Woidke deutet an: Braunkohle nach 2038 möglich
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Hinter einem abgelassenen Karpfenteich bei Peitz steigt Wasserdampf aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde.
© Quelle: dpa/Patrick Pleul
Potsdam. Im Ringen um den Braunkohleausstieg lehnt Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) es kategorisch ab, im Gegenzug für eine vorgezogene Beendigung der Lausitzer Tagebaue Entschädigungen an den Betreiber Leag zu zahlen. „Ich bin absolut dagegen, hunderte Millionen Euro an Aktionäre und Firmenbesitzer zu verteilen“, sagte der Ministerpräsident am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in Potsdam – die unsichere Zukunft der Lausitz war das Thema.
Das öffentliche Geld werde gebraucht, um neue Arbeitsplätze im Kohlerevier zu schaffen. „Wir werden uns ganz klar dafür einsetzen, keine Steuermittel dafür zu verwenden, Arbeitsplätze abzuschaffen“, fasst der Regierungschef die Haltung seiner Ministerriege zusammen.
Kohlekommission fordert raschen Ausstieg
Bis Anfang Februar soll eine Kohlekommission des Bundes einen Zeitpunkt für den Ausstieg vorschlagen. Umweltschützer drängen auf ein rasches Ende der Kohleverstromung, um die CO2-Belastung zu verringern.
Allerdings hat die Leag genehmigte Revierpläne auf Jahre hinaus. Würde sie den Kohleabbau vor Auslaufen dieser Genehmigungen stoppen, könnte das Unternehmen unter Umständen Entschädigungen verlangen – über die Details streiten die Experten.
Woidke: Gedankenspiele zu Kohleabbau nach 2038
Woidke deutete an, er halte das Auslaufen der Revierpläne in etwa 20 Jahren noch nicht automatisch für das Ende der Kohleförderung in der Lausitz. Damit erntete er Kritik der oppositionellen CDU. Der Regierungschef spekuliere über eine Fortsetzung des Tagebaus „über 2040 hinweg“, sagte CDU-Chef Ingo Senftleben. Das sei „wenig hilfreich für die Lausitz“, zumal der Vorstoß Woidkes vage bleibe.
Die Grünen im Landtag befürchten, dass Woidke mit solchen Gedankenspielen die finanzielle Unterstützung des Bundes beim Strukturwandel aufs Spiel setze.
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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg.
© Quelle: dpa/Jens Büttner
Keine Einigkeit besteht laut Woidke zwischen Brandenburg und der Bundesebene über die Einrichtung eines finanzstarken Fonds, gespeist vom Bund. Diese Stiftung würde nach Vorstellung Brandenburgs und Sachsens Investitionen auch dann noch unterstützen, wenn kurz- und mittelfristige Staatshilfen abgelaufen seien.
Brandenburg fordert Investitionen
Woidke erneuerte seine Forderung, den Strukturwandel in der Lausitz mit einem Bundesgesetz nach dem Vorbild des Bonn-Berlin-Gesetzes verbindlich zu regeln.
Ein Sofortprogramm müsse zudem konkrete Investitionen in innovative Firmen und Institute sowie Verkehrsverbindungen sicherstellen. In den kommenden zwei Jahren müssten 33 Projekte mit einem Volumen von 120 Millionen Euro in Angriff genommen werden, sagte Woidke.
Der Regierungschef betonte, es läge nicht an den ostdeutschen Bundesländern und auch nicht an dem Braunkohleunternehmen, dass Deutschland die Klimaziele für 2020 wahrscheinlich verfehle.
Die Klimaschutzziele könnten nicht durch eine anhaltende Stilllegung von Betrieben erreicht werden. Deutschland müsse vielmehr zeigen, dass Klimaschutz mit der Schaffung von Arbeitsplätzen verbunden sei und „Regionen voranbringen kann“.
Wirtschaftsminister: „Der Lausitz geht es gut“
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) äußerte: „Der Lausitz geht es gut, so wie sie heute aufgestellt ist.“ Uckermark und Prignitz etwa hätten deutlich schlechtere Wirtschafts- und Sozialdaten wie die Kohleregion. Jetzt gelte es, mit klugen Investitionen der Region „ein neues Profil“ zu geben. Die Chancen stünden gut, so der Minister. Kohlefaser-Verbundstoffe, Anlagen zur Gewässerreinigung, Prototypen-Bau und Biotechnologie seien vielversprechende Felder. Die Ansiedlung von zwei neuen Forschungsinstituten sei angekündigt, weitere in der Diskussion.
Welches wirtschaftliche Gewicht immer noch der Braunkohlekonzern Leag in der Region habe, betonte der Lausitzbeauftragte des Landes, Klaus Freytag. Man habe mit der Leag eines der umsatzstärksten Unternehmen Ostdeutschlands im Revier. Zudem sei die Firma – im Gegensatz zu vielen anderen Industriebetrieben „keine verlängerte Werkbank“ westdeutscher Betriebe.
Von Ulrich Wangemann
MAZ