Neues von Jon Kenzie, Nick Waterhouse und The Zombies
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Dem Spezialisten in Sachen Retro macht keiner etwas vor: Nick Waterhouse.
© Quelle: Promo
Potsdam. Wie jetzt? Ein wenig Bossa Nova? Zumindest etwas ganz Ähnliches, das bald aus dem jazzy Feeling hüpft mit Up-Tempo-Soul. Nick Waterhouse schüttelt das alles auf „The Fooler“ (Innovative Leisure/PRES) locker aus dem Handgelenk. Der Musiker aus Kalifornien bewegt sich nahezu verschwenderisch durch die Gefilde, die ihm so sehr liegen.
Mehr Rock
Zwei Dekaden gibt es The Hold Steady inzwischen. Greg Finn, der Mann mit dem rauchig-heiseren Gesangsorgan, und die übrigen Mitglieder der Band zelebrieren auf „The Price Of Progress“ (Positive Jams/Thirty Tigers/Membran) ohne Einschränkung einen kraftvollen, dabei höchst pointierten, nicht im mindesten angestaubten Rock. Erzählen tolle Geschichten. Wie jene in „Grand Junction“. Ohne festgelegtes Ziel kurvt ein Paar im Auto herum. Dann wirft die Frau begeistert ihre Arme in die Luft. Schlicht überwältigt davon, wie groß doch der Nachthimmel ist. The Hold Steady warten mit einigen Kniffen und Überraschungen auf. In der Wüste von Arizona machte der Transporter mit dem Tour-Equipment plötzlich schlapp. Feuer schlug aus dem Motorraum. Das Titelbild von „Different Game“ (Cooking Vinyl/Indigo) zeigt, wie das Auto abgeschleppt wird. Von diesem Missgeschick und gar von Corona ließen sich The Zombies keineswegs die Laune oder die Kreativität verderben. Auch nicht im sechsten Jahrzehnt ihres Bestehens. Gründungskeyboarder Rod Argent, Leadsänger Colin Bluntstone und der (jüngere) Rest der Band scheint gut aufgelegt. Sie hatten mit Brian Wilson, dem Kopf der Beach Boys, getourt. Das macht sich hie und da bemerkbar. Sonst gibt es erwachsenen Rock, Balladen mit Streichern und Piano, etwas mehr Kammermusik sogar.
Das kann der Ansatz zum Girly-Pop der Sechziger genauso sein wie der sagenhafte Schmachtfetzen, beim kaum jemand Widerstand leisten wird, oder der Soul mit äußerst schmissigen Schmetter-Trompeten. Der kenntnisreiche Nick Waterhouse aus Santa Ana wandelt zu all dem nicht nur auf den Spuren von Lee Hazlewood. Der Mittdreißiger ist ein geborener Crooner. Wenn er mag...
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Bleibt ein aufmüpfiges Duo aus Belgien: Black Box Revelation.
© Quelle: Alexander H'iet
Schön schmutzig, fordernd und bratzig – das sind Black Box Revelation 2023 auf ihrer aktuellen Veröffentlichung „Poetic Rivals“ (Bana Kin Records/Universal). Weil wir ja sowieso Kleinst-Formationen lieben, die mit besonderer Freude herumlärmen ist das bei Dries Van Dijck am Schlagzeug und Jan Paternoster, der singt und die Gitarre schlägt, keineswegs anders.
Alternativen
Dass es so etwas noch gibt: Snorre Kirk, der Schlagzeuger und Bandleader, erzeugt auf „Top Dog“ (Stunt/Inakustik) eine Betriebstemperatur, die nicht weniger als Wohlfühlen gestattet. Über die volle Spielzeit seines jüngsten Album wohlgemerkt. Hier ruft jemand mit trefflich aufgelegten Sekundanten an Bass, am Saxofon oder Piano große Momente aus Jazz und Swing in Erinnerung. Sehr zu recht. Sehr zuvorkommend. Ein tiefes Klang-Bad für die Ohren, zu dem ferner bluesige Balladen zählen, das mehr als nur nostalgische Gefühle weckt. Atemberaubend ist es wie Baiju Bhatt & Red Sun auf „People Of Tomorrow“ (Neuklang/Inakustik) ganz unterschiedliche Klangwelten in Bezug setzen und zu einem großen farbenreichen Ganzen wachsen lassen. Jazz, Rock, Keltisches oder die immense Fülle indischer Traditionen, ob nun instrumental oder eher vom Gesang beeinflusst. Der Geiger Baiju Bhatt, in Lausanne aufgewachsen als Sohn einer Schweizer Lehrerin und eines Sitar-Meisters aus Rajasthan, zeigt sich als Brückenbauer von Format. Wer Lust hat, der kann sich mal wieder mit dem Meister-Trommler Trilok Gurtu befassen. Einer Fusion zwischen Klängen aus West und Ost ist der Perkussionist aus Mumbai ja seit Dekaden nicht abgeneigt. Wie auf „One Night Away“ (Jazzline/Broken Silence), wo traditionellen indische Bestandteile, Elektronica und Jazz-Experiment in eins fallen.
Black Box Revelation bleiben eine Offenbarung für hörenswertes Gepolter aus der Rock-Garage. Härter, straff oder nie verlegen um eine Melodie. Seit geht das mit den beiden Belgiern nun schon so. Es möge so bleiben.
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Hat nicht nur in Manchester gute Freunde: Jon Kenzie.
© Quelle: Heiko Ritt
Vor gut zehn Jahren wollte Jon Kenzie aus Manchester mit einem Kumpel herausfinden, wie man wohl drei Wochen in Europa über die Runden kommen könne. Bald fand er es heraus. Mit Straßenmusik, dem Busking. Manches Mal trotzte er dem Wetter. Zumal dem in Hamburg. Seine Anhängerschaft wuchs. Nicht nur dort. Nun legt Jon Kenzie „Silent Applause“ (DanCan/Indigo) vor. Ein feiner Streifzug durch verschiedene Genres. Das kann mal räudiger Blues sein, mal Folk oder eine Anlehnung an Doo Wop. Nicht selten Soul, der zu JonsZauber-Schmirgel in der Stimme so vortrefflich passt. Dann wiederum regiert ein funky Rhythmus, erhöht mit Gospel-Feeling. Eigentümlich: Fantastic Negrito aus Kalifornien kommt einem in den Sinn.
MAZ