Gegenwärtig sein, ganz ohne Wertung: mit Meditation den verborgenen Kräften auf der Spur
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Meditieren hat positive Auswirkungen auf Körper und Geist.
© Quelle: Надя Кисільова/Unsplash
Die wissenschaftliche Forschung zum Thema Achtsamkeit und die positiven Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit haben mittlerweile eine beeindruckende Dimension angenommenen. Weltweit setzen immer mehr Kliniken und Gesundheitszentren die Schulung von Achtsamkeit als unverzichtbaren Pfeiler der Mind-Body-Medizin ein. Auch an Schulen, am Arbeitsplatz, zur Raucherentwöhnung und auch im privaten Bereich wird Achtsamkeit erfolgreich praktiziert.
Die Bedeutung von Achtsamkeit bei der Entwicklung von Lebensqualität bis hin zur Heilung vieler Krankheiten hat im Westen der ehemalige Molekularbiologe Prof. Jon Kabat-Zinn erkannt. Er selbst hatte langjährige Meditations- und Yogaerfahrungen. In den späten 1970er-Jahren entwickelte er an der Universität von Massachusetts das Schulungsprogramm MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction), also Stressbewältigung durch Achtsamkeit. Klassischerweise wird MBSR in Form von Kursen unterrichtet. In seinem Standardwerk „Gesund durch Meditation“ schreibt er, dass das MBSR-Programm lediglich einen Anfang markiere. Es sei gewissermaßen eine Durchgangsstation und ein Sprungbrett in eine neue Art des Seins, bei der man in Kontakt ist mit den Dingen, wie sie nun einmal sind.
Die gesunden Anteile in uns stärken
Seinen Patienten machte Kabat-Zinn bei der Aufnahme stets bewusst, dass „Sie, solange Sie atmen, mehr gesunde als kranke Anteile in sich tragen, egal, was alles mit Ihnen nicht stimmt. Vieles, was in uns gesund ist, beachten wir entweder gar nicht, vernachlässigen wir oder nehmen es als selbstverständlich hin.“ Er sah es als seine Aufgabe an, die gesunden Anteile in Form gezielter Aufmerksamkeit mit Energie zu versorgen. „Die andere, ‚kranke‘ Seite überlassen wir inzwischen der Klinik mit ihrer Ärzteschaft und warten einfach ab, was geschieht.“ Dann beginnt die Schulung von Achtsamkeit, in aller Kürze beschrieben als Bewusstheit, die sich durch gerichtete, nicht wertende Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Augenblick einstellt. Durch Meditationsübungen werden darüber hinaus im Wesentlichen folgende Fähigkeiten entwickelt: Nicht urteilen, Geduld, den Geist als Anfänger bewahren, Vertrauen, nicht erzwingen und Akzeptanz. Infolgedessen entwickelt sich die Fähigkeit, auf Herausforderungen des täglichen Lebens bewusst zu agieren, anstatt automatisch zu reagieren. Auch das Aussteigen aus belastenden Gedankenspiralen wird leichter möglich. So gelingt es Dauerstress und die damit verbundenen Begünstigungen oder Auslöser von Krankheiten zu reduzieren.
Vieles, was in uns gesund ist, beachten wir entweder gar nicht, vernachlässigen wir oder nehmen es als selbstverständlich hin.
Jon Kabat-Zinn, Entwickler des Schulungsprogramms MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction)
Meditation ist dabei von zentraler Bedeutung für die Entwicklung von Achtsamkeit. Klingt vielleicht für manch einen erst mal geheimnisvoll, mysteriös oder schwierig. Dabei ist es ganz einfach. Es geht im Wesentlichen nur darum, sich immer wieder bewusst zu werden, dass unser Geist irgendwo herumwandert, um dann die Aufmerksamkeit wieder sanft zurück auf das Meditationsobjekt zu lenken. Das kann man im Sitzen, Liegen, Stehen oder in Bewegung tun. Meditationsobjekte können unser Atem sein, unsere Körper- oder Sinnesempfindungen oder mentale Prozesse. Man registriert ohne zu bewerten, wie der Atem fließt, welche Körperteile angespannt sind oder schmerzen.
Helmut Nowak ist Coach und Lehrer für Achtsamkeit und Stressbewältigung und schildert hier regelmäßig, wie man lernt, bewusster zu leben. Der Autor ist zu erreichen unter www.achtsamkeit-und-co.de.
In der Kolumne „Auf der Couch“ schreiben wechselnde Experten zu den Themen Partnerschaft, Achtsamkeit, Karriere und Gesundheit.