Verwaltung führt erbitterten Streit mit Ex-Mitarbeiterin
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Der Rechtsstreit wird mit dem Schwert, nicht mit dem Florett ausgefochten.
© Quelle: Heiko Hesse
Brandenburg/H. Die Darstellung im Gerichtssaal bestätigt Vorurteile über Verwaltungen. Eine gekündigte Beschäftigte der Brandenburger Stadtverwaltung behauptet, ihre Vorgesetzte habe sie angehalten, langsamer zu arbeiten – nicht so viele Anträge zu bearbeiten, um „die Norm“ nicht zu verfälschen. Ob das stimmt, ist nicht erwiesen. „Die Vorwürfe entbehren aus meiner Sicht jeglicher Grundlage“ betont Oberbürgermeister Scheller.
Im Streit vor dem Arbeitsgericht Brandenburg/Havel wehrt sich eine 23 Jahre alte Frau gegen die Kündigung, die ihr Arbeitgeber, die Stadtverwaltung Brandenburg, Ende Januar fristlos und hilfsweise fristgerecht ausgesprochen hat. Für die rechtliche Bewertung geht es vor allem darum festzustellen, ob die Ex-Angestellte ihre Arbeitszeit in sechs Fällen vorsätzlich falsch dokumentiert und in einem Fall unentschuldigt gefehlt und ihre Arbeitsunfähigkeit in der gesetzten Frist nicht nachgewiesen hat.
Interessanter für die breite Öffentlichkeit sind aber Sachverhalte, die der Rechtsanwalt der jungen Frau im öffentlichen Arbeitsgerichtsverfahren offenbart hat. Demnach hat vor allem die Vorgesetzte seine Mandantin in deren Arbeiteifer fortwährend ausgebremst, gegenüber Kollegen schlecht über sie geredet und sie derart schikaniert und angefeindet, dass sie auch deshalb krank geworden ist.
Im September will das Gericht Zeugen hören
Am 21. Mai dieses Jahres hatte die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Brandenburg über die Klage der jungen Frau verhandelt. Sie wehrt sich sowohl gegen die fristlose als auch gegen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Ihr Rechtsanwalt beantragt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen gegen Zahlung einer Abfindung. Zum nächsten Kammertermin im September sollen Zeugen aus der Verwaltung gehört werden zum Ablauf der Anhörung. Der Anwalt der Klägerin stellt die Rechtmäßigkeit des Vorgehens infrage.
„Die Repressalien am Arbeitsplatz sind mitursächlich dafür, dass meine Mandantin erkrankt ist“, trägt deren Anwalt Simon Daniel Schmedes vor und bietet an, die Ärztin und die Therapeutin dazu als Zeuginnen zu hören.
Die Mitarbeiterin, die bei der Stadt einen dualen Studiengang erfolgreich absolviert hat, begann im September 2016 im gehobenen Dienst der Verwaltung. Aus Sicht des städtischen Rechtsamtes hat sie das in sie gesetzte Vertrauen jedoch „aufs Schärfste missbraucht“.
Die Prozessvertreterin der Stadt weist im Gerichtsverfahren sämtliche Vorwürfe gegen die erwähnte Vorgesetzte zurück als „abenteuerlich und völlig haltlos“ zurück. Die gekündigte Verwaltungsangestellte will die ältere vorgesetzte Kollegin zeitweise zurückgelehnt und mit hochgelegten Beinen an ihrem Schreibtisch vorgefunden haben.
Die Prozessvertreterin der Stadt verteidigt die in Frage stehende Vorgesetzte, deren Arbeitsweise „nie von niederen Instinkten“ getragen sei. Im übrigen habe ein öffentlicher Arbeitgeber wie die Stadtverwaltung kein Interesse daran, junge Menschen zu schädigen.
Gleichwohl ist das Vorgehen der Verwaltung bezogen auf die junge Frau auch jenseits der Kündigung hart. In Folge der Entlassung soll sie mehr als 50 000 Euro an Ausbildungskosten für das duale Studium zurückzahlen. Oberbürgermeister Steffen Scheller gab ihrem neuen Arbeitgeber Stadtwerke – womöglich nicht zu Unrecht – zudem Informationen, so dass sie noch in der Probezeit ihren neuen Job verloren hat. Ein Verwaltungsmitarbeiter wundert sich gegenüber der MAZ überrascht über die Strenge in diesem Fall, wo ansonsten über Arbeitszeitverstöße auch schon einmal hinweggesehen werde.
Von Jürgen Lauterbach
MAZ