Freispruch: Gericht glaubt Kind Vorwurf sexueller Belästigung nicht
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An dieser Schaukel auf dem Spielplatz Friedrich-Grasow-Straße trafen das Mädchen und der Mann aufeinander.
© Quelle: JACQUELINE STEINER
Brandenburg/H. Das Landgericht Potsdam hat in dieser Woche einen 21 Jahre alten Flüchtling vom Vorwurf der sexuellen Belästigung eines zehnjährigen Mädchens in Brandenburg/Havel freigesprochen. Zuvor hatte das Amtsgericht Brandenburg den jungen Mann zu einer Geldstrafe in Höhe von 600 Euro verurteilt. Dieses Urteil wird nun aufgehoben.
Am 19. September 2017 hatte die seinerzeit zehn Jahre alte Lilly (Name geändert) aus Hohenstücken den nun freigesprochenen Angeklagten auf dem Spielplatz in der Friedrich-Grasow-Straße zufällig getroffen.
Tatvorgang unklar
Was auf dem ansonsten menschenleeren Spielplatz genau geschehen ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Der junge Mann aus Eritrea berichtet, er habe die Kleine nur gefragt, ob sie aus der Schule komme, und habe sie dann auf der Schaukel nur einmal kurz angeschubst.
Das Mädchen dagegen erzählt, der Fremde habe sie nach ihrem Namen, Alter und Wohnort gefragt. Wenig später habe er sie umarmt, ihre Wange getätschelt und ihr einen Kuss auf die Wange gegeben.
Sie habe Angst gehabt, weil sie glaubte, er wolle sie mitnehmen und ihr einen Heiratsantrag machen.
Glaubwürdigkeitsgutachten angefordert
Im Verlauf des Verfahrens vor der Potsdamer Jugendstrafkammer wurden Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Mädchens laut. Verteidiger Simon Daniel Schmedes beantragte sogar ein Glaubwürdigkeitsgutachten.
Schmedes konnte sich dabei unter anderem darauf stützen, dass zwei Horterzieher, die Lilly kurz nach dem Vorfall auf dem Spielplatz gesehen und gesprochen haben, berichteten, das Kind neige zu Übertreibungen und wolle auch bei anderen Gelegenheiten gern im Mittelpunkt stehen.
Eine Erzieherin berichtete von einer früheren Begebenheit, als ein Ausländer an ihr und Lilly vorbeigelaufen sei. Sie sei entsetzt gewesen, dass das Mädchen in dem Moment „Scheiß Ausländer“ gesagt habe, berichtete die Erzieherin der Kita, in die zu etwa 30 Prozent Kinder nichtdeutschen Herkunft gehen.
Ausländerfeindliche Beeinflussung des Kindes denkbar
Das Landgericht hält eine ausländerfeindliche Beeinflussung des Kindes aus seiner Umgebung für denkbar. Von der Schuld des Angeklagten war die Kammer jedenfalls nicht überzeugt und entschied - im Zweifel für den Angeklagten - auf Freispruch. Der Oberstaatsanwalt hatte dem Mädchen Glauben geschenkt und eine Verurteilung gefordert.
Von Jürgen Lauterbach
MAZ