Ein schmucker Brennabor rollt nach Brandenburg an der Havel zurück
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Marius Krohn (links) und Alexander Wündrich mit dem Brennabor Ideal im Industriemuseum.
© Quelle: Heiko Hesse
Brandenburg/H. Hübsche Stoßstangen. Denkt der Laie und freut sich. „Aber nicht original“, sagt Jürgen Schildhauer, „eigentlich müssten sie ab“. „Wir“ sind der 1. Brennaborverein Brandenburg an der Havel und Mitglied Schildhauer kennt sich mit den Fahrzeugen aus der Havelstadt wie kaum jemand aus. Deshalb weiß er auch, dass es damals durchaus üblich war, Stoßstangen anderer Marken an Brennaboren zu montieren. „Also bleiben sie dran“, stellt der Fachmann klar.
Im April hatte der Verein einen Brennabor-Ideal, Baujahr 1929, bei Ebay-Kleinanzeigen entdeckt – gleich um die Ecke im Jerichower Land. Nun ist das Fahrzeug wieder heimgekehrt und soll zum Museumstag „Feuer und Flamme“ am 26. Oktober seinen ersten öffentlichen Auftritt bekommen.
Nur noch wenige Dutzend solcher Fahrzeuge aus der einstmals größten deutschen Automobilfabrik findet man heute noch auf der Welt. Der Ideal, der bald die Brennabor-Ausstellung im Brandenburger Industriemuseum ziert, ist mit ziemlicher Sicherheit fast die ganze Zeit in Schweden gelaufen.
Großes Glück gehabt
Von dort hatte ihn ein sachsen-anhaltiner Oldtimersammler vor wenigen Jahren geholt. In den wenigen Unterlagen, die der Brennaborverein mitbekommen hat, findet sich ein Beleg, der von einem Besitzer im südschwedischen Jännaholm spricht. „Der deutsche Sammler hatte dort ein ganzes Paket erworben, aber an dem Brennabor direkt kein Interesse“, sagt Marius Krohn, Leiter des Industriemuseum und Mitstreiter im Brennaborverein. „Das war unser Glück.“
Zum Glück kam noch das Geld dazu. „Ein Urenkel aus der Reichstein-Familie hat den Wagen für einen fünfstelligen Beitrag erworben und stellt ihn uns zur Verfügung“, sagt Krohn. Der Nachfahre aus der Familie, die die Werke 1871 gegründet und rund 60 Jahre lang geführt hat, möchte öffentlich nicht in Erscheinung treten. Vereinbart sei, dass die Limousine in der Ausstellung zu sehen ist und hin und wieder ausgefahren wird.
Ausstellung im Industriemuseum
Die Ausstellung „Brennabor in Brandenburg“ kann man im Industriemuseum in Brandenburg an der Havel sehen. Zahlreiche Kinder- und Puppenwagen, Fahrräder, Motorräder, Autos und andere Exponate dokumentieren die große Geschichte des Werkes. Das Museum befindet sich in der früheren Siemens-Martin-Ofenhalle in der August-Sonntag-Straße 5 in 14770 Brandenburg an der Havel. Mehr über das Museum im Internet unter www.industriemuseum-brandenburg.de
Der Wagen ist nämlich gut in Schuss und fahrbereit. „Mit ein paar kleinen Reparaturen, die jetzt beginnen, ist der Ideal dann wieder tipptopp“, freut sich Krohn. Bei Oldtimertreffen in der Region will der Verein den Wagen zeigen. „Als eine Art Brennabor-Botschafter.“ Mit der zweifarbigen Lackierung macht der Oldie auch was her.
Darüber hinaus erarbeitet der Verein eine spezielle Exposition, die sich mit der Architektur der Brennabor-Werke und den seinerzeit modernen Produktionsmethoden auseinandersetzt. Die Werke hatten in den 20er Jahren als erste deutsche Fabrik die Fließbandfertigung im Automobilbau eingeführt, was Brennabor für einige Zeit den Spitzenplatz unter den Automobilbauern bescherte. „Es ist unglaublich, wie viele Tüfteleien auf die Reichstein-Brüder zurück gehen“, sagt Krohn.
Europas größter Hersteller
Die Reichstein hatten als Korbflechter begonnen und wenig später entdeckt, dass man die großen Weidenkörbe mit Fahrgestellen versehen und als Kinderwagen vermarkten kann. Das taten die Gebrüder so erfolgreich, dass sie über Jahrzehnte unangefochten Europas größter Hersteller von Kinderwagen waren. Es folgten die Zwei- und nach der Jahrhundertwende auch die Vierräder.
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Marius Krohn (links) und Alexander Wündrich freuen über den guten Zustand des Brennabor.
© Quelle: Heiko Hesse
Die beste Zeit des Automobilbaus hatte Brennabor in den 20er Jahren. Die Weltwirtschaftskrise und Fehler in der Unternehmensführung brachten das Aus. Das letzte Auto lief 1933 vom Band, da war das Werk bereits in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
Die neue Ausstellung soll ebenfalls beim Museumstag am 26. Oktober vorgestellt werden und die bestehende Schau ergänzen. „Mit diesen Tafeln wollen wir das Thema aber auch an andere Orte tragen“, berichtet Marius Krohn – auf Messen oder zu Treffen „als eine Art diplomatische Vertretung“.
Lesen Sie mehr über die Brennabor-Werke und die Reichsteins:
* Reichsteins waren findige Entwickler
* Die Geschichte eines seltenen Motorrades
Von Heiko Hesse