Gibt es die Wechseljahre beim Mann?
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Symptome hormoneller Erkrankungen lassen sich mit Medikamenten lindern.
© Quelle: Foto: adragan/adobe stock
Potsdam. „Männer sind furchtbar stark“, heißt es in einer Zeile der „Männer“-Hymne von Sänger Herbert Grönemeyer. Einer, der sich als „Männerarzt“ um ihre verletzliche Seite kümmert, ist Gralf Popken, Chefarzt an der Klinik für Urologie des Klinikums Ernst von Bergmann.
Was wissen Männer eigentlich über Hormone?
Gralf Popken: Männer wissen relativ wenig über Hormone. Anders als Frauen, die sich durch regelmäßige Besuche beim Gynäkologen, ihre Familienplanung und Verhütungsfragen sehr früh mit dem Thema beschäftigen, gehen Männer nur selten zur Vorsorge. Ich vermute, dass nur 10 Prozent der Männer, die an einem Hormonmangel leiden, tatsächlich zum Urologen gehen.
Woran liegt es, dass Männer selten zur Vorsorge gehen?
Männer denken, sie seien stark und unverletzlich und wollen keine Schwäche zeigen. Insofern ist an Grönemeyers „Männer“ etwas dran. Uns Andrologen, die sich mit dem männlichen Hormonhaushalt beschäftigen, geht es darum, aufzuklären und das Thema zu enttabuisieren.
Gibt es die Wechseljahre beim Mann?
Es gibt die Wechseljahre beim Mann, aber diese sind nicht vergleichbar mit der Menopause bei der Frau, die mit dem Ausbleiben der Regelblutung und Unfruchtbarkeit einhergeht. Trotzdem leiden Männer teilweise unter sehr ähnlichen Symptomen wie Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Verlust an sexueller Lust oder depressiven Verstimmungen. Bei ihnen gilt es abzuklären, ob es sich um eine Alterserscheinung oder tatsächlich um einen krankhaften Testosteronmangel handelt. Wir Andrologen sprechen in diesem Zusammenhang von einem partiellen Androgendefizit.
Wie macht sich bemerkbar, dass Männer in die Jahre kommen?
Bei Männern nimmt die Hormonproduktion ab einem Alter von 40 Jahren ab. Das ist normal und darf nicht verwechselt werden mit einem Mangel an Testosteron. Zu uns kommen Männer in die Sprechstunde, deren Libido beeinträchtigt ist, deren Muskelkraft nachlässt und deren Bauchumfang größer geworden ist. Diese Symptome können altersbedingt auftreten, lassen aber auch auf einen zu niedrigen Testosteronwert schließen.
Wie lässt sich erkennen, ob es sich um eine hormonelle Erkrankung handelt und wie lässt sich diese behandeln?
Beschwerden werden oftmals von betroffenen Männern nicht als Hormonmangel erkannt und behandelt. Sie führen ihre gesundheitlichen Probleme oft auf Stress im Beruf oder ihre Lebenssituation zurück. Andere bemerken gar keine Symptome, weil sie schleichend auftreten. Ob eine Erkrankung beim Mann auf hormonelle Veränderungen zurückzuführen ist, lässt sich im Blut des Mannes nachweisen. Handelt es sich um eine Erkrankung, hilft eine meist lebenslange Hormongabe, um solche Symptome zu lindern. Mit Nebenwirkungen ist meist nicht zu rechnen. Doch der behandelnde Arzt muss zuvor ausschließen, dass der Patient an Prostatakrebs erkrankt ist. Denn wenn man zu einem Karzinom Testosteron hinzugibt, kann sich der Tumor vergrößern.
Die Frau steckt in den Wechseljahren, der Mann in seiner Midlife-Crisis, heißt es. Haben die Wechseljahre des Mannes etwas mit der Midlife-Crisis zu tun?
Die Midlife-Crisis ist nicht durch den Hormonmangel bedingt, sondern psychologisch. Männer, die sich in einer Mid-Life-Crisis befinden, stehen an einem Wendepunkt in ihrem Leben: Sie fragen sich, wo sie stehen und wo sie hinwollen, weil der Job nicht mehr so spannend ist oder die Kinder das Haus verlassen. Mit Hormonen hat das wenig zu tun, da spielen eher soziologische Gründe eine Rolle. Auch sollte man die Wechseljahre des Mannes entgrenzen von der Fähigkeit, sich fortzupflanzen.
Was ist dran an der These, dass Männer bis ins hohe Alter hinein zeugungsfähig sind?
Theoretisch ist es richtig, dass Männer im Gegensatz zu Frauen bis ins hohe Alter hinein fruchtbar sind. Allerdings nimmt mit zunehmendem Alter die Qualität der Spermien ab. Auch Umwelteinflüsse werden als spermaschädigend diskutiert
Von Diana Bade
MAZ