Ein Politkrimi aus Manila, ein fesselnder Actionfilm über eine Botschaftsbesetzung durch Islamisten in Tunis, ein Politthriller aus Prag: Die bisherigen Beiträge zur ARD-Reihe „Die Diplomatin“ mit Natalia Wörner waren zum Teil ziemlich spektakulär und ausnahmslos spannend. Ein besonderer Reiz der Filme liegt im Sujet der Außenpolitik, und das nicht nur wegen heikler Themen wie dem illegalen Waffenexport in Krisengebiete („Entführung in Manila“) oder CIA-Folterlager in Osteuropa („Jagd durch Prag“).
Gemessen daran ist die Handlung der vierten Episode, „Böses Spiel“, ähnlich unaufgeregt wie der etwas beliebig klingende Titel. Der Prolog beginnt mit touristischen Bildern der „Goldenen Stadt“ und einem Urlaubsflirt, der ein grausames Ende nimmt: Eine schwer verletzte junge Frau wird wie ein Sack Müll vor den Eingang eines Krankenhauses aus einem Auto geworfen. Die Freundin der 17-jährigen Vanessa berichtet von einem Jungen, der die beiden in sein luxuriöses Elternhaus mitgenommen hat. Er heißt Philippe Beaumont (Johannes Meister), ist der Sohn des französischen Botschafters, genießt diplomatische Immunität und darf deshalb von der Polizei nicht vernommen werden. Karla Lorenz, Botschafterin in Tschechien, nimmt sich des Falls an, und das nicht nur, weil das Opfer Deutsche ist: Sie ist seit vielen Jahren eng mit den Beaumonts befreundet.
Ein leichter Urlaubsflirt mit katastrophalen Folgen
Offenbar haben Philippe und Vanessa einen verliebten Abend miteinander verbracht, aber dann ist das Mädchen anscheinend einem finsteren einheimischen Freund des Franzosen in die Hände gefallen. Der junge Tscheche erweist sich jedoch ebenfalls als unantastbar: Er ist der Sohn eines wichtigen Unternehmers, der als kommender Wirtschaftsminister und zukünftiger Regierungschef gehandelt wird, weshalb die Staatsanwaltschaft etwaige Ermittlungen unterbindet.
Auch Karla soll auf Weisung ihrer Vorgesetzten und Tante (Maren Kroymann) der „übergeordneten Interessen“ wegen die Finger von der Sache lassen. Es fällt auf, dass „Böses Spiel“ viel stärker als bisher die persönlichen Beziehungen in den Mittelpunkt rückt. Die Diplomatie bildet nur den Hintergrund. Im Grunde wird ein Familiendrama über häusliche Gewalt erzählt.
„Böses Spiel“ geht in der „Diplomatin“-Filmreihe unter
Ohne den Schauplatz und die besondere Rolle der Hauptfigur wäre die Geschichte ein ganz normaler Krimi. Dass der Autor die Ereignisse in den sogenannten besseren Kreisen angesiedelt hat, könnte auch spekulativ wirken. Das immerhin ist nicht der Fall, zumal die entsprechenden Szenen glaubwürdig gespielt sind, was auch an der Zweisprachigkeit der Darsteller liegt. Anders als in den sonstigen Auslandskrimis der Degeto, in denen immer alle dieselbe Sprache sprechen, dürfen sich die Franzosen untereinander auf Französisch austauschen. Kommissar Jan Horava (Alexander Beyer) glaubt, dass das Verbrechen an Vanessa von Jugendlichen begangen wurde, die seit einiger Zeit mithilfe eines Lockvogels junge Touristinnen in eine Falle locken und zum Sex zwingen.
Trotz der schönen Prag-Bilder und der guten schauspielerischen Leistungen ist „Böses Spiel“ im Vergleich zu den drei anderen Episoden der Reihe mindestens eine Nummer kleiner ausgefallen, zumal der Film nicht mal besonders spannend ist. Eine weitere Episode in Prag wird noch produziert, in der Karla Lorenz ihre Beziehung zu Horava vertiefen darf, aber dann wird die Botschafterin weiterziehen.
Von Tilmann P. Gangloff/RND