Antje Rávik Strubel hat mit „Blaue Frau“ einen hoch aktuellen und einfühlsamen Roman über das Traumata sexuellen Missbrauchs geschrieben. Warum die Potsdamer Schriftstellerin dafür acht Jahre gebraucht hat.
Potsdam.Sie ist von Anfang an zu spüren. Diese Abwesenheit von sich selbst, das in sich Eingerollte, die mühsam errichtete Grenze zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Adina braucht diese Grenze, ohne sie bricht sie zusammen. Das ist sofort spürbar beim Lesen von „Blaue Frau“, dem gerade frisch erschienenen Roman von Antje Rávik Strubel. Von der ersten Seite an ist klar: Hier stimmt etwas nicht. Die Protagonistin muss Schlimmes erlebt haben, Traumatisches, das noch nicht verarbeitet ist.
Wie ein Nebel liegt dieses Trauma über ihr, die Schichten sind dick, es wird lange dauern, zu ihr durchzudringen. Antje Rávik Strubel nimmt sich dafür die Zeit, die es braucht. Stück für Stück schält sie Adina aus diesem Nebel heraus. Ganz behutsam wählt sie ihre Worte dafür, sie sind Schnitzmesser und streichelnde Hand zugleich. Aus ihnen heraus entsteht nicht nur Adinas Geschichte, sie geben ihr auch einen Rhythmus und eine Kraft, die sie verloren zu haben scheint.