„Ich habe richtig Bock“: Jan Redmann mit 86 Prozent neuer CDU-Chef in Brandenburg
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Jan Redmann ist der neue Parteivorsitzender der CDU Brandenburg, hier auf dem Landesparteitag in Potsdam.
© Quelle: Michael Bahlo
Potsdam. Bei den schweren Klängen des Vangelis-Songs „Conquest of Paradise“ marschierte vor gut 25 Jahren Henry Maske in den Box-Ring. Am Samstag bediente sich Brandenburgs CDU dieser Musik, die gleich zu Beginn des Parteitags in der Potsdamer Schinkelhalle erklang, wo die Partei ihre neue Nummer eins küren wollte. Bestimmt war sie allerdings nicht für Jan Redmann, sondern für Hendrik Wüst, Regierungschef aus Nordrhein-Westfalen.
Den hatte Redmann extra als Gast eingeladen und die Delegierten erfuhren später auch warum. Beide sind befreundet, haben in einer WG in Brüssel gelebt, in der Redmann für Wüst Bratkartoffeln kochte. Die waren, so Wüst in einer breit angelegten Unterstützungsrede, „fast so gut wie von unserer Mutter“. Besser konnte es an diesem Tag für den 43-jährigen Redmann nicht beginnen.
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Das sollte sich auch wenig später bei der Wahl bestätigen. Zuvor wurde noch Michael Stübgen verabschiedet, der freiwillig dem 20 Jahre jüngeren Redmann Platz machte, aber weiter Innenminister und Vize-Regierungschef bleibt. Über die Lobeshymnen gleich in mehreren Reden dürfte sich vor allem Stübgen selbst gewundert haben. Denn so viel Zuspruch und Unterstützung hatte Stübgen in den gesamten drei Jahren von seiner Partei nicht bekommen.
Er war 2019 nach verlorener Landtagswahl eher als Verlegenheitslösung an die Spitze der damals komplett zerstrittenen Partei gerückt. Die Erinnerung an frühere Zeiten, als die CDU immer wieder den Ruf einer „Schlachteplatte“ bestätigte, widmete Stübgen in seiner Rede gleich eine ganze Passage.
Begriff „Schlachteplatte“ CDU vor 33 Jahren geboren
Vor 33 Jahren sei dieser „Mythos“ geboren worden, als drei CDU-Politiker in einem Gasthof Journalisten einluden, nur um über die amtierende Landesspitze herzuziehen, erzählt Stübgen und macht dabei deutlich, wie verabscheuenswürdig er das fand. „Danach haben die drei Schlachteplatte und Märkischen Landmann bestellt.“ Es seien in der CDU immer nur einige wenige gewesen, die den Streit öffentlich ausgetragen hätten, sagte er.
Nur die CDU selbst könne den „Mythos von der Schlachteplatte“ abschaffen – so seine Botschaft an seinen Nachfolger. Konflikte müssten intern geklärt werden. Vorbild sollte die SPD sein, so Stübgen, die trotz Streits stets als geschlossene Formation nach außen auftrete. Auch wenn das derzeit in der Potsdamer SPD etwas anders sei, wie er einschränkte.
Redmann erinnerte an Jörg Schönbohm
Bei der Wahl, die in der CDU erstmals elektronisch stattfand und damit zügiger ablief, holte Redmann eine deutliche Mehrheit von knapp 86 Prozent. Er erhielt 192 von 224 möglichen Stimmen. 24 Delegierte stimmten gegen ihn. Er war ohne Gegenkandidat angetreten. Damit ist der Jurist jetzt in einer Doppelrolle. Seit 2019 führt er die Fraktion im Landtag, nun auch die Partei. Er hatte sich im Vorfeld einer Mitgliederbefragung gestellt und dort eine deutliche Mehrheit von 84 Prozent der Stimmen erhalten. Es hatten sich 43 Prozent der rund 5400 CDU-Mitglieder im Land beteiligt. Es war die erste Befragung dieser Art einer Landespartei in Brandenburg.
„Ich habe richtig Bock darauf, mit Euch Erfolge für die CDU Brandenburg einzufahren“, sagte Redmann, der knapp 40 Minuten Zeit für seine Bewerbungsrede hatte. Als Ziel der CDU gab er bei der Landtagswahl 2024 erstmals stärkste Kraft zu werden. Er erinnerte an den früheren, 2019 verstorbenen Landesvorsitzenden Jörg Schönbohm. Der habe immer betont, selbst als es ihm aufgrund seiner Krankheit schwer gefallen sei zu sprechen: „Kämpft, denn es ist nicht gottgegeben, dass dieses Land SPD-regiert wird. Zeigen wir ihm, dass er recht hatte“, rief Redmann und erhielt dafür tosenden Applaus.
Seitenhiebe in Richtung Grüne und Britta Ernst (SPD)
Er warb dafür, gemeinsam anzupacken und versuchte, den Delegierten Mut zu machen. „Ich habe ein Wir-Gefühl gespürt“, sagte Redmann, der im Vorfeld alle Kreisverbände besucht hat. Kleine Seitenhiebe verteilte er an die Grünen und an die SPD. Die Grünen würden „ideologische Wunschträume“ formulieren und versuchen, die Menschen „mit Geboten und Verboten in ihre Ideologien zu zwingen“. Das zeigt sich nach Ansicht von Redmann nirgends so gut wie in der Energiepolitik. Dort gebe es „Zwangsausstiege, wohin man schaut“. Er nannte Kohle, Atom, Verbot von Öl- und Gasheizungen.
Der CDU-Politiker stellte zugleich die alternativen Wasserstoff-Pipeline-Pläne, unter anderem von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, infrage. „Niemand kann sagen, woher der Wasserstoff bezahlbar und in ausreichender Menge für die Industrie kommen soll.“ Deshalb sollte über klimaschonenden „blauen Wasserstoff“ und die Einspeicherung von Kohlendioxid nachgedacht werden, so Redmann.
Die Bildungspolitik will er zu einem Schwerpunkt seines Wahlkampfs machen, kündigte er an und verwies auf das schlechte Abschneiden brandenburgischer Schüler bei Bildungsvergleichen. „Die Trainerfrage stellt sich längst“, rief Redmann und traf die Stimmung im Saal, ohne überhaupt den Namen von Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) genannt zu haben.
Generalsekretär Hoffmann mit 91,3 Prozent gewählt
Bei den Wahlen für den Landesvorstand setzten sich alle Kandidaten von Redmann durch. Im Amt als Generalsekretär wurde der Prignitzer Gordon Hoffmann bestätigt. Er war bereits Generalsekretär unter Michael Stübgen und Ingo Senftleben. Der 44-Jährige erhielt 200 von 219 möglichen Stimmen. 18 Delegierte votierten gegen ihn, es gab eine Enthaltung. Hoffmann erhielt damit eine Zustimmung von 91,3 Prozent.
Redmann hatte bereits angekündigt, auch als Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Herbst 2024 antreten zu wollen. In Umfragen liegt die Partei derzeit mit rund 17 Prozent deutlich hinter SPD und AfD (je rund 24, 25 Prozent).
Zwei neue stellvertretende Landeschefs gewählt
Bei der Wahl der vier stellvertretenden Landesvorsitzenden gab es zwei Veränderungen. Neu in dieses Amt wurden Kristy Augustin (44), Landesvorsitzende der Frauen-Union und Vize-Fraktionschefin im Landtag sowie der Landrat von Elbe-Elster, Christian Jaschinski (55), gewählt. Als Stellvertreter bestätigt wurden die Landrätin der Uckermark, Karina Dörk und der stellvertretende Fraktionschef im Landtag, Frank Bommert.
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Nach seiner Wahl zum neuen CDU-Chef erhielt Jan Redmann (l.) von seinem Vorgänger, Innenminister Michael Stübgen, eine Playlist überreicht.
© Quelle: Michael Bahlo
Redmann gehört seit 2021 auch dem Bundesvorstand der Partei an. Der in Wittstock lebende Politiker ist seit 2009 Kreisvorsitzender in Ostprignitz-Ruppin. Die CDU Brandenburg, die in den vergangenen Jahren viele interne Grabenkämpfe und Wechsel an der Spitze erlebt hatten, kennt Redmann gut. Er war selbst stellvertretender Landeschef zwischen 2011 und 2015 unter den damaligen Vorsitzenden Saskia Ludwig und Michael Schierack. Beide sitzen in der Fraktion im Landtag, die Redmann anführt.
Redmann will auch Spitzenkandidat 2024 werden
Redmann hatte bereits angekündigt, im Fall seiner Wahl auch als Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Herbst 2024 antreten zu wollen. Sein Ziel ist es nach eigener Aussage, die CDU zur stärksten Kraft zu führen. In Umfragen liegt die Partei derzeit mit rund 17 Prozent deutlich hinter SPD und AfD (je rund 24, 25 Prozent). Bei der Landtagswahl 2019 erhielt die CDU 15,6 Prozent. Sie regiert seither mit SPD und Grünen in Brandenburg.
CDU-Vorsitzende in Brandenburg seit 1990
Die CDU Brandenburg erlebte seit 1990 viele Wechsel an der Spitze. Jan Redmann ist der 14. Vorsitzende seit der Deutschen Einheit. März-September 1990 Herbert Schirmer Oktober/November 1990 Wolfgang Haupt (kommissarisch) 1990-1991 Lothar de Maizière September-November 1991 Peter Wagner (kommissarisch) 1991-1993 Ulf Fink 1993-1996 Carola Hartfelder 1996-1999 Peter Wagner 1999-2007 Jörg Schönbohm 2007-2008 Ulrich Junghanns 2008-2010 Johanna Wanka 2010-2012 Saskia Ludwig 2012-2015 Michael Schierack 2015-2019 Ingo Senftleben 2019-2023 Michael Stübgen seit 2023 Jan Redmann
MAZ