Brandenburger Europa-Politiker im Kandidatencheck
Potsdam. Am 26. Mai 2019 sind in Brandenburg nicht nur Kommunalwahlen, sondern auch die Europawahlen. Wir haben die Brandenburger Spitzenkandidaten von SPD, CDU, Linke und Grünen zu ihren Ideen für die EU befragt – ihre Antworten lesen Sie unten.
Die FDP wollte eigentlich den Berliner Martin Lindner ins Rennen schicken. Doch der überwarf sich und erklärte schließlich seinen Verzicht auf eine Bewerbung, weil er sich von der Brandenburger FDP nicht genügend unterstützt sah.
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Die AfD hat eine vergleichsweise kurze Europaliste aufgestellt. Statt 40 nominierte sie beim Europaparteitag im vergangenen November nur 30 Kandidaten. Ein Brandenburger steht nicht auf der Liste. Auf Platz 14 kandidiert mit Thorsten Weiß ein Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Der Brandenburger Steffen Königer hatte sich vergeblich um einen Listenplatz bemüht.
Maja Wallstein (SPD)
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Maja Wallstein, SPD-Kandidatin für die Europawahl.
© Quelle: Bernd Settnik/dpa
Was wollen Sie als Europaabgeordnete für Brandenburg konkret erreichen?
Ich will erreichen, dass allen klar ist, dass Brandenburg eine Gewinnerregion der EU ist. Die Agrarpolitik steht vor einer Neuausrichtung, hin zu einer Förderung ökologischer Landwirtschaft. Länder, wie Brandenburg, müssen stärker von Nachbarschaften, wie bei uns mit Polen, profitieren.
Was war in Sachen Europa Ihr bisher größter Erfolg und Ihr größter Misserfolg?
Dass ich zunächst nur als EU-Ersatzkandidatin meiner SPD aufgestellt wurde, war ein Misserfolg, auch wenn es sehr knapp war. Insgesamt ist die EU aber ein großer Erfolg für mein Leben! Nach der Schule arbeitete ich in einer Seniorenresidenz in Frankreich und studierte in Polen. Ich habe Freunde aus ganz Europa und arbeite für die Helmholtz-Gemeinschaft zu europäischen Forschungskooperationen. Die EU ist ein großer Erfolg für uns Brandenburger.
Die EU ist sich in zentralen Punkten nicht einig. Zugleich wächst die Kritik an ihr und die bisherigen Volksparteien verlieren an Zustimmung. Ist Europa überhaupt noch in der Lage, unsere Probleme zu lösen?
Die EU ist nicht perfekt, aber sie zeigt beim Brexit gerade, dass sie sehr wohl zusammenstehen kann. Die Gegner Europas zeigen dagegen in Großbritannien, dass sie keine Probleme lösen können. Wir brauchen überzeugte Europäer im Parlament.
Hat die EU nach einem Austritt Großbritanniens noch eine Zukunft?
Ja, denn die EU ist mehr als ein Wirtschaftsbündnis. Sie ist ein kostbares Friedensprojekt, das es zu schützen gilt.
Wie wird die EU in zehn Jahren aussehen?
Näher zusammen und gleichzeitig regionaler! Ich möchte bei uns nicht nachdenken, wo eine Grenze liegt, sondern was für die Region am besten ist. Wir haben sehr unterschiedliche Regionen in Europa. Diese Vielfalt wird uns auch in Zukunft stärken.
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Helmut Scholz (Linke)
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Helmut Scholz ist bereits Mitglied des Europäischen Parlaments.
© Quelle: Bernd Gartenschläger
Was wollen Sie als Europaabgeordneter für Brandenburg konkret erreichen?
Einen grundlegenden EU-Kurswechsel: sozialer, demokratischer, solidarischer, friedlicher. Die EU prägt Brandenburg: Förderprogramme für den ländlichen Raum, touristische oder wirtschaftliche Erschließung, Infrastrukturentwicklung, … Es gilt, Entscheidende an einen Tisch zu bringen.
Was war in Sachen Europa Ihr bisher größter Erfolg und Ihr größter Misserfolg?
Erfolg: Bei den sogenannten Konfliktmineralien müssen Elektronikartikelhersteller (Handys, TV-Geräte, …) nun nachweisen, dass die dafür notwendigen Mineralien, welche meist aus Minen in Afrika kommen, nicht dortige Konflikte bzw. Kriegsparteien finanzieren.
Misserfolg: Gegen die Uploadfilter habe ich Nein gesagt. Leider hat eine Mehrheit, gestützt auch von der deutschen CDU/CSU, dafür gestimmt.
Die EU ist sich in zentralen Punkten nicht einig. Zugleich wächst die Kritik an ihr und die bisherigen Volksparteien verlieren an Zustimmung. Ist Europa überhaupt noch in der Lage, unsere Probleme zu lösen?
Globale Probleme lösen wir nicht mehr national. Um den Klimawandel aufzuhalten, dürfen wir keine Kompromisse machen. Seit Wochen demonstrieren Schüler für das Klima – diesen Forderungen müssen Taten folgen. Auch und gerade auf Ebene der EU.
Hat die EU nach einem Austritt Großbritanniens noch eine Zukunft?
