Immer mehr Handwerksbetriebe in Brandenburg an der Havel
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Luca Kolberg macht eine Ausbildung zum Metallbauer.
© Quelle: André Großmann
Brandenburg/H. Fachkräftemangel, Energiekrise, ein hohes Durchschnittsalter und ein schlechtes Image belasten das Handwerk in Brandenburg an der Havel. Der Bedarf an Mitarbeitern ist groß, Anlagenmechaniker für Sanitärtechnik, Kraftfahrzeugmechatroniker, Gerüstbauer und Maler werden dringend benötigt.
„Wir müssen Vorurteile abbauen und uns vom Gedanken verabschieden, das Handwerk sei schmutzig, dunkel und schlecht bezahlt. Status und Ansehen macht man nicht an einem Diplom fest“, sagt Ines Weitermann, die Sprecherin der Handwerkskammer Potsdam.
Viele Jugendliche interessieren sich kaum fürs Handwerk
Dieses Image bestätigt der Chef des Brandenburger Jobcenters Michael Glaser bei der Vorstellung der Arbeitsmarktstatistik. Er spricht davon, wie schwer es ist, junge Leute für das Handwerk zu begeistern.
„Die meisten Jugendlichen interessieren sich eher für Medien, die sie täglich konsumieren und haben deshalb weniger Wahrnehmung dafür, was richtige Arbeit ausmacht. Das ist nicht böse gemeint, sondern einfach die fehlende Kenntnis im Alltag. Woher soll sie auch kommen“, sagt er. Michael Glaser sieht die Entwicklung als langen Weg, der noch Jahre braucht.
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„Wir müssen das Handwerk aus dem Image des vorigen Jahrhunderts herausholen. Das ist der erste Schritt und er ist maßgeblich“, sagt er. Ines Weitermann ist überzeugt, dass solche Aussagen nicht helfen und stimmden. Das zeigen ihrer Meinung nach „die vielen jungen Menschen, die sich für das Handwerk entscheiden, die vielen Aufgaben, die die Klimawende mit sich bringt und die damit verbundenen Technologien“, sagt sie.
Noch können Handwerksbetriebe die Ruhestandswelle ausgleichen
Die MAZ hat sich in der Branche umgehört. Das Handwerk steht vor großen Herausforderungen, weil in den nächsten fünf Jahren immer mehr Mitarbeiter in Rente gehen. Noch gelingt es den meisten Betrieben aber, diese Entwicklung auszugleichen.
Brandenburg an der Havel hat immer mehr Handwerksbetriebe
Die Zahl der Handwerksbetriebe in Brandenburg an der Havel steigt. Waren es im Jahr 2018 noch 817 Betriebe, erhöhte sich die Zahl im darauffolgenden Jahr zunächst auf 831, dann auf 835. Im Jahr 2021 hatte die Havelstadt 852 Handwerksbetriebe. Zahlen fürs Jahr 2022 liegen laut der Handwerkskammer erst Ende 2023 vor. Da ein Handwerksbetrieb im Schnitt vier bis fünf Mitarbeiter beschäftigt, arbeiten in Brandenburg an der Havel um die 3700 Menschen im Handwerk .
Beim Familienunternehmen Metallbau Maserowski im Brandenburger Stadtteil Nord gehen in den nächsten fünf Jahren zwei von elf Mitarbeitern in Rente. Ausbildungsleiter Benjamin Beyer kann die Stellen nach besetzen, stellt aber fest, dass die Zahl der Bewerber im vergangenen Jahr gesunken ist.
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Benjamin Beyer (links) bildet Janick Kahle als Metallbauer aus.
© Quelle: André Großmann
Im Unternehmen Heidelberger Druckmaschinen wächst dagegen die Zahl der Azubis. Hier lernen acht Industriemechaniker und sechs Mechatroniker, obendrein studiert noch ein Student von der Technischen Hochschule Brandenburg (THB) Maschinenbau.
Metallbau Windeck beschäftigt in Rietz 20 Azubis, von denen zehn aus Brandenburg an der Havel kommen. Nicht jeder von ihnen hat sich für das Handwerk interessiert und kam erst über Umwege in die Branche. Im vergangenen Jahr gingen drei Mitarbeiter in Rente, in den nächsten fünf Jahren sind es fünf weitere.
Viele Eltern empfehlen ihren Kindern eher ein Studium
Der 27-Jährige Bennet Ulrich probierte vieles aus. Er war in der Veranstaltungsbranche, begann eine Ausbildung zum Mechatroniker, brach sie dann aber wieder ab, weil sie ihm nicht mehr gefiel. „Es ist manchmal gar nicht so leicht, nach der Schule zu wissen, was man machen möchte“, sagt er heute. Bennet Ulrich wusste nur, dass er nicht im Büro sitzen will, wie so viele seiner Freunde. Vor zwei Tagen hat er seine Ausbildung bestanden und ist stolz darauf.
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Fabian Unterseher muss noch ein paar Monate seiner Ausbildung meistern. Der angehende Metallbauer mit Fachgebiet Konstruktionstechnik schweißt, fertigt Überdachungen, Tore, Fensterrahmen, doch tüftelt schon wie Azubi Luca Kolberg seit seiner Kindheit. „Ich wollte am Ende des Tages ein Ergebnis sehen, dass ich mit meinen Händen gestaltet habe“, sagt der Brandenburger, der nach dem Abschluss an der Nicolaischule seine Ausbildung begann.
Ines Weitermann weiß, dass Eltern oftmals die wichtigsten Berufsberater ihrer Kinder sind. Sie glaubt, dass es ein gesellschaftliches Umdenken in dieser Hinsicht braucht. „Wenn Eltern permanent medial erfahren, dass die Lage im Handwerk angeblich immer schlechter werde, ist es verständlich, dass sie diese Branche für ihre Kinder vielleicht gar nicht in Betracht ziehen und das Studium einer dualen Ausbildung vorziehen“. Deshalb unterstützt die Handwerkskammer Eltern mit Veranstaltungen wie den sogenannten Elternpowertalks, bei denen sie Fragen stellen können.
„Jahrzehntelang lautete das Motto -Nach der Schule ins Abi – nach dem Abi ins Studium. Die Wertschätzung einer dualen Ausbildung für berufspraktische Arbeit und Ausbildung war jahrzehntelang nicht zu finden“, sagt sie. Ihrer Meinung nach ist es möglich, junge Brandenburger für das Handwerk zu begeistern, wenn man den Azubis Perspektiven im Beruf aufzeigt und im Unterricht auf mehr Praxis und weniger Theorie setzt.