Regionalwert AG

Bürgeraktien sollen bei der Agrarwende helfen

Berlin/Potsdam. Die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg will bis Ende September bis zu 1,5 Millionen Euro frisches Kapital einsammeln. Unter dem Motto „Die Agrarwende selber machen“ wirbt die AG um Anleger, denen eine regionale und nachhaltige Landwirtschaft am Herzen liegt. Aktionäre in spe müssen mindestens 525 Euro anlegen – für 500 Aktien mit einem Nennwert von einem Euro und einem Aufschlag von fünf Cent pro Aktie.

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Die Anteilscheine sind ausdrücklich als „Bürgeraktie“ deklariert, die Anlagesumme wird auf 9750 Euro pro Anleger gedeckelt. So bleibe das Risiko für den einzelnen Aktionär überschaubar, sagte Jörg Henning Frank von der Berliner Umweltfinanz AG. Sein Institut wickelt die Kapitalerhöhung organisatorisch ab. „Das Limit soll aber auch verhindern, dass sich ein Großinvestor einkauft.“

Wachstumsmarkt Berlin

Die Aufsichtsratsvorsitzende Katharina Reuter sagte, 1,5 Millionen Euro seien ein ambitioniertes Ziel für die erst vor einem Jahr gegründete Regionalwert AG. „Dieses Geld ist aber notwendig, um im Großraum Berlin-Brandenburg etwas zu bewegen.“ Innovative landwirtschaftliche Betriebe hätten es schwer, „an Land und Kapital zu kommen, und sich einen Marktzugang zu erschließen“.

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Mit dem eingesammelten Geld will sich die AG an landwirtschaftlichen Unternehmen beteiligen. „Auch kleinere Beträge können helfen, um Lücken zu schließen“, erklärte Reuter. Als Beispiel nannte sie eine Familie, die einen Bio-Bauernhof starten will, aber nicht über genug Eigenkapital verfügt, um einen größeren Bankkredit zu bekommen. Mit 100.000 Euro half die Regionalwert AG dieser Unternehmensgründung auf die Sprünge. Reuter betonte, dass die immense Nachfrage nach regional erzeugten Produkten aus dem Berliner Umland derzeit gar nicht gedeckt werden könne. Dabei sei Berlin europaweit einer der größten Wachstumsmärkte für ökologisch produzierte Lebensmittel.

Vorbild Freiburg

Ihre Regionalwert-Vision beschreiben die Macher in einer Broschüre wie folgt: „Mehr ökologische und faire Lebensmittel aus Brandenburg und Berlin, von Bauernhöfen und ehrlichem Lebensmittelhandewerk produziert und von Bürgerinnen und Bürgern mitfinanziert.“ Man könne nicht warten, bis die Politik die Weichen für Veränderungen in der Landwirtschaft stelle, sagte Regionalwert-Vorstand Jochen Fritz: „Die Zeit ist reif. Die Menschen wollen wissen, wo ihr Essen herkommt und sind auch bereit, dafür mehr Geld auszugeben.“

Die Regionalwert-Vision ist so neu nicht. Die erste Aktiengesellschaft unter diesem Namen wurde 2005 in Deutschlands Ökohauptstadt Freiburg gegründet – und findet seither Nachahmer in ganz Deutschland. In Freiburg hat die AG in 15 Jahren gut zehn Millionen Euro investiert, und zwar in der kompletten landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Inzwischen gibt es im Portfolio der Beteiligungen sogar ein eigenes Restaurant.

Vorstand Jochen Fritz, der in Werder/Havel als Nebenerwerbs-Landwirt unter anderem Wasserbüffel und Weidehühner hält, sagt, er wisse aus eigener Erfahrung, wie aufwendig und strapaziös es sei, einen kleinen bäuerlichen Betrieb zu starten. Für seinen Hof hatte Fritz in der Vergangenheit mit Genussscheinen experimentiert. Die Scheine im Wert von 500 Euro wurden mit drei Prozent verzinst, ausgezahlt wurde aber nicht cash, sondern in Naturalien.

Die Regionalwert AG ist nun der Versuch, dieses Modell professionell auszurollen. Mit einem kleinen Unterschied allerdings: „Wir können den Anlegern kurzfristig keine Rendite versprechen“, sagte Fritz. „In zehn oder 15 Jahren sieht das vielleicht ganz anders aus.“ Er setze aber darauf, dass sich genug Bürgeraktionäre finden, die mit der Grundidee der AG sympathisierten und „ihre Lebensmittelversorgung selbst in die Hand nehmen wollen“.

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Laut Aufsichtsrat-Chefin Katharina Reuter wird die AG ihr Kapital nicht mit der Gießkanne verteilen und sich jeden Businessplan einer potenziellen Beteiligung sehr genau anschauen. Die Anleger könnten sich auf jeden Fall darauf verlassen, „dass ihr Investment Arbeitsplätze sichert, Bio-Betriebe stärkt und dafür sorgt, dass künftig mehr Land ökologisch bewirtschaftet wird.“

Das Startkapital der Regionalwert AG kommt von der 2018 übernommenen Apfeltraum AG aus Müncheberg (Märkisch-Oderland). 175 Aktionäre hatten insgesamt 225.000 Euro in diesen Obst- und Gemüsebetrieb investiert.

Von Thorsten Keller

MAZ

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