Brandenburg an der Havel

Ende einer Bootsfahrt: Kaputtes Bein und jahrelange Schmerzen

Von diesem Steg mit dem abgeflexten Geländer an der einen Seite stürzte die inzwischen 62 Jahre alte Reederei-Mitarbeiterin nach der Ankunft mit dem Schiff ins Wasser und verletzte sich schwer.

Von diesem Steg mit dem abgeflexten Geländer an der einen Seite stürzte die inzwischen 62 Jahre alte Reederei-Mitarbeiterin nach der Ankunft mit dem Schiff ins Wasser und verletzte sich schwer.

Brandenburg/H. Der 21. Juli 2016 hat das Leben der Brandenburgerin Bärbel W. nachhaltig verändert. Zum Schlechten.

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Denn an jenem Abend stürzte sie nach dem Anlegen des Fährschiffs Frieda in der Neuendorfer Straße vom Steg ihres Arbeitgebers in die Havel und verletzte sich schwer. So schwer, dass sie noch heute starke Schmerzen hat und auf unbestimmte Zeit auf den Rollstuhl oder Gehhilfen angewiesen bleibt.

Ihre vormalige Tätigkeit als Küchenhelferin kann die schwer verletzte 62 Jahre alte Frau nicht weiter ausüben. Die Schuld an ihrem Zustand gibt die Brandenburgerin ihrem früheren Chef, der zum Zeitpunkt des Unfalls eine Reederei in Brandenburg/Havel führte.

Strafverfahren eingestellt, aber Geldbuße

Das Strafverfahren gegen ihn wegen fahrlässiger Körperverletzung stellte das Amtsgericht Brandenburg/Havel ein. Er musste aber eine Geldbuße von 500 Euro zahlen.

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Im laufenden Zivilverfahren vor dem Schifffahrtsgericht in Brandenburg/Havel fordert Rechtsanwalt René Vogel allein 30 000 Euro Schmerzensgeld für seine Mandantin, außerdem unter anderem rund 12 000 Euro Verdienstausfall und knapp 30 000 Euro Haushaltsführungsschaden. Außerdem soll der einstige Arbeitgeber für alle künftigen Schäden aufkommen, die aus dem Unfall resultieren.

Alkoholmenge ist strittig

Was ist geschehen an jenem warmen Sommerabend 2016? Ein Mitarbeiter der Reederei hat seine Kollegen nach Feierabend zum Geburtstag in seinen Garten auf Klein’s Insel eingeladen.

Auf der einstigen Buga-Fähre Frieda fuhr der Reederei-Chef seine Mitarbeiter zum Fest und zurück.

Auf der einstigen Buga-Fähre Frieda fuhr der Reederei-Chef seine Mitarbeiter zum Fest und zurück.

Die Feiergäste machen sich gegen 17.30 Uhr mit dem ehemaligen Buga-Schiff „Frieda“ auf den Weg. Mehrere Stunden feiern sie sie bei Kesselgulasch und Getränken.

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Unstrittig wird auf dem Fest auch Alkohol getrunken. Besonders die später gestürzte und verletzte Frau soll sehr viel Bier getrunken haben. Die Chefin der Reederei rechnet im Gerichtssaal vor, dass es acht Flaschen gewesen sein müssen.

Der Weg zum Ufer

Die als Küchenhilfe tätige Frau selbst erinnert sich allerdings nur an zwei 0,4-Liter-Gläser Bier vor dem Bootstrip und zwei, drei Flaschen Bier auf dem Fest. Festgestellt werden bei ihr am späten Abend 1,56 Promille Alkohol.

Nach dem Fest macht sich die Feiergesellschaft in der „Frieda“ auf den Rückweg zum Betriebsgelände der Reederei. Die Chefin bittet ihren Mann, so sagt sie vor dem Schifffahrtsgericht aus, nicht die übliche Anlegestelle zu wählen.

Denn die dortigen acht Stufen seien ihr zu viel erschienen für die betrunkene Küchenhelferin. So legt die Frieda am Fahrgastschiff Pegasus an. Alle Bootsgäste sollen durch die Pegasus und dann vom Ponton über einen Metallsteg zum Ufer gelangen.

Ein Stück des Handlaufs abgeflext

Ein junger Kollege geht vor mit Bärbel W. hinter sich an einer Hand. Er leuchtet mit seinem Handy in der anderen Hand. Doch mit einem Mal verliert er den Kontakt zu seiner Kollegin.

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Im nächsten Moment hört er, wie deren Körper ins Wasser klatscht. Er sieht, dass sie sich nicht mehr bewegt, und zieht sie an Land. Sie blutet im Gesicht, hat Schmerzen am Bein.

Die 62-Jährige ist ins Hafenbecken gestürzt, und zwar genau an der Stelle, an der ein Stück des Handlaufs am Metallsteg abgeflext ist.

Bärbel W. kommt zu ihrem Gerichtsverfahren im Rollstuhl. Ihr versteiftes Bein ist bandagiert. Sie hat knapp zweieinhalb Jahre nach dem Unfall mehrere Operationen hinter sich und muss weiter hoffen, dass es irgendwann wieder besser klappt mit dem Laufen.

Unbeleuchtet, wackelig, rutschig

Außer den Schmerzen macht ihr auch die angeschlagenen Psyche zu schaffen. Die Berufsgenossenschaft kommt nicht für die Folgen des Unfalls auf, weil er außerhalb der Arbeitszeit passiert ist.

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Rechtsanwalt Vogel sieht die Reederei in der Pflicht. Denn der Unfall sei auf die fehlenden Sicherheitsvorkehrungen des Reederei-Chefs zurückzuführen. Vogel: „Der zum Betriebsgelände führende schmale Metallstegs war unbeleuchtet, wackelig und rutschig, der Handlauf rechts abgeflext.“

Tatsächlich funktionierte der Bewegungsmelder an jenem Abend nicht, sodass direkt am Steg bei der Ankunft kein Licht brannte. René Vogel wirft dem Reedereichef aus mehreren Gründen vor, er habe „aufs Gröblichste gegen seine Verkehrssicherungspflichten verstoßen“..

Schummrig oder dunkel?

Der beklagte Schiffsführer und sein Rechtsanwalt sehen das ganz anders. Sie lehnen die Forderungen der Klägerin ab und stützen sich unter anderem auf Zeugenaussagen. Denn die anderen Mitarbeiter widersprechen Vogels Darstellung, dass es bei Ankunft nach 22 Uhr und sehr dunkel gewesen sei.

Schummrig sei es gewesen, heißt es. Man habe den Steg noch sehr gut sehen können. Zudem kenne die Küchenhelferin diesen Steg durch ihre Arbeit sehr gut. Rechtsanwalt Michael Kirchhoff stellt zudem darauf ab, dass Bärbel W. „abgesackt“ sei, weil sie sehr betrunken war.

Viel Sachverhalte und Details sind strittig in diesem Verfahren. Das Amtsgericht wird voraussichtlich im Februar ein Urteil sprechen.

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Von Jürgen Lauterbach

MAZ

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