Ohne Zettel kommt hier keiner zum Markttag. Inge Baldowski aus Zehlendorf hält ein Auge immer auf ihre Liste in der Hand und ein anderes auf die frische Ware, die Dennis Böckmann vom Teltower Rübchenhof Szilleweit auf die Waage legt. Äpfel, Möhren, Kartoffeln, Rote Beete, Käse und Eier stehen auf ihrer Einkaufsliste. „Alles ist hier frisch und direkt vom Bauern“, freut sich die Rentnerin aus Zehlendorf. Sie ist seit kurzem Kunde bei Food Assembly.
Diese Lebensmittel-Vereinigung bringt Käufer und Erzeuger einander näher und sichert frische Kost aus der Region. Bestellt wird grundsätzlich im Internet und abgeholt an einem Markttag in der Nähe. Standort in Kleinmachnow sind seit September 2015 die Neuen Kammerspiele. Immer Mittwochs (Ausnahme in den Ferien) von 17 bis 19 Uhr treffen sich dort Kunden und Landwirte zur Übergabe. Das in Frankreich geborene Konzept setzt sich inzwischen immer mehr in Deutschland durch. Nach Kleinmachnow hat es Yvonne Friedrich geholt. „Ich fand das Konzept spannend und will solche Produkte vom Erzeuger auch selbst hier haben“, begründet sie ihr Engagement für die neue Marktform, die bislang einzigartig in Brandenburg ist. In Wildau, Brück und Frankfurt (Oder) wird sie gerade aufgebaut.
Die 44-jährige Kleinmachnowerin kennt als gebürtige Zehlendorferin Food-Assembly-Märkte aus Berlin. Als Beraterin in der Gastronomie-Branche weiß sie auch von Berufswegen, „dass regionale Produkte hoch im Kurs stehen“. Etwa zehn Erzeuger sind momentan mit im Boot, darunter Fleischer, Imker, Weinhändler, eine Baquettebäckerei, Bauern und Landwirte, die Eier und Käse, spezielle Kartoffeln und Kirschen bringen. Neu hinzugekommen sind Fruchtaufstriche, und ein Bäcker steht in Aussicht „Es sind Händler, die nicht in Supermärkten verkaufen“, so Friedrich. Mehr als 300 registrierte Mitglieder/Kunden gibt es für Kleinmachnow. Doch habe sich der Food-Assembly-Markt dort offenbar weniger herumgesprochen als in Zehlendorf. Wenn erst das Wetter wärmer wird, werden die Kunden-Händler-Begegnungen an den Ständen auch vor dem Haus für Aufmerksamkeit sorgen. Allerdings, so betont Friedrich, „gibt es hier keinen freien Verkauf“. Nur, wer vorher im Internet bestellt und bezahlt hat, bekommt seine Ware.
Zum Beispiel von Oliver Herz aus Ragösen bei Bad Belzig. Er ist seit Dezember dabei. Diesmal ist der Landwirt mit fünf Tüten Kartoffeln nach Kleinmachnow gekommen. Ein bis drei Kilo Knollen je Tüte werden im Schnitt bestellt, sagt der Mann, der den Aufwand trotzdem nicht scheut. „Natürlich wäre es schöner, wenn es 50 Tüten werden. Es wird wohl zwei bis drei Jahre dauern, dass es sich lohnt“, schätzt der Mittelmärker. Herz züchtet speziell Kartoffeln; 28 Sorten hält er vor. „Es gibt nicht nur fest- und mehlig kochende“, wirbt der Landwirt etwa für die französische Sorte „La Ratte“ und den deutschen „Ackersegen“. Demnächst will er auch Schnittblumen anbieten.
Sabine Mix aus Zehlendorf findet es „total super“, dass sie hier den Bauer trifft und Qualitätsware aus der Region bekommt. Jede Woche kaufen sie und eine befreundete Familie bei Food Assembly ein: Käse, Kartoffeln, Eier und Heu für die Meerschweinchen. „Und die Location hier ist ja sowieso Kult“, schwärmt die Frau.
Lebensmittel-Vereinigung
Das Konzept von Food Assembly (Lebensmittel-Vereinigung) stammt aus Frankreich. Dadurch sollen kleine bäuerliche Betriebe gestärkt und Kunden mit frischer Regionalware versorgt werden. Der Kunde registriert sich ohne Mitgliedsbeitrag und Mindestumsatz und bestellt im Internet.
Etwa 700 Regiomärkte, wo Bauern die Waren direkt dem Kunden übergeben, gibt es bereits in Frankreich. In Deutschland und anderen europäischen Ländern wird nachgezogen.
In Kleinmachnow findet der Markttag mittwochs in der Karl-Marx-Straße 18 statt. Kontakt: https://thefoodassembly.com/de/assemblies/7336
Von Claudia Krause