Während der Panikrocker von Krieg und Nationalismus singt, erscheinen US-Präsident Trump und AfD-Vize Gauland mit Partyhütchen. Ein Teil der Leinwand sieht aus wie eine mit Slogans besprühte Häuserwand. „Nazis verpisst Euch!“, steht darauf, daneben prangt ein Hakenkreuz, das in der Mülltonne landet.
Udo Lindenberg feiert am Freitagabend beim ersten der beiden ausverkauften Konzerte in der Berliner Waldbühne eine politische Party. Abgesehen hat er es auf die Rüstungsindustrie, die von den Regierungen der Welt mit ihren Billionen gefüttert werden. Auch Erdogan („Versuchssultan“), Le Pen und andere Rechtspopulisten führt er als Witzfiguren auf der Leinwand und in mahnenden Ansagen vor. Der Wahnsinn auf der Welt erntet selbst von unser aller Udo nicht einen seiner friedlich dahingenuschelten Alles-easy-keine-Panik-Kommentare. Der 71-jährige Altrocker strotzt vor Wut. Es ärgert ihn, dass die Dummheit auf der Welt ihn dazu nötigt, noch immer Antikriegslieder wie „Wozu sind Kriege da“ zu singen.
Er holt für die Hymne einen Kinderchor auf die Bühne und setzt auch sonst auf die ganz große Show. Pyrotechnik, Riesenleinwand und jede Menge Nebel gehören zu einer Lindenberg-Show wie Hut und Sonnenbrille. Am Anfang prescht ein Dampfer durch den Sturm, später erobern Tänzer als Aliens die Bühne, ganz am Ende macht Lindenberg den Abflug – verkleidet als Astronaut. Dazu spielt er mehr als zwei Stunden Hits, von „Cello“ über „Honky Tonky Show“ und „Johnny Controletti“ bis zu „Hinterm Horizont geht’s weiter“.
Zahlreiche Gaststars, unter anderem Schauspieler Axel Prahl und Komiker Otto Waalkes, machen das Konzert endgültig zu einer Art Familienfest. Wer will, bekommt ein Schlückchen Eierlikör. Um die Stimme geschmeidig zu machen, sagt der jugendlich tänzelnde Lindenberg. Aber klar doch. Also, ein Prost auf die Gesundheit!
Von Maurice Wojach