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Heckentheater

Potsdamer „Poetenpack“ spielt „Romeo und Julia“

Gislén Engelmann und Florian Bamborschke vom Ensemble „Poetenpack“

Gislén Engelmann und Florian Bamborschke vom Ensemble „Poetenpack“

Potsdam. Sie haben Shakespeare den Puls gefühlt, immer wieder, weil sein Temperament so schwankend ist – gerade die Komödien haben sie mit Andacht gelesen, um sie vor der Albernheit zu retten. Und nun, 20 Jahre nach der Gründung, fühlt sich das „Poetenpack“ gerüstet für die Liebe. Das professionelle freie Ensemble spielt in diesem Sommer „Romeo und Julia“ im Potsdamer Heckentheater, als sei das eine Reifeprüfung. „Poetenpack“-Gründer und „Romeo und Julia“-Regisseur Andreas Hueck sagt, „Shakespears Komödien haben einen heilenden Charakter.“ Doch die Tragödien hat er gescheut, „weil die Konflikte dieser Stücke schnell auf ein Ensemble übergreifen können.“ Dann habe man einen Richard III., der die Kollegen tyrannisiert.

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In 20 Jahren Arbeit sei die Gruppe gereift, es ist nun an der Zeit, dieses übergroße Stück von Romeo und Julia zu spielen, die in Verona leben, aus verfeindeten Sippen stammen, sich ineinander verlieben, doch den Krieg ihrer Familien nicht überstehen. „Die innere Achse des Poetenpacks ist so stabil, dass wir das Stück nun stemmen können“, sagt Hueck.

Shakespeare kann schnell kollabieren

Man darf sich das Ensemble des „Poetenpacks“ nicht als sensible Truppe ausmalen, die Angst hätte vor diesem Kraftakt. Doch sie kennen die mentalen Untiefen ihres Berufs, darum gehen sie so pfleglich um mit diesen großen Dramen, aus dem sich ihre Arbeit speist. Sie scheuen die Extreme nicht: Auch bei 38 Grad steigen sie in Montur auf diese hübsche, doch komplett überheizte Bühne des Heckentheaters, gleich neben dem Neuen Palais, und buchstabieren dort den Streit der Sippen aus. Aus 26 deutschen Übersetzungen haben sie sich ihre eigene Sprache gesucht. Shakespeare ist wie ein Puzzle, sagen sie, wenn ein Wort nicht stimmt, kollabiert das ganze Stück.

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Florian Bamborschke spielt den Romeo als einen jungen Mann, der von der Liebe wie von einer Krankheit gepackt ist. Mal zeigt er das Lachen einer Seifenoper, mal geht er geduckt, als ziehe er in einen Krieg. Er zeigt Symptome eines Wahnsinnigen, das macht er gut, er lehnt sich auf, und doch verliert er seinen Kampf. Er wird sterben. Ja, man braucht Reife, um diesen Niedergang präzise auszuleuchten.

Von Verona ins Taka-Tuka-Land

Bamborschke schafft das, obwohl er noch in seiner ersten „Poetenpack“-Saison steckt. Vorher hat er in Berlin und Detmold gearbeitet, am neuen Ensemble schätzt er die „besonders menschliche Atmosphäre“, das Umeinander-Kümmern, das gemeinsame Entwickeln der Stoffe. Er spielt auch Tommy im „Pippi Langstrumpf“-Stück des „Poetenpacks“. Pippi wird von Julia Borgmeier gespielt, die neben ihm als Julia auf der Bühne steht. Ja, das Ensemble ist flexibel. Ein Sprung von Shakespears Verona ins Taka-Tuka-Land zählt hier zum kleinen Einmalseins.

Gislén Engelmann spielt Lady Montague, Romeos Mutter, sie zählt seit 2011 zum „Poetenpack“, diesem Ensemble, das projektbezogen zusammenarbeitet und aus einem Pool von 50 bis 60 Schauspielern schöpft. Seit 2016 bespielen sie im Sommer das Heckentheater, Engelmann weiß, wie schwierig das sein kann: „Die Akustik ist schwierig, schon das Blattrauschen macht Konkurrenz, wir haben keine Wand als Resonanzkörper. Man muss powern!“

Gepowert haben sie schon immer. Von 59 Stücken, die sie in 20 Jahren erarbeitet haben, zählen 29 noch zum aktuellen Repertoire. Für Potsdam ist das Weltrekord.

Termine von „Romeo und Julia“ im Potsdamer Heckentheater im Juli, Beginn je 19.30 Uhr: 4., 5., 6., 13., 14. (17 Uhr), 20., 21. (17 Uhr), 24., 25., 26.7. Infos und Tickets unter www.theater-poetenpack.de

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Von Lars Grote

MAZ

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