Nazis Vorschub geleistet?

Prinz von Preußen zieht Forderungen teilweise zurück – Politiker erleichtert

Georg Friedrich Prinz von Preußen.

Georg Friedrich Prinz von Preußen.

Berlin. Im langjährigen Streit über Eigentumsfragen zieht Georg Friedrich Prinz von Preußen einen Teil der Forderungen des Hauses Hohenzollern an den deutschen Staat zurück. Der „Welt“ (Mittwoch) sagte er, konkret gehe es um 4.000 Kunstwerke, für deren Zuordnung die Frage relevant sei, „ob mein Urgroßvater Kronprinz Wilhelm von Preußen durch sein Verhalten den Nationalsozialisten ‚Vorschub geleistet’“ habe. Die Rücknahme der Forderungen sei seine persönliche Entscheidung, die er unabhängig von möglichen Erfolgschancen getroffen habe.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Er verzichte als Chef des Hauses Hohenzollern auf die Kunstwerke und Ausgleichszahlungen aus diesem Komplex, betonte Prinz von Preußen. Mit dem Ende des Verfahrens wolle er den Weg für eine „unbelastete Debatte“ freimachen. In dem Streit ging es nach Angaben des Hauses Hohenzollern auf der eigenen Webseite bislang um die Zuordnung von rund 15.000 Kunstwerken, bei denen die Eigentumsfrage noch nicht abschließend geklärt sei.

Lesen Sie auch

Prinz von Preußen: „Kronprinz Wilhelm suchte klar Nähe zum NS-Regime“

Er habe kein Problem damit, sich mit der Geschichte seiner Familie kritisch auseinanderzusetzen, betonte Prinz von Preußen. Es sei absolut richtig, sich mit Kronprinz Wilhelm kritisch zu befassen. Es sei zwar nicht eindeutig nachweisbar, dass dieser den Nationalsozialisten Vorteile verschafft habe. Er habe jedoch „ganz klar die Nähe zum NS-Regime gesucht“. Als Person, die sich dem Rechtsextremismus angebiedert habe, könne er „nicht für unser Haus traditionsstiftend sein“.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Lesen Sie auch:

Hohenzollernstreit: Prinz von Preußen beantragen Fristverlängerung bei Gericht

Hohenzollern: Gerichtstermin steht fest – es geht um gut eine Million Euro

Prinz von Preußen bezeichnete es zudem als Fehler, in der Vergangenheit juristisch gegen Historiker und Journalisten vorgegangen zu sein. Er bedaure, nicht früher und häufiger „das persönliche Gespräch gesucht zu haben, in dem man vieles hätte klären können“. Daher habe er entschieden, alle noch offenen Verfahren zu beenden, was inzwischen auch umgesetzt worden sei. Es gelte der Spruch: „Was rechtens ist, muss nicht immer richtig sein.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Für Donnerstag kündigte Georg Friedrich Prinz von Preußen ein Historiker-Podium in der Bundespressekonferenz in Berlin an, um die Debatte über seine Familie fortzuführen. Dort solle der Öffentlichkeit auch eine digitalisierte Quellensammlung zum politischen Wirken von Kronprinz Wilhelm von Preußen vorgestellt werden, sagte er. Diese habe der Historiker Lothar Machtan in seinem Auftrag erarbeitet.

Brandenburg und Berlin verhandeln seit 2014 mit den Hohenzollern

Der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin verhandeln mit den Hohenzollern seit 2014 über die Rückgabe von zahlreichen Kunstobjekten und über Entschädigungen. Die Gespräche ruhen, nachdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wie das Schloss Rheinsberg, das Krongut Bornstedt und etliche Villen in Potsdam wieder aufgenommen hat. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern. Es geht um 1,2 Millionen Euro.

Laut Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System „erheblichen Vorschub geleistet hat“. Das Land lehnte die Entschädigungsansprüche der Hohenzollern mit der Begründung ab, der ehemalige Kronprinz von Preußen habe dem nationalsozialistischen System erheblich Vorschub geleistet. In der zweiten Klage gehe es unter anderem um Inventar aus den Schlössern Rheinsberg und Schloss Cecilienhof in Potsdam. Auch in diesem Fall hatte das Land eine Entschädigung mit derselben Begründung abgelehnt.

Lesen Sie auch

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange begrüßte den Verzicht in einer Mitteilung. „Mit dieser Entscheidung ist nun gewissermaßen der Gordische Knoten im Hohenzollern-Komplex durchschlagen worden“, sagte die SPD-Politikerin. „Es wird damit eine höchst verwickelte und im Einzelnen für Außenstehende kaum mehr nachvollziehbare Debatte um Entschädigungsansprüche verschiedener Art beendet, die es ohne das historische Glück der Deutschen Einheit gar nicht gegeben hätte und auf der auch immer weniger Segen lag für das Ansehen des Hauses Hohenzollern und seinen Platz in der Geschichte.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Dem Potsdamer Verwaltungsgericht lag nach Angaben seines Sprechers am Mittwoch noch kein Rückzug der Klagen seitens der Hohenzollern vor. Dort ist für die Klage auf Entschädigung für die enteigneten Immobilien ein Verhandlungstermin am 13. Juni angesetzt worden.

Verzichtserklärung von Georg Friedrich Prinz von Preußen – gemischte Gefühle bei den Linken

Die Linke-Fraktion im Brandenburger Landtag begrüßte die Ankündigung der Hohenzollern. „Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Frage der Vorschubleistung der Hohenzollern für das NS-Regime nun nicht gerichtlich geklärt wird“, sagte deren kulturpolitische Sprecherin Isabell Vandre laut Mitteilung.

Die Brandenburger Linke hatte kurz vor der Landtagswahl 2019 eine Volksinitiative gestartet, mit der ein Abbruch der Verhandlungen mit den Hohenzollern und eine gerichtliche Klärung gefordert wurde. Mehr als 23000 Bürger hatten unterschrieben. „Die Verzichtserklärung von Georg Friedrich Prinz von Preußen zeigt: Der Druck der vergangenen Jahre in Öffentlichkeit und Parlament hat seine Wirkung erzielt“, teilte Fraktionschef Sebastian Walter am Mittwoch mit.

MAZ

Mehr aus Brandenburg

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken