Land vergibt Lehrpreise für digitale Lehre
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Der Englischlehrer Christopher Musick ist einer der ausgezeichneten Dozenten des Jahres 2018.
© Quelle: Rüdiger Braun
Potsdam. Den mit 5000 Euro dotierten 6. Landeslehrpreis vergab Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) am Dienstag an Hochschuldozenten, die herkömmliche und digitale Lehre besonders gut zusammenbrachten. Es müsse durch den Einsatz digitaler Werkzeuge ein „Mehrwert“ entstehen, stellte die Ministerin in ihrem Grußwort zur Preisübergabe dar.
Dass es nicht einfach damit getan ist, noch eine weitere Moodle-Gruppe aufzumachen, die dann online Unterrichtsmaterialien und Texte austauscht, machte auch Michael Kerres, Professor unter anderem für Mediendidaktik an der Universität Duisburg-Essen, in seiner Festansprache klar. Viele Studien brächten zusammengenommen nämlich ein ernüchterndes Ergebnis: Das Digitale per se mache die Lehre überhaupt nicht besser.
Man könne aber digital zumindest „anders“ lernen. Wenn man dieses „andere“ Lernen geschickt einsetzt, wird unterm Strich aber doch die bessere Lehre draus. So wie beim studierten Englischlehrer Christopher Musick, der Assistent am Lehrstuhl Didaktik der Anglistik und Amerikanistik der Potsdamer Professorin Britta Freitag-Hild ist.
Auslandsstudenten im virtuellen Seminar
Musick hat mit jungen Lehramtsstudenten zu tun, die ein Praxissemester im Ausland, zum Beispiel in Amerika, zu absolvieren haben. Dort waren sie früher mehrere Monate auf sich alleine gestellt. Musicks simple, aber äußerst wirkungsvolle Idee: Den Auslandsstudenten eine Online-Vorlesung aus Potsdam zur Verfügung zu stellen und sie über die Konferenz-Plattform Adobe Connect zu Kurzseminaren zusammenzuführen.
„Das ist der virtuelle Raum, in dem wir uns treffen“, sagt Musick. „Hier werden die Probleme diskutiert und die Lösungen ausgearbeitet.“ Es gäbe Gruppentreffen und Einzeltreffen mit den Dozenten. Zum ersten Mal konnten die angehenden Lehrer so typische Schwierigkeiten mit ihren Kommilitonen diskutieren, die eben bei den ersten Praxiserfahrungen auftauchen. Diese Möglichkeit, über große Distanzen zusammen mit anderen Probleme zu reflektieren, habe den jungen Leuten wirklich geholfen, findet Musick. „Dass es tatsächlich gut geklappt hat, ich glaube, das war entscheidend“, sagt Musick. „Es war ein Bedarf da, aber auch eine passende Lösung.“
Online Arbeitsgruppen bilden
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Sabine Seidel, Europa-Universität Viadrina
© Quelle: Rüdiger Braun
Distanzen überwinden ist eine Weise, mit dem Internet anders zu lernen, eine andere ist die Vernetzung mehrerer eng zusammenarbeitender Partner. Dafür steht das Seminar „Wissen schaffen im Team“ an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Stellvertretend für ihre acht Kolleginnen und Kollegen des Seminars nahm Sabine Seidel, Mitarbeiterin am Zentrum für Schlüsselkompetenzen und Forschendes Lehren, den Preis entgegen.
Seidel und ihre Kollegen lassen die Viadrina-Studenten ein online vernetztes Team bilden und online untereinander Wissen austauschen und organisieren. Neben den Onlinephasen gibt es auch ganz normale Präsenzlehre. Am Ende des Kurses steht eine Projektidee, die gemeinsam präsentiert wird – natürlich digital. Im Kurs erleben die Studierenden selbst, welche Phasen eine Gruppe durchläuft und wie alle vom Austausch über das Netz profitieren und Projekte – zum Beispiel wissenschaftliche Arbeiten – gemeinsam zum Erfolg führen können.
Der gute Lehrer macht den Unterschied
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Mario Schmitz, HNE
© Quelle: Ulrich Wessolek
Dass es aber selbst an der digitalisierten Hochschule immer noch auf die Fähigkeiten des Lehrers selbst ankommt, zeigt der dritte Preisträger, Mario Schmitz. Der Mathematiker bringt den Studierenden der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung (HNE) in Eberswalde (Barnim) „Mathematik für Ingenieure“ bei. Dabei nutzt er zwar auch Lehrvideos und das Format der Online-Vorlesung, ihm geht es aber vor allem um guten Unterricht. „Man muss die Lehre neu denken, indem man sie praxisorientiert aufbaut“, sagt er.
Man könne zum Beispiel das Thema statistische Verteilung sehr anschaulich an mechanischen Verschleißprozessen illustrieren. „Mit solchen Fallbeispielen lassen sich 80 Prozent der typischen Ingenieurmathematik abdecken.“ Solch anschauliches Lehren käme an bei jungen Leuten. Ebenso wie Verständnis für ihre Situation, zum Beispiel dass es für sie keinen vernünftigen Lernkanon mehr gibt.
„Es könnte sein, dass die Studenten in einer zunehmend komplexen Welt damit recht haben.“ Schmitz versucht sie deshalb stets bei ihrem Wissensstand abzuholen und auf ein gemeinsames Level zu führen. Vielleicht lag es vor allen Dingen an diesem Engagement und weniger an originellen Videos, dass ihn die Studierenden selbst für den Lehrpreis vorschlugen.
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Von Rüdiger Braun