Hitlergrüße auf den Fluren – Lehrer fürchten um ihre Sicherheit
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/KI7EPETH6ZDULPBLUULPWTZTSM.jpg)
In einer Schule im Landkreis Spree-Neiße wurden rechtsextreme Vorfälle publik – Lehrkräfte hatten einen Brandbrief geschrieben.
© Quelle: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Potsdam. Hitler-Grüße im Schulflur, Hakenkreuze auf Tischen und rassistische Sprüche – In einem offenen Brief haben Lehrer einer Oberschule in Spree-Neiße auf rechte Vorfälle in ihrer Schule aufmerksam gemacht. „Wir werden in unserem Arbeitsalltag als Schulpersonal täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert“, schreiben die Lehrkräfte in dem Brief, welcher der MAZ vorliegt.
Auch der Brandenburger Polizei ist der Brief bekannt. Sie hat Ermittlungen zu möglichen rechtsextremen Straftaten an der Schule aufgenommen. „Die Kriminalpolizei ermittelt zu möglicherweise strafrechtlich relevanten Sachverhalten“, sagte Polizeisprecher Maik Kettlitz.
Die Lehrerinnen und Lehrer, die den Brief nicht namentlich unterschrieben haben, berichten von Beleidigungen und Gewalt sowie die Verbreitung von rechtsextremen Symbolen, Schriften, Musiktiteln. „Schulmobiliar wird mit Hakenkreuzen beschmiert, rechtsextreme Musik wird im Unterricht gehört und das Rufen von demokratiefeindlichen Parolen füllt die Schulflure“, heißt es.
Schule in Spree-Neiße: täglich rechtsextreme Vorfälle
Täglich würden die wenigen migrantischen Schüler bedroht und gemobbt. Lehrkräfte seien „damit beschäftigt, Schüler vor psychischer und physischer rechter Gewalt zu schützen und demokratische Grundwerte zu vermitteln“, so heißt es in dem Brief. Lehrkräfte und Schüler, die offen gegen rechtsorientierte Schüler- und Elternhäuser agieren, würden um ihre Sicherheit fürchten.
Lesen Sie auch
- Verfassungsschutz: Rechtsextreme und Putins Spione fordern Rechtsstaat heraus
- Rechtsextremismus bleibt größte Gefahr in Brandenburg
Anscheinend ist man sich im Lehrerzimmer uneins, wie man am besten mit dem Problem umgehen soll. „Wir erleben eine Mauer des Schweigens“, schreiben die besorgten Lehrerinnen und Lehrer. Bei der Bekämpfung demokratiefeindlicher Strukturen würde Unterstützung fehlen – sowohl seitens Schulleitungen und Schulämtern, als auch aus Elternschaft und Kollegium. Es herrsche ein „Gefühl der Machtlosigkeit“.
Laut einem Bericht des RBB soll es an der Schule eine Gruppe von zehn bis zwölf Schülern geben, die den Ton in der Schule angeben würden. Um diese Gruppe soll sich ein breiter Kreis an Mitläufern scharen. Der Mainstream sei ganz klar rechts. Vor Jahren, so berichten die Lehrer laut dem RBB-Bericht, habe es vor der Bundestagswahl eine Jugendwahl an der Schule gegeben. Wäre es nach den Schülerinnen und Schülern gegangen, hätte es eine Koalition aus AfD und NPD gegeben.
Staatssekretär Freiberg: Berichte sind „schockierend“
Der designierte Brandenburger Bildungsminister, Staatssekretär Steffen Freiberg (SPD), sagte am Dienstag bei einer Pressekonferenz, man sei mit der Schulleitung in Kontakt und versuche zu klären, was vorgefallen ist. Die Berichte nannte er „schockierend“. Solche Entwicklungen seien nicht speziell einer Schule zuzuschreiben, sondern ein gesellschaftliches Problem, das an der ein oder anderen Stelle auftrete. „Es ist nicht nur Mahnung, sondern auch Aufruf an alle Demokraten, die verfassungsmäßige Grundordnung zu verteidigen“, so Freiberg.
Markus Klein ist Geschäftsführer des Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung. Ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen von den regionalen Beratungsteams begegnen solche Fälle immer wieder. „Natürlich sticht die Schule in Spree-Neiße jetzt als Einzelfall hervor, aber rechtsextreme Vorfälle unter Jugendlichen sind ein Dauerthema bei unseren Beratungen“, sagt Klein.
Rechtsextreme Vorfälle unter Jugendliche sind ein „Dauerthema“
Solche Fälle können sich schnell zu ganzen „Lawinen“ auswachsen, wenn nicht früh genug gehandelt wird, sagt Klein. „Oftmals schauen Lehrerinnen und Lehrer in solchen Situationen lieber weg, als sich den Aggressionen der Schüler zu stellen.“ Deshalb sei es wichtig, dass Schulleitung und Kollegium eine klare Haltung zum Umgang mit Rechtsextremismus hätten, um diese auch gemeinsam einfordern zu können.
Sanktionen, wie polizeiliche Anzeigen, seien zwar wichtig, aber sollten nicht die einzigen Maßnahmen im Umgang mit rechtsextrem auftretenden Schülerinnen und Schülern sein, findet Klein. Es sei wichtig, dass Lehrkräfte auf einer persönlichen Ebene mit den Schülerinnen und Schülern über problematische Inhalte sprechen können. Nur so können ihnen demokratische Grundwerte vermitteln werden, sagt Markus Klein.
Die Lehrkräfte der Schule in Spree-Neiße wünschen sich genau das. Sie fordern in ihrem Brief eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Rechtsextremismus. Die Politik solle mehr Sozialarbeiter an den Schulen einstellen, mehr demokratiefreundliche Projekte fördern und ein niedrigschwelliges Fortbildungsangebot für Lehrer zu ermöglichen.
MAZ