Brandenburg: Warum sich die Pilzsuche im Winter lohnt
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Lutz Helbig, Pilzberater, zeigt in einem Wald in der Lausitz den Austernseitling, einen echten Winterpilz. Für viele Pilzliebhaber ist im Herbst Schluss mit dem Suchen. Doch für Kenner ist im Winter die zweite Pilzsaison.
© Quelle: Patrick Pleul/dpa
Drebkau. Eine Pilzpfanne mit Judasohr, Austern-Seitling oder Samtfußrübling? Das klingt zunächst nach einem Gericht aus der Hexenküche - die schmackhaften Winterpilze sind aber für Kenner schon lange kein Geheimtipp mehr. Zwischen November und Februar kann man auf der Suche nach essbaren Pilzen diese Arten finden, wie Pilzberater Lutz Helbig aus Drebkau (Spree-Neiße) weiß. „Echte Winterpilze brauchen einen Kältereiz zum Wachsen, also Temperaturen um den Gefrierpunkt. Unter 0 Grad stellen sie das Wachstum ein und bleiben einfach stehen, bis es wieder ein paar Grad wärmer wird.“
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Gute Bedingungen für Pilze
In diesem Winter sind die Chancen Helbig zufolge gut, den Korb zu füllen. Finden kann man die Arten an Laubgehölzen, zum Beispiel in Parkanlagen. Entscheidend sei das Wetter, sagt der Pilzfachmann. „Dieser Herbst und der Winter sind recht feucht ins Rennen gegangen. Weil die Pilze auf Holz oder Totholz wachsen und das gut durchfeuchtet ist, haben sie gute Bedingungen“, hat der 62-Jährige beobachtet.
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Lutz Helbig zeigt in einem Wald in der Lausitz eine kleine Auswahl von echten Winterpilzen. Es sind zu sehen Austernseitling (vorn links und rechts), der Gemeine Samtfußrübling (links, zweite Reihe), das Judasohr (Mitte, vorn im Moos) und der Goldgelbe Zitterling (M. auf den Ästen).
© Quelle: Patrick Pleul/dpa
So ist etwa der Austern-Seitling vom Spätherbst bis zum Frühjahr an abgestorbenen oder lebenden Laubbäumen wie Espen, Buchen oder Birken zu finden. Den Namen verdankt er seinem Wachstum, das an Austernbänke erinnert. Helbig sammelt ihn gern, er habe einen würzigen, sogar etwas nussigen Geschmack. Bei veganen Gerichten könne er als Fleischersatz verwendet werden, empfiehlt der Kenner.
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Gattung Judasohr ist sehr beliebt
Der Samtfußrübling oder Winterrübling ist an Linden oder Weiden zu entdecken. Mit seinem gelben Hut ist er gut sichtbar. Um seine Fruchtkörper ausbilden zu können, benötigt er wie auch die anderen Arten Temperaturen um den Gefrierpunkt. „Schmackhafte Pilzgerichte werden nur aus den Hutkappen zubereitet, die Stiele sind recht zäh und könnten bestenfalls getrocknet werden.“
Sehr beliebt sei auch das Judasohr, sagt der Pilzberater. Es wächst am Schwarzen Holunder, aber auch an anderen Laubgehölzen. In Asien gebe es etwa 20 Arten dieser Gattung. Diese Pilze gehören zu den Ohrlappenpilzen. In der asiatischen Küche wird der Pilz als China-Morchel bezeichnet. Der Pilz habe zwar keinen Eigengeschmack, dafür aber eine knackige Konsistenz, sagt Helbig. Der einprägsame Name des Pilzes soll von einer Sage stammen, der zufolge sich Judas nach dem Verrat an Jesus an einem Holunderstrauch erhängte. Die Form des Fruchtkörpers erinnert an eine Ohrmuschel.
Beratungsstellen oder Pilzwanderungen bei Unsicherheit in Anspruch nehmen
Der Goldgelbe Zitterling ernährt sich noch einmal ganz anders. Helbig beschreibt ihn als Pilz, der als Parasit auf anderen holzzersetzenden Pilzen wache. Er hat die Eigenschaft, Kohlenhydrate zu bilden. Diese Polysaccharide sollen sogar eine heilende und entzündungshemmende Wirkung haben, wie der Fachmann erzählt. Der Pilz selbst ist geruch- und geschmacklos.
Rat suchenden Sammlern empfiehlt der Fachmann, im Zweifel immer Beratungsstellen aufzusuchen oder an geführten Pilzwanderungen teilzunehmen. „Ein Winterrübling kann schon mal mit einem ungenießbaren Trompetenschnitzling oder mit einem tödlich giftigen Nadelholzhäubling verwechselt werden“, weiß Helbig.
Etwa 35 Pilzberater sind in Brandenburg tätig. Aufgeführt sind sie unter anderem auf der Internetseite des Brandenburgischen Landesverbandes der Pilzsachverständigen e. V. „Interessierte und Nachwuchsmykologen sind in den Reihen des Landesverbandes gern gesehen und werden mit Rat und Tat unterstützt“, so der Drebkauer.
In Deutschland wachsen nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Mykologie mehr als 13 300 Pilzarten, rund 4600 davon in Brandenburg. Jährlich werden von Helbig und seinen Kollegen ehrenamtlich neue Arten nachgewiesen und kartiert. „Das heißt: Die Arten müssen genau bestimmt, gegebenenfalls auch dokumentiert werden“, beschreibt der Fachmann. Das geschehe beispielsweise mit einem Foto oder einem Herbar-Beleg (getrocknet). Auch der Standort werde exakt beschrieben sowie die Anzahl der gefundenen Pilze und der Zeitpunkt.
Von RND/dpa
MAZ