20 Kilo Gewichtsverlust wegen Schikane am Arbeitsplatz: 10.000 Euro Abfindung
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Mobbing und Drohungen: Ein Müllfahrer verklagt seinen jahrelangen Arbeitgeber.
© Quelle: dpa/Tobias Kleinschmidt
Brandenburg/H. Vordergründig ging es vor dem Arbeitsgericht um die Kündigung eines fast 63 Jahre alten Müllfahrers aus Brandenburg/Havel. Doch der Mann wehrt sich vor Gericht nicht in erster Linie gegen seine Entlassung.
Schikanen am Arbeitsplatz hat Werner B. als so furchtbar erlebt, dass auch er nicht mehr in dem Abfallentsorgungsunternehmen weiterarbeiten will. Sein Rechtsanwalt Simon Daniel Schmedes beantragt daher die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen eine Abfindungszahlung in Höhe von rund 40.000 Euro.
„Mein Mann hat in wenigen Wochen 20 Kilo abgenommen“, erzählt die Ehefrau von Werner B. vor dem Gerichtsgebäude. Sie führt den Gewichtsverlust auf die psychische Belastung durch die andauernden Gängelungen und ungerechten Behandlungen durch einen Vorgesetzten zurück.
Arbeitgeber weist Vorwürfe zurück
Dagegen weist der Arbeitgeber in der Kammerverhandlung des Arbeitsgerichts Brandenburg die zentralen Vorwürfe des klagenden Mitarbeiters und seines Anwaltes als unwahr zurück, auch, dass der Geschäftsführer nicht gegen das „Mobbing“ des Vorgesetzten eingeschritten sei.
Über zwei Klageziele mussten die Arbeitsrichter in diesem Prozess befinden. Der Vorsitzende Peer Siggel machte beiden Seiten deutlich, in welche Richtung eine Entscheidung gehen würde. Die Kündigung des 62 Jahre alten Mitarbeiters, der auf 22 Beschäftigungsjahre zurückblickt, schätzte das Gericht als sozial- und damit rechtswidrig ein.
Den Vertrag wie beantragt auflösen wollten die drei Richter allerdings auch nicht. Denn dafür hätten die Vorwürfe keine ausreichende Substanz. Drohungen des Vorgesetzten wie „Den B. krieg’ ich noch“ und „Ich will Sie aus der Firma raus haben, dafür werde ich sorgen“, seien zeitlich und vom Zusammenhang her nicht konkret genug vorgetragen.
Nervenzusammenbruch
Dem Konflikt mit der letzt genannten Äußerung war Schmedes zufolge die Weisung des Vorgesetzten vorausgegangen, dass Werner B. einen Container fahren sollte, der keinen TÜV mehr hatte und schon durchgerostet war“. Ein Foto des fraglichen Containers legte der Anwalt vor.
Der Vorgesetzte habe dem langjährigen Mitarbeiter „die Hölle auf Erden“ bereitet und ihn mit seinen Attacken und Schikanen gesundheitlich so getroffen, dass er einen Nervenzusammenbruch erlitten habe und sogar in der Psychiatrie behandelt werden musste.
Solche Darstellungen bestreitet der Arbeitgeber, der lediglich einräumt, dass mit besagtem Vorgesetzten ein Personalgespräch geführt habe. Doch weist er sich die Behauptung zurück, er habe den cholerischen Vorgesetzten von Werner B. selbst einmal aus dessen Büro geworfen und nach Hause geschickt. Vor Gericht schildert der Anwalt des Arbeitgebers einen Pflichtverstoß von Werner B., der eine Tour einfach eingetragen, aber gar nicht erledigt habe.
Gericht schlägt Vergleich vor
Hätte das Arbeitsgericht ein Urteil sprechen müssen, wäre die Kündigung für unwirksam erklärt worden, Werner B. hätte dann in dem Betrieb weiterarbeiten müssen.
Daher empfahl Richter Siggel einen Vergleich: Kündigung zum 31. März, solange fortlaufende Lohnzahlungen, umgehende Freistellung und eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro.
Nach kurzem Zögern willigten beide Seiten ein.
Von Jürgen Lauterbach
MAZ