Frauenquote

So reagieren Politiker auf Brandenburgs Quote per Gesetz

Halbe-Halbe: Redeanträge für Männer und Frauen auf einem Grünen-Parteitag.

Halbe-Halbe: Redeanträge für Männer und Frauen auf einem Grünen-Parteitag.

Potsdam. Die Idee einer Quote per Gesetz für Landeslisten der Parteien ist an sich nicht neu. Nur umgesetzt wurde sie noch in keinem Bundesland. Geht es nach SPD, Linke und Grüne soll sich das ändern und Brandenburg Neuland betreten.

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Der Vorschlag, den die rot-rote Koalition am Dienstag präsentierte, sorgte weit über Brandenburg hinaus für Aufmerksamkeit. Es gibt Befürworter – vor allem im rot-rot-grünen Lager. Zu Wort melden sich auch die Gegner – von CDU und FDP bis zur AfD. Sie führen neben grundsätzlichen Einwänden vor allem verfassungsrechtliche Bedenken an.

Wie die FDP-Bundestagsabgeordnete aus Potsdam, Linda Teuteberg. Mehr Frauen in der Politik würden dem Land guttun, sagte sie der MAZ und dieses Ziel sei auch viele Anstrengungen wert. Doch sie habe erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken und warnt: „Der Zweck heiligt nicht die Mittel.“ Jede Partei sei gut beraten, „das Potential von Frauen zur Entfaltung zu bringen“. Aber auch jede politisch interessierte Brandenburgerin sei gut beraten, sich in einer politischen Partei zu engagieren, betonte Linda Teuteberg.

CDU nicht ganz auf Merkel-Linie

Gegen ein solches Paritätsgesetz ist auch die oppositionelle CDU im Landtag und die Junge Union im Land, die damit nicht ganz auf Linie ihrer Kanzlerin sind. Angela Merkel sprach sich in der „Zeit“ dafür aus, mehr für die Gleichberechtigung der Frauen zu tun. „Parität in allen Bereichen erscheint mir einfach logisch“ Es gebe Gebiete, auf denen Frauen es schwerer hätten, „weil sie dort erst einmal neue Muster prägen müssen“, betonte sie.

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Die paritätische Beteiligung von Frauen an der Politik sei zwar ein richtiges Ziel, hebt der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Jan Redmann, hervor. „Feste Quoten sind aber der falsche Weg“, sagte er der MAZ. Aus seiner Sicht dürfen seit der Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren bei Wahlen das Geschlecht keine Rolle mehr spielen. Das Gesetz würde das allerdings zum maßgeblichen Kriterium erheben. „Und deshalb ist es verfassungswidrig.“

Front macht auch die AfD. In der Politik könnte es niemals darum gehen, Mandate nach Geschlechtervorgaben zu verteilen, meinte die Landtagsabgeordnete Birgit Bessin. Es müsse den Frauen überlassen bleiben, „ob sie ihre Rolle als Hausfrau und Mutter definieren, ob sie sich für Beruf und Karriere entscheiden oder für ein politisches Mandat“. Sie verwies auf ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes des Landtags, das die Pläne als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar einstufte.

Präsidentin: Gesetz ist verfassungskonform

Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD) ist von dieser Expertise aus ihrem Haus offenbar wenig beeindruckt. Sie hält die Pläne für verfassungskonform. Das Grundgesetz und die Landesverfassung würden zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen nach Artikel 3 sogar verpflichten, betonte sie.

Auch die Linke in Brandenburg, die am Wochenende ihre Landesliste für die Landtagswahl wie gewohnt quotiert wählen wird, ist für das neue Gesetz. Landesvorsitzende Anja Mayer sagte der MAZ, es sei an der Zeit, dass Frauen auch im politischen Alltag gleichberechtigt vertreten seien. „Wir sind nicht mehr nur Beiwerk, wir sind gleichberechtigte Akteurinnen.“ Es wachse eine Generation an Politikerinnen und Politikern heran, für die Gleichberechtigung selbstverständlich sei. „Wir brauchen diese andere politische Kultur“, betonte sie.

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Baerbock für Parität auf Bundesebene

Den Grünen, die in Brandenburg die Ersten bei diesem Thema waren, begrüßen die Entwicklung. Auch wenn Rot-Rot dem Vorschlag nicht folgen will, auch die Direktmandate zu quotieren. Die Bundesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete aus Potsdam, Annalena Baerbock, geht sogar schon einen Schritt weiter: „Wir sollten auf Bundesebene ein ähnliches Gesetz vorlegen, das zu realen Veränderungen führt“, sagte sie der MAZ. Die Geschichte der Frauenbewegung habe immer wieder gezeigt, dass man sich von Widerständen und Hürden nicht abschrecken lassen dürfe.

Der Landtag in Brandenburg will in der kommenden Woche das Gesetz in erster Lesung beraten. Es schreibt vor, dass Frauen und Männer abwechselnd auf den Landeslisten aller Parteien für die Landtagswahl antreten müssen. Es soll ab Juni 2020 gelten, also noch nicht für die Wahl am 1. September.

Inzwischen denken auch andere Länder wie Berlin über eine solche landesrechtliche Lösung nach. „Für Berlin wäre es gut, auch ein Paritégesetz zu haben“, sagte Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel am Mittwoch der dpa. „Brandenburg zeigt, wie es geht, da sollten wir als Metropole ebenfalls einen Schritt vorangehen.“

SPD-Fraktionschef Raed Saleh verwies auf einen Beschluss der SPD-Abgeordneten auf ihrer Fraktionsklausur am Wochenende in Rostock. Die Fraktion setze sich für bundesgesetzliche Änderungen dazu ein, heißt es dort. „Zugleich werden wir die landesrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, im Sinne einer Parité zu wirken.“

Die Piraten-Partei in Brandenburg kündigte Verfassungsklage an, falls das Gesetz beschlossen wird, wie sie gestern ankündigte. Der Vorschlag stelle einen massiven Eingriff in das Prinzip der freien Wahl sowie der Organisations- und Wahlvorschlagsfreiheit der Parteien dar, hieß es. „Eine Quotierung bedeutet auch immer eine Einteilung von Menschen in Kategorien, für uns zählt aber die Eignung der Person“, erklärte Guido Körber von den Piraten.

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Von Igor Göldner

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