Polizei will Body-Cam-Filme nicht bei Amazon speichern
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Polizist mit Körperkamera.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Potsdam. Die Brandenburger Polizei will - im Gegensatz zur Bundespolizei - die Aufnahmen aus Körperkameras auf polizeiinternen Servern und nicht beim Online-Riesen Amazon speichern. Das betonte Landeskriminaldirektor Michael Scharf am Donnerstag bei der Debatte um die Novelle des Polizeigesetzes im Innenausschuss des Landtags. „Brandenburg wird einen grundsätzlich anderen Weg beschreiten als die Bundespolizei“, sagte Scharf. Die Rechner stünden beim Zentraldienst der Polizei. Die Filme sollen erst nach Einsätzen von den Beamten „händisch“ abgespeichert werden, sagte Scharf. Dagegen arbeite die Bundespolizei mit einem Cloud-System, das ohne Zeitverlust Daten hochlade.
Heikles Material beim Daten-Riesen
Anfang März war bekannt geworden, dass die Bundespolizei Videos aus Body-Cams ausschließlich auf Amazon-Servern ablegt. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser hatte den Sachverhalt mit einer parlamentarischen Anfrage zu Tage gefördert. Laut Bundespolizeipräsidium ist der US-Anbieter Amazon gegenwärtig der einzige, der in Deutschland eine vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierte Cloudlösung zur Verfügung stelle. FDP-Mann Strasser sagte, die Bundesregierung gehe ein kaum kalkulierbares Risiko mit Blick auf hochsensible Daten ein. Auch wenn die Server in Deutschland stünden, könnten US-Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste darauf zugreifen. Amazon stellt unter anderem US-Polizeibehörden Gesichtserkennungs-Software zur Verfügung.
Rot-Rot will Kameras einführen
Die so genannten Bodycams sind an der Uniform von Polizisten angebracht und filmen den Kontakt der Beamten mit Bürgern – besonders in heiklen Situationen. Die Bundespolizei arbeitet bereits mit der Technik, Brandenburg will sie flächendeckend einführen. Dazu schafft die Polizeigesetz-Novelle, die sich derzeit im parlamentarischen Abstimmungsverfahren befindet, den rechtlichen Rahmen. Getestet wurden die Kameras bereits.
Brandenburgs Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher zeigte sich im Innenausschuss besorgt, ob die Filmchen von Brandenburger Bürgern im Ausnahmezustand künftig „auf sicheren Servern“ gespeichert würden.
Bürger dürfen Polizei-Filme einsehen
Die Koalition aus SPD und Linken in Brandenburg hatte sich am Wochenende auf eine Abmilderung des Gesetzentwurfs geeinigt. Demnach sollen Body-Cam-Aufnahmen künftig nicht nur der Eigensicherung der Polizisten dienen. Bürger, die im Rahmen von Einsätzen gefilmt wurden, erhalten ausdrücklich das Recht, die Aufnahmen einzusehen.
Mit deutlicher Mehrheit stimmte der Innenausschuss für die abgeschwächte Novelle. Die vier SPD-Abgeordneten, die zwei Linken-Abgeordneten und die fraktionslose Abgeordnete Iris Schülzke votierten am Donnerstag in Potsdam dafür. Die Vertreter von CDU, AfD und Grünen stimmten dagegen. Der Landtag wird in der kommenden Woche über das Polizeigesetz beraten. Mit der Novelle will die rot-rote Koalition der Polizei mehr Möglichkeiten im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus geben.
Ein abgeschwächter Gesetzentwurf
SPD und Linke hatten sich darauf geeinigt, dass das Überwachen von Messengerprogrammen auf Smartphones mit einem sogenannten Staatstrojaner bei Terrorverdacht nicht ins Gesetz kommt. Auch die elektronische Fußfessel bleibt tabu.
Die Schleierfahndung bleibt zwar im Gesetzentwurf erhalten, doch ist sie laut dem Linken-Innenexperten Hans-Jürgen Scharfenberg eingeschränkt worden. Sollten nach dem bisherigen Entwurf alle Durchgangsstraßen im Land für anlasslose Identitätskontrollen beim Verdacht bevorstehender schwerer Straftaten freigegeben werden, gilt dies nun nur noch für Europastraßen und Bundesfernstraßen.
CDU und AfD geht der Kompromiss nicht weit genug, die Grünen sprechen dagegen von erheblichen Eingriffen in die Grundrechte.
Grünen ist Gesetz immer noch zu hart
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Nonnemacher sagte, sie freue sich über die Änderungen am Gesetz. Aus Sicht ihrer Partei gebe es „ohne Zweifel Fortschritte“. Nonnemacher beglückwünschte die Abgeordneten der Linken zu ihrem Verhandlungsgeschick im Ringen mit dem Koalitionspartner SPD. Dennoch blieben „erhebliche Bedenken“ zum Beispiel im Hinblick auf die vorgeschlagenen Meldeauflagen „ohne Verdacht einer konkreten Gefahr“, so Nonnemacher.
AfD-Innenpolitiker Thomas Jung dagegen kritisierte, dass Online-Durchsuchungen verboten blieben, ebenso habe man es versäumt, die elektronische Fußfessel einzuführen. Barbara Richstein (CDU) sagte, der Verzicht auf Smartphone-Überwachung und Online-Durchsuchung „verhindert die Verhinderung von Terroranschlägen“.
Von Oliver von Riegen und Ulrich Wangemann