Gedenken an ermordete Juden
/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/SIRC6SIS2KEDL7HEJGQROF4DVI.jpg)
Blumen und eine Kerze wurden an zwei Stolpersteinen in der Bahnhofstraße niedergelegt.
© Quelle: Frank Pawlowski
Königs Wusterhausen. Unweit der Marktstände in der Königs Wusterhausener Bahnhofstraße versammelten sich am Freitagnachmittag zwei Gruppen. Vor der alten Villa und vor dem früheren Schuhhaus auf der anderen Straßenseite umringten sie kleine Messingsteine, die im Gehweg eingelassen sind. Eingraviert sind die Namen von Juden, die dort einst lebten. Sie wurden in der NS-Zeit ermordet. Zum 80. Jahrestag der Pogromnacht wurden die so genannten Stolpersteine am 9. November gereinigt.
Die Aktion fand zeitgleich an Stolpersteinen in der Friedrich-Engels-Straße sowie in Neue Mühle, Zernsdorf und Wernsdorf statt. Mit Schwamm und Poliermittel wurden die Steine eingerieben, anschließend mit einem Lappen trocken gewischt, bis sie wieder blank waren. Zum Gedenken an die NS-Opfer stellten die Teilnehmer Kerzen auf und legten Blumen nieder. Es gab auch eine Schweigeminute. „Ich finde es gut, das so etwas gemacht wird“, sagte Bennett Fischer von den Humanisten. Der 15-jährige war extra für die Aktion aus Eichwalde nach Königs Wusterhausen gekommen.
Viele Passanