte Folk-Musiker gehört, lassen sich Kerstin und Ian ihre Hörer auch nicht über Herkunft, Alter und Autorenschaft ihrer Lieder im Unklaren. Ob die Textvorlage für „Nun kommt der Heiden Heiland“ nun von Luther stammt oder wie „Weihnachten 1914“ von Mike Harding; der von der Ruhe, der Freude und Verbrüderung in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs erzählt.
Dass sich manche Geschichten sogar noch fortspinnen lassen, zeigt sich im Stück „Der Reif“, einst von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben niedergeschrieben. Für den Dichter des „Liedes aller Deutschen“ war der Reif ein Mann, der den Wald anhaucht und ihm so ein weißes Kleid überwirft. Ihm zur Seite stellt Kerstin Blodig weitere Strophe von der Schneeflock’. Jener Frau, die nicht minder gekonnt für prächtigen Schnee zu sorgen weiß. Ein bisschen Schabernack darf schon sein, schließlich ist ein Kelpie ein Wassergeist in Gestalt eines Pferdes mit einem Fischschwanz.
Blodig und Melrose kann man am Wochenende bei der inzwischen 24. Ausgabe des Celtic Music Festivals erleben. Mit dabei sind zudem Jan Sanders und Jeemy Spencer und das Norland Wind Trio.
Das Konzert: Das Festival am Sonnabend, dem 16. Dezember, beginnt um 20 Uhr in der Passionskirche in Berlin-Kreuzberg.
Von Ralf Thürsam