Landwirt wirbt für Hanfsteine als Baustoff der Zukunft
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Landwirt Wilhelm Schäkel kultiviert Nutzhanf als Baumaterial.
© Quelle: Soeren Stache/dpa
Zempow. Der Baustoff der Zukunft könnte auf Brandenburgs Äckern wachsen: Hanf. Das meint zumindest Wilhelm Schäkel, Landwirt und Geschäftsführer der Bio Ranch Zempow (Ostprignitz-Ruppin). Der Biobetrieb baut seit 2015 die auch unter dem Namen Cannabis bekannte Kulturpflanze an – nicht etwa als Rauschmittel, sondern als Grundstoff für den Hausbau. Auf 60 der insgesamt 500 Hektar wird Hanf kultiviert. „Wir haben hier einen sehr mageren Boden mit gerade einmal 18 Bodenpunkten. Das ist auch für Brandenburger Verhältnisse wenig“, sagt der Biobauer. Deshalb hat er nach Pflanzen Ausschau gehalten, die unter diesen Bedingungen gut gedeihen. Hanf kommt damit nicht nur klar, sondern produziert sogar als im Juli ausgebrachte Zwischenfrucht sehr viel Biomasse, die sich hervorragend zu einem besonders nachhaltigen Baustoff mit positiver Klimabilanz verarbeiten lässt.
Seminare zur Produktion von Hanfsteinen
Bisher ist es noch ein Nischengeschäft. Interessierte können bei Seminaren in Zempow lernen, wie sie Hanfsteine für den Hausbau selbst herstellen. „Wir erstellen dazu gerade auch ein Handbuch“, sagt Wilhelm Schäkel. Nach seiner Erfahrung sind zwei Personen 14 Tage beschäftigt, um in Handarbeit die kompletten Hanfsteine für ein Einfamilienhaus zu produzieren. Grundstoff dafür sind die Schäben, die beim Häckseln der Hanfstängel entstehen. Sie werden mit Branntkalk und Wasser angesetzt und ergeben einen sehr leichten Baustoff mit hervorragenden Eigenschaften. Die daneben anfallenden Fasern können als Dämmwolle verwendet werden. Hanfstein ist leicht, isoliert und kann gut Wasserdampf aufnehmen und wieder abgeben. Verwandt wird er als nichttragendes Mauerwerk bei Ständerbauweise und zur Dämmung. „Hanf bietet einen enormen Hitzeschutz“, erklärt Schäkel.
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Auf Bestellung liefert die ganz im Norden des Kreises Ostprignitz-Ruppin, direkt an der Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern gelegene Bio Ranch Zempow die Hanfsteine aus, auch bis nach Berlin oder Potsdam. Allerdings gibt es bisher noch wenige Maurerbetriebe, die Erfahrung mit dem Stoff haben. Aber das kann sich natürlich ändern.
Bauen mit Hanf: In anderen Ländern ist man weiter
In größerer Menge lassen sich Hanfsteine als Baumaterial über andere Lieferanten beziehen, teilweise aus dem Ausland. Denn in einigen Ländern ist man bei der Nutzung der Cannabis-Stängel schon weiter, in Belgien etwa oder in Italien. „Wir sind auf der Suche nach einer Firma in unserer Region, die ebenfalls in größerer Menge Hanfsteine herstellen will“, berichtet Wilhelm Schäkel. Auch das Landwirtschaftsministerium in Potsdam ist daran interessiert, fördert die Herstellung des klimapositiven Baustoffs als Perspektive für die Region.
Positive Klimabilanz: Hanf bindet CO2
Schnell wird das Bauen mit Hanf die Nische wohl nicht verlassen. Langfristig aber könnte der Baustoff eine große Perspektive haben. Wenn der Bausektor klimaneutral werden soll, wird man daran nicht vorbeikommen, meint Landwirt Schäkel. Beton hat schließlich eine katastrophale Klimabilanz vor allem durch den dafür benötigten Zement. Pro Tonne Zement werden im Schnitt 587 Kilogramm CO2-Äquivalent freigesetzt. Hanf dagegen bindet sehr viel Kohlendioxid, entzieht damit der Atmosphäre sogar im Durchschnitt 130 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Kubikmeter Baustoff, rechnet Schäkel vor. Und selbst bei einem Abriss kann das Naturmaterial auftrumpfen, denn es zersetzt sich vollständig.
MAZ