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Prozessauftakt

Mutmaßlicher Terrorhelfer aus Strausberg steht vor Gericht

Blick auf das Berliner Kammergericht

Blick auf das Berliner Kammergericht

Berlin. Der Trick, mit dem der Tschetschene Yusup B. und ein Landsmann das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) um etwa 9400 Euro erleichtert haben sollen, war ziemlich simpel. Der Landsmann verließ Deutschland im Sommer 2014 mit seiner Familie in Richtung Syrien, um sich dort der Terrormiliz IS anzuschließen. Das Lageso überwies in Unkenntnis der Ausreise noch fünf Monate lang Sozialleistungen und Miete auf das Konto des verschwundenen Dschihadisten.

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Yusup B., davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt, nahm die Bankkarte seines Freundes an sich, hob damit mehrfach Geld ab, insgesamt etwa 5000 Euro, und transferierte es in zwei Tranchen über einen Mittelsmann in Istanbul nach Syrien. Dort hatte der Landsmann laut Anklageschrift inzwischen seine militärische Grundausbildung beendet und war auf Seiten des IS bei der Schlacht um die Grenzstadt Kobane beteiligt.

Am 26. November 2014 war Schluss mit der Betrugsmasche. Ermittler durchsuchten die Wohnung von Yusup B. in Strausberg (Märkisch-Oderland), und stellten neben der Bankkarte, die ihm nicht gehörte, 3000 Euro Bargeld sowie „18 neuwertige Flecktarn-T-Shirts“ sicher. Bei einer zweiten Razzia in Strausberg im Januar 2015 wurden 30 SIM-Karten gefunden – Yusup B. soll sie gebunkert haben, um sie später nach Syrien mitzunehmen und an IS-Kämpfer zu verteilen.

Seit August 2018 in U-Haft

Kurz danach verlässt der Tschetschene, dessen Asylantrag 2013 abgelehnt worden war, mit seiner Familie Brandenburg, er soll sich danach in Syrien, in der Türkei und auch in Equador aufgehalten haben. Beim Versuch, wieder in die EU einzureisen, wird er am 1. August 2018 auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol festgenommen und kurze Zeit später nach Deutschland überstellt. Derzeit sitzt er in Untersuchungshaft in der JVA Berlin-Moabit.

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Einen Satz wird Oberstaatsanwalt Michael Wachs bei der Verlesung der Anklageschrift im Berliner Kammergericht immer wieder sagen: „Der Angeklagte wusste das.“ Demnach sympathisierte Yusup B. selbst mit dem Dschihad und war komplett darüber im Bilde, was sein Landsmann in Syrien vorhatte. Auch chauffierte er laut Staatsanwaltschaft mehrmals kriegslüsterne Gesinnungsgenossen zum Flughafen Tegel. Der strafrechtliche Vorwurf lautet auf „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland“, der Strafrahmen liegt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Gefängnis.

Dschihadist greift zur FAZ

Rein äußerlich bedient Yusup B. nicht das Klischee vom Islamisten mit Zwiebelbart, Gebetskappe und wallendem Gewand. Der 30-Jährige trägt ein hellgraues T-Shirt unter einem dunkelgrauen Blouson, die Haare sind kurzgeschnitten, das Gesicht glattrasiert. Konzentriert lauscht der Angeklagte den Ausführungen des neben ihm sitzenden Übersetzers, zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft äußert er sich nicht. Vor dem rbb-Kamerateam, das zu Prozessbeginn im Saal filmt, schirmt er sich stilsicher mit der Dienstag-Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen“ ab.

Der zweite Strafsenat des Kammergerichts unter Vorsitz von Olaf Arnoldi hat bis Mitte Juli insgesamt 16 Verhandlungstage anberaumt, am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt.

Von Thorsten Keller

MAZ

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