Der Brexit hat wegen der Verknüpfung Großbritanniens mit der restlichen EU Wirkung auf viele Regionen. Diese Verknüpfungen existieren zwischen allen EU-Staaten. Letztlich geht es in der EU um eine gute Perspektive für den Kontinent Europa.
Wie wird die EU in zehn Jahren aussehen?
Ich hoffe demokratischer und solidarischer. Es ist Zeit für gemeinschaftliche Antworten. In der EU wurde so vieles für den Binnenmarkt harmonisiert, angepasst, vereinheitlicht – warum nicht endlich auch soziale Standards?
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Christian Ehler (CDU)
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Christian Ehlers von der CDU ist vereits Mitglied des Europäischen Parlaments.
© Quelle: Bernd Gartenschläger
Was wollen Sie als Europaabgeordneter für Brandenburg konkret erreichen?
Die jungen Menschen in Brandenburg werden im guten Sinne die erste europäische Generation sein. Um ihre Chancen zu wahren und die Herausforderungen des Landes zu meistern, brauchen wir neben der Landes- und Bundesebene auch eine erfolgreiche Vertretung in der EU.
Was war in Sachen Europa Ihr bisher größter Erfolg und Ihr größter Misserfolg?
Mein größter Erfolg: Mir ist es seit 2004 gelungen, Brandenburg auf die politische Agenda in Brüssel zu setzen und auch das Land früher und stärker in die politischen Entscheidungsprozesse einzubinden. Mein größter Misserfolg: Dass wir es gewissen politischen Kräften erlauben, auch in Brandenburg eine vergiftete populistische Diskussion darüber anzuzetteln, ob es tatsächlich sinnvoll sein könnte, die EU zu verlassen.
Die EU ist sich in zentralen Punkten nicht einig. Zugleich wächst die Kritik an ihr und die bisherigen Volksparteien verlieren an Zustimmung. Ist Europa überhaupt noch in der Lage, unsere Probleme zu lösen?
Europa sichert den Frieden und den Wohlstand wie noch nie in unserer Geschichte. Ohne die Zusammenarbeit in Europa werden wir Herausforderungen wie Klimawandel, globalen Wettbewerb mit China, Russland oder USA nicht bewältigen können.
Hat die EU nach einem Austritt Großbritanniens noch eine Zukunft?
Selbstverständlich. Die Entscheidung Großbritanniens, aus der EU auszutreten, war ein tiefer Einschnitt und ein erschütterndes Fanal. Das Chaos in Großbritannien ruft jetzt jedoch vielen Bürgern wieder ins Bewusstsein, dass die europäische Einigung das erfolgreichste politische Projekt des letzten Jahrhunderts ist.
Wie wird die EU in zehn Jahren aussehen?
Grundsätzlich wird es wohl ein Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten geben: ein Teil der Mitgliedstaaten entschließt sich, in bestimmten Bereichen enger zusammenzuarbeiten. Es wird ganz sicher eine vertiefte Außenpolitik geben.
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Ska Keller (Grüne)
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Franziska (Ska) Keller kandidiert für die Grünen.
© Quelle: Frank Söllner
Was wollen Sie als Europaabgeordnete für Brandenburg konkret erreichen?
Wir wollen bei der Reform der europäischen Agrarpolitik erreichen, dass ökologische Landwirtschaft auch in Brandenburg stärker gefördert wird. Und bei der Neuregelung der EU-Regionalförderung werden wir darauf achten, dass grenzüberschreitende Förderprogramme erhalten bleiben.
Was war in Sachen Europa Ihr bisher größter Erfolg und Ihr größter Misserfolg?
Wir Grüne kämpfen im Europäischen Parlament an vorderster Front für Klimaschutz und eine saubere Umwelt. Wir haben erreicht, dass es EU-weit Grenzwerte für fossile Energien gibt. Wir haben ein Verbot von Einweg-Plastik durchgesetzt und ein Verbot von Bienenkillergiften. Wir setzen uns auch dafür ein, dass es in Europa endlich eine gerechte Verteilung von Asylsuchenden gibt. Im Europäischen Parlament haben wir dafür eine breite Zustimmung.
Die EU ist sich in zentralen Punkten nicht einig. Zugleich wächst die Kritik an ihr und die bisherigen Volksparteien verlieren an Zustimmung. Ist Europa überhaupt noch in der Lage, unsere Probleme zu lösen?
Wir brauchen ein starkes Europa, wenn wir den Klimawandel stoppen oder Digitalriesen endlich zum Steuernzahlen verpflichten wollen. Deshalb müssen wir verhindern, dass Europa in den Nationalismus zurückfällt.
Hat die EU nach einem Austritt Großbritanniens noch eine Zukunft?
Die EU wird den Austritt Großbritanniens meistern. Aber uns steht ein schmerzhafter Trennungsprozess bevor. Wenn die Briten bleiben wollen, sind sie herzlichst willkommen!
Wie wird die EU in zehn Jahren aussehen?
Eine solidarische Gemeinschaft mit starkem sozialem Zusammenhang, die sich um ihre Bürger kümmert und ökologisch wirtschaftet.
>> Hier lesen Sie alle rund um die Europawahl
Von Torsten Gellner