Der Prozess um einen ehemaligen SS-Mann aus Sachsenhausen wird länger dauern als geplant. Kann sich der Angeklagte wirklich an nichts erinnern oder hat er sich eine Legende geschaffen, an die er nun selbst glaubt? Zwischenbilanz eines historischen Prozesses.
Potsdam.Der Prozess gegen den mutmaßlichen früheren Wachmann des Konzentrationslagers Sachsenhausen (Oberhavel), Josef S. (101) hat vorab das Prädikat „historisch“ verliehen bekommen, was aus formalen Gründen auch stimmt: Womöglich ist es das letzte Verfahren gegen Mitglieder einer KZ-Wachmannschaft, das noch in einem Gerichtssaal ausgetragen wird.
Ein Meilenstein in der Aufarbeitung der NS-Verbrechen ist der Prozess allerdings bisher nicht – und es ist ziemlich fraglich, ob es noch so weit kommt. Der Angeklagte hat bislang keine Spur von Reue gezeigt. Mehr noch: Er leugnet, etwas mit Lager oder SS zu tun gehabt zu haben. Selbst eine räumliche Nähe streitet er ab und erzählt stattdessen, er sei Landarbeiter in Wolgast gewesen. Aller Aktenlage zum Trotz.