Brandenburger Landwirte setzen auf Nutzhanf
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Landwirt Wilhelm Schäkel mit einer getrockneten Hanfpflanze der Sorte Futura. Schäkel ist einer von 15 Landwirten in Ostprignitz-Ruppin und im angrenzenden Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, die sich legal mit dem Anbau von Nutzhanf beschäftigen.
© Quelle: Soeren Stache/dpa
Wittstock/Dosse. Landwirt Wilhelm Schäkel aus Zempow (Ostprignitz-Ruppin) kennt das Spiel – spätestens im Sommer, wenn die Hanfpflanzen auf seinen Feldern in bestem Wachstum stehen. "Urlauber – meist aus dem Westen – sehen die Pflanzen und alarmieren die Polizei", sagt Schäkel. Sie erkennen die Blattform und denken an illegale Plantagen mit Hanf für den Drogenkonsum. "Es handelt sich aber um Nutzhanf, der mit Genehmigung bei uns wächst" sagt er. In der Umgebung sei das auch bekannt.
Schäkel ist einer von 15 Landwirten im Landkreis Ostprignitz-Ruppin und im angrenzenden Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, die sich legal seit einigen Jahren mit Hanf beschäftigen. Auf etwa 1000 Hektar stehen im Freiland in beiden Ländern die Pflanzen, die zum Teil bis zu fünf Meter hoch werden können.
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Die gerebelten Blüten von Hanfpflanzen der kleinwüchsigen Sorte Finola.
© Quelle: Soeren Stache/dpa
Nutzhanf aus Ostprignitz-Ruppin als Treibstoff, Dämmmaterial oder für Kleidung
Die Ampel-Koalition in Berlin will Cannabis legalisieren. Doch dabei geht es um die kontrollierte Abgabe "an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften". Dadurch würde "die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet", heißt es im Koalitionsvertrag.
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Schäkel und seine Berufskollegen haben aber die Verwendung als Nutzhanf im Blick. Nutzhanf ist vielseitig einsetzbar, als Treibstoff, als Dämmmaterial oder zur Verarbeitung in Kleidung. Auch in Lebensmitteln kann er eine geschmackliche Komponente einbringen.
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Die Bio Ranch von Landwirt Wilhelm Schäkel in Zempow (Ostprignitz-Ruppin).
© Quelle: Soeren Stache/dpa
Brandenburger Böden eignen sich für Hanfanbau
„Agronomisch ist Hanf grundsätzlich für die Brandenburger Böden geeignet“, sagt Fabian Blöchl, Referat Acker- und Pflanzenbau beim Brandenburger Landesbauernverband. Er vertrage hiesige Temperaturbedingungen und sei nicht empfindsam bei Frösten. Schädlinge und Pilzerkrankungen spielten so gut wie keine Rolle. „Wir bewerten die aktuelle Diskussion eher als Euphorie“, sagt er. Wichtig seien für die Landwirte langfristige Verträge für die Abnahme. Denn vor dem Anbau müsse investiert werden, unter anderem in neue Technik.
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Nach Angaben des Branchenverbandes Cannabiswirtschaft wächst Nutzhanf in Deutschland bei 863 zugelassenen Landwirten (Angaben: 2021) auf 6444 Hektar. Die größten Flächen hat Niedersachsen mit 1555 Hektar. Spitzenreiter in Europa ist Frankreich, wo die Pflanze auf rund 14 500 Hektar steht.
THC-Gehalt beim Nutzhanf darf höchstens 0,2 Prozent betragen
In Deutschland sind laut Bundesverband der Cannabiswirtschaft insgesamt rund 70 Sorten Hanf zugelassen, die maximal einen THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol) von 0,2 Prozent haben dürfen. Laut Betäubungsmittelgesetz gelten höhere Werte als Drogen und Rauschmittel. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung kontrolliert bei den Landwirten regelmäßig die Werte. Für den Anbau erteilen sie eine Genehmigung. Der Landwirt muss zuvor aber nachweisen, dass er wirklich ein Landwirt ist.
Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel (Grüne) setzt sich dafür ein, die Rahmenbedingungen für die Ausweitung der Anbaufläche so günstig wie möglich zu gestalten. Seit 2020 förderte das Ministerium über die "Richtlinie zur Förderung der konzeptionellen Zusammenarbeit für eine markt- und standortangepasste Landwirtschaft" das Kompetenznetzwerk Nutzhanf mit 50.000 Euro.
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Landwirt Wilhelm Schäkel hat auf einem Feld der Bio Ranch Nutzhanf geschnitten und bindet die Pflanzen zu einem Bund. Der Hanf eignet sich besonders für Dämmstoff.
© Quelle: Soeren Stache/dpa
THC-Gehalt in Blüten über dem Grenzwert
„Unser Ziel ist, Erzeuger und Verarbeiter zusammenzubringen“, sagt Koordinator Jan Paki. Landwirte werden beraten, wenn sie die Nutzpflanze ins Programm aufnehmen wollen. „Das Interesse ist da, Landwirte stehen in den Startlöchern, brauchen aber noch Beratung“, erzählt er. Gesucht würden derzeit interessierte Verarbeiter, die sich in der Region niederlassen und hier die Wertschöpfungskette vervollständigen wollen. „Noch fehlt es an der Infrastruktur für die Ausweitung des Anbaus“, sagt Paki.
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Für Wilhelm Schäkel, einen der Hanfanbau-Pioniere in Brandenburg, ist der THC-Gehalt nach wie vor ein schwieriges Thema. „Die Grenzwerte von einem Gehalt von 0,2 Prozent sollten angehoben werden, um eine komplette Verarbeitung der Pflanze zu gewährleisten“, sagt er. Geerntete Blüten dürfen derzeit beispielsweise nicht verwendet werden, da ihr Gehalt erfahrungsgemäß zu hoch sei. Aus ihnen ließen sich theoretisch Rauschmittel extrahieren – aber auch eher entspannende Tees brühen.
Von Gudrun Janicke/dpa