„Bewegung der Windkraft-Gegner wird diffamiert“
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Mit Plakaten wie diesen wehren sich Windkraft-Gegner gegen riesige Windräder.
© Quelle: Reyk Grunow
Potsdam. Joachim Weimann (62), Professor für Volkswirtschaft und Experte für Umweltökonomik an der Universität Magdeburg, ordnet die Anti-Windkraft-Bewegung ein.
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Joachim Weimann von Uni Magedeburg
© Quelle: ASMUS Foto
Reagiert die Politik angemessen auf die breite Anti-Windkraft-Bewegung?
Überhaupt nicht. Sie nimmt sie praktisch nicht zur Kenntnis. Es gibt kein Nachdenken in der Politik darüber, ob der eingeschlagene Weg mit Erneuerbarem-Energien-Gesetz wirklich im Interesse des Landes liegt. Die Politik hat auch keinen Anlass zu reagieren. Die Protestbewegung besteht aus unmittelbar Betroffenen. Die Mehrheit der Bevölkerung aber wohnt in Städten, sieht keine Windkraftanlagen und ist der Auffassung, dass Windkraft eine gute Sache ist – also orientiert sich die Politik an der Mehrheitsmeinung und kümmert sich nicht um die Minderheit. Das ist das Problem.
Ein Vorwurf an die Protestierenden lautet, sie handelten nach dem NIMBY-Prinzip, also „Not in my backyard“ („Nicht in meinem Hinterhof“).
Dieser Vorwurf ist unangebracht. Regionale Betroffenheit zum Ausdruck zu bringen, ist völlig legitim. Gegen ein Atommüllendlager in Niedersachsen protestierten auch die Anwohner oder gegen die Startbahn West in Frankfurt am Main. Die Bewegungen wurden nur nie so diffamiert wie die der Windkraft-Gegner. Dabei geht es um Tausende von Standorten und überall ist also der „Hinterhof“.
Windkraftgegner finden sich in einer ethisch schwierigen Situation, weil sie einerseits Vögel, Fledermäuse und die Landschaft schützen wollen, ihnen aber vorgeworfen wird, die Klimapolitik zu behindern. Wie können die Betroffenen diesen Konflikt auflösen?
Die ethisch problematische Position haben ja nicht die, die gegen Windkraft sind, sondern jene, die für einen Ausbau sind. Sie geben vor, sie seien für die Natur. Aber sie bauen Industrielandschaften in die Wälder. Die ethische Verurteilung der Windkraftgegner ist nicht in Ordnung. Die Menschen auf dem Land, die tatsächlich die Lasten tragen, die wirklich Lebensqualität verlieren, stehen auch noch als die moralisch Schlechten da – das ist total ungerecht.
Wie sollte die Politik reagieren?
Sie sollte den Dialog suchen und sich nicht hinter bürokratischen Dingen verschanzen wie Verordnungen und Raumordnungsplänen. Man muss Windkraft auch infrage stellen dürfen – es braucht endlich eine offene und ehrliche Diskussion.
Von Ulrich Wangemann
MAZ