Corona: Brandenburg führt Maskenpflicht im Nahverkehr und Einzelhandel ein
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21.04.2020, Sachsen-Anhalt, Naumburg: Mit Mundschutz sitzt Josephine Nauke in der historischen Straßenbahn in Naumburg. Der Triebwagen des Typs «Gotha» ist Baujahr 1959 und verkehrt regulär auf der Linie vier zwischen Salztor und Hauptbahnhof. Auch im kleinsten Straßenbahnbetrieb Deutschlands gilt ab Donnerstag (23.04.2020) eine Maskenpflicht für Fahrgäste. Das Bundesland Sachsen-Anhalt hatte die Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen am Dienstag beschlossen. Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Potsdam. Brandenburg wird entgegen den bisherigen Plänen nun doch eine Pflicht zum Tragen von Schutzmasken einführen – und zwar im öffentlichen Nahverkehr und im Einzehandel. Innenminister Michael Stübgen (CDU) sprach am Mittwoch im Innenausschuss des Landtags zunächst nur von einer Maskenpflicht im Nahverkehr. Regierungssprecher Florian Engels präzisierte später auf Nachfrage, dass das Tragen von Alltagsmasken sowohl für Busse und den Regionalexpress als auch beim Einkaufen in Geschäften und Supermärkten gelten soll.
Die Maskenpflicht soll ab 27. April gelten. Das Kabinett werde sich am Freitag mit diesen Maßnahmen beschäftigen. Auf der Tagesordnung steht dann außerdem die Erlaubnis von Gottesdiensten unter Einhaltung bestimmter Hygienevorschriften ab dem 4. Mai. Dann sollen in Brandenburg auch wieder die Friseure öffnen dürfen.
Keine Abstimmung mit Berlin
Am Dienstag hatte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) eine Maskenpflicht für Brandenburg noch kategorisch ausgeschlossen. Berlin kündigte dann eine solche Pflicht für den ÖPNV an. Am Mittwoch zog nun Brandenburg nach und will sogar noch schärfere Maßnahmen als Berlin einführen.
Laut Nonnemacher gehe es um die Frage, ob man nachziehen müsse, nachdem Berlin „eine andere Regelung gefunden“ hat, man aber eine möglichst einheitliche Regelung im VBB finden müsse. Es käme sonst zu der kuriosen Situation, dass Brandenburger, die mit der S-Bahn nach Berlin fahren, mitten im Zug eine Maske aufsetzen müssten. Brandenburg war zuletzt das einzige Bundesland in Ostdeutschland, das sich nicht zu einer Maskenpflicht hatte durchringen können.
BVG: Durchsagen, aber keine Kontrollen
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) halten die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr, die in Berlin ab dem 27. April gilt, zwar für eine vernünftige Idee. Die BVG werden aber nicht kontrollieren, ob sich die Fahrgäste auch daran halten. Das berichtet der RBB. In Bussen und U-Bahnen solle es aber regelmäßihg entsprechende Durchsagen geben, so BVG-Pressesprecherin Petra Nelken. Zu Kontrollen sei die BVG aber nicht berechtigt, so Nelken weiter, "Wir sind ein Verkehrsunternehmen, wir sind keine Ordnungsmacht."
Der Präsident des Landkreistags in Brandenburg, Wolfgang Blasig (SPD), hält eine Maskenpflicht zum Schutz vor dem Coronavirus nicht für sinnvoll. „Wir würden in einen gewissen Überbietungswettbewerb hineingeraten“, sagte der Landrat des Kreises Potsdam-Mittelmark der Deutschen Presse-Agentur. „Wir hatten uns im Land Brandenburg darauf verständigt, dass es dort Empfehlungen gibt, aber eine Pflicht sollte nicht eingeführt werden. Nun ist Potsdam vorangeschritten, was auch den umliegenden Landkreis unter Probleme setzt.“ Sein Landkreis habe nicht vor, eine Maskenpflicht auszurufen.
Potsdam war vorgeprescht
In der Landeshauptstadt sind ab nächstem Montag (27. April) Alltagsmasken in Läden, Bussen und Bahnen Pflicht - auch wegen vieler Pendler. In Berlin gilt ab kommendem Montag eine Pflicht für Mund-Nasen-Schutz in Bussen, S- und U-Bahnen. Sie soll anders als in anderen Ländern nicht für den Einzelhandel gelten. Die Brandenburger Landesregierung plant auch nach der Entscheidung in Berlin keine Maskenpflicht für Busse und Bahnen, rät aber zum Tragen der Masken.
Der Landkreistagspräsident verweist darauf, dass es zum Tragen von Masken auch genug Ressourcen geben müsse, „die wir im Moment nicht haben“. Außerdem müsse die Pflicht überwacht werden. «Dann muss man natürlich auch Verstöße dagegen ahnden“, sagte Blasig. „Ob dazu Personal ausreichend ist, muss man sich fragen.“
Kleine Läden öffnen
An diesem Mittwoch öffnen wieder kleinere Läden bis 800 Quadratmeter Verkaufsfläche, außerdem Auto-, Fahrrad- und Buchhändler im Land. Der Landrat hält wenig von einer noch weitergehenden Lockerung. „Ich mache mir große Sorgen, dass wir schon im ersten Schritt etwas viel draufpacken“, sagte Blasig. „Das ist dann ein Horrorszenario für mich, wenn man wieder zum Lockdown (Ausgangsbeschränkungen) kommen muss.“ Damit Infektionen nicht zunähmen, müssten Abstands- und Hygieneregeln strikt befolgt werden. Nötig seien auch Tests und die Nachverfolgung von Infektionsketten mit einer freiwilligen App.
Der SPD-Politiker sieht wenig Probleme darin, dass die Schutzvorkehrungen in den Unternehmen eingehalten werden. „Fast alle der Unternehmungen wissen ziemlich genau, dass sie peinlich auf die Hygiene zu achten haben“, sagte Blasig. Er habe aber große Schwierigkeiten einzuschätzen, wie es vor allem in Kitas weitergehen solle. In manchen Kitas in seinem Landkreis seien über 50 Prozent der Kinder in Notbetreuung. „Hygienische Maßnahmen bei Vorschulkindern umzusetzen, ist fast schon utopisch“, sagte Blasig.
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Von MAZ-Online
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