Ingeborg Krabbe, die Heidi Kabel des Ostens
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Ingeborg Krabbe (2012).
© Quelle: Fotos: imago, dpa
Berlin. Ingeborg Krabbe war ein Energiebündel und eine Kämpferin. Am Freitag hat der Krebs die 85-Jährige besiegt. Sie starb in Berlin, wo sie mit ihrem zweiten Ehemann, Kurt Müller, lebte.
Die nur 160 Zentimeter große Volksschauspielerin mit den blauen Augen bezauberte mehr als sechs Jahrzehnte ihr Publikum. Mit ihren über 300 Rollen bei der Defa („Geliebte weiße Maus“, „Die Abenteuer des Werner Holt“, „Tecumseh“ und viele andere) und vor allem im Fernsehen („Maxe Baumann“, „Polizeiruf 110“ oder „Drei reizende Schwestern“) war sie in der DDR-Fernsehliebling.
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Die Schauspieler Ingeborg Krabbe (l-r), Herbert Köfer und Dorit Gäbler grillten im August 2011 in Dresden in der Kleingartenanlage «Hubertus 1905». Anlass waren die Proben des DDR-Klassikers «Rentner haben niemals Zeit», der am 26. August 2011 auf der Bühne der Comödie Dresden Premiere feiert.
© Quelle: dpa
1954 hatte sie als Filmschauspielerin in „Der Weg ins Leben“ debütiert. Mit 76 Jahren gab die Schauspielerin in „Ich war noch niemals in New York“ in Hamburg ihr Debüt als Darstellerin in einem Musical und sang zudem den Udo-Jürgens-Titel-Hit. Nach ihren Erfahrungen befragt, die sie bei dem knapp dreijährigen Engagement gemacht hat, sagte sie einmal: „Das Engagement wäre noch weiter gegangen, wenn ich gewollt hätte. Aber wenn man en suite beschäftigt ist, muss man andere Angebote ablehnen. Und wenn man immer nein sagt, ist man ganz schnell weg von Fenster.“ Dennoch sei die Erfahrung für sie überwältigend gewesen, „weil es nicht nur eine Welturaufführung, sondern weil es ein wirklich internationales Ensemble war“.
Noch vor ein paar Jahren begeisterte Ingeborg Krabbe im Berliner Schlosspark-Theater über Wochen als etwas schrullige Margrit Wilberforth in „Ladykillers“, die die Bankräuber überlistete.
Mit Herbert Köfer als Partner spielte sie im Vorjahr ihre letzte Fernsehrolle. In einer Folge von „In aller Freundschaft“ agierten beide als altes Ehepaar, dessen Suizid misslungen war. Sie spielte hier eine Frau mit fortgeschrittener Krebserkrankung.
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Geballter weiblicher Humor: Marianne Kiefer, Ingeborg Krabbe und Helga DÜring (v.r.n.l.), deren gemeinsame Auftritte in der Schwankreihe
© Quelle: imago stock&people
Köfer reagierte bestürzt auf die Nachricht von Ingeborg Krabbes Tod. „Ich kann im Augenblick nicht erklären, wie mir zumute ist. Ich kann es immer noch nicht begreifen“, sagte er. Die beiden waren jahrelang zwischen Ostsee und Thüringer Wald gemeinsam auf Tournee mit dem Stück „Rentner haben niemals Zeit.“ Sie hätten Tausende von Schwänken gespielt, Silvestersendungen gemacht, so Köfer. „Sie war immer lustig. Immer jemand, der die schwierigsten Situationen gemeistert hat. Eine große Kollegin, eine Freundin, ein Mensch, an den ich immer denken werde.“
In den zurückliegenden Jahren war sie auch in Fernsehserien wie „Pfarrer Braun“ und „Der Bulle von Tölz“ zu sehen. Daneben arbeitete sie als Hörspiel- und Synchronsprecherin.
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Frauentagsfeier mit Ingeborg Krabbe im Jänickendorfer Landmann im Jahr 2003
© Quelle: Margrit Hahn
Obwohl die Künstlerin über Jahrzehnte auf dem Bildschirm oder nach der Wende in den Theatern am Kurfürstendamm als schnoddrige Berlinerin die Zuschauer begeisterte, ihr Herz schlug immer noch für ihre sächsische Heimat. In Leipzig war sie nicht nur vor 85 Jahren zur Welt gekommen und aufgewachsen, sondern hatte ab Ende der 40er Jahre an der Hochschule für Musik die Schauspielklasse absolviert. Im „Theater der jungen Welt“, dem ältesten professionellen Kinder- und Jugendtheater Deutschlands, ging sie die ersten Schritte auf den Weg ins Schauspielerleben und hat die „Leipziger Pfeffermühle“ im Weißen Saal des Zoos mit aus der Taufe gehoben. Damals an den Städtischen Bühnen engagiert, sah man sie in Inszenierungen im Schauspielhaus und in den Kammerspielen, ehe sie nach Berlin ging.
Obwohl Bühne und Bildschirm für die Künstlerin, die fast bis zuletzt aktiv war, Lebenselixier bedeuteten, war sie auch ein wunderbarer Familienmensch. Neben ihrem Mann, zwei Töchtern, einen Dutzend Enkeln und Urenkeln trauert das Publikum um eine wunderbare Schauspielerin.
Von Rolf Richter
MAZ