Schimpf, Schande und Schönheit: Das Rimini Protokoll zeigte seine Inszenierung über das Tourette-Syndrom beim Berliner Theatertreffen nur digital, nun war es live am Potsdamer Hans-Otto-Theater zu sehen
Potsdam.Benjamin fasst langsam Tritt, seine Schritte werden weicher, fast elastisch. Er schwenkt die Hüfte, mit so was kriegt man Frauen rum. Was wie die Skizze eines Balztanzes aufblitzt, ist Therapie für ihn. Denn wenn er sich bewegen kann, ist alles gut. Wenn er pfeifen darf, zucken und poltern wie die Müllmänner, dann ist er bei sich. Ruhepuls. Falls er sich allerdings zusammenreißt, wie ein Konfirmand stumm auf der Bühne steht, geht der Herzschlag hoch auf 180. Das offenbart er bald dem Publikum, reicht es wie eine Krankenakte weiter. Und sagt, sein Neurologe habe abgeraten – das Zusammenreißen schade ihm. Er solle zucken, fluchen, schimpfen, das sei sein Aggregatzustand, da sei er bei sich, und wenn er halt „Heil Hitler, du Nutte!“ rufen müsse, weil seine innere Stimme das verlange, dann solle er’s, um Gottes Willen, tun. Nur möglichst nicht so laut.
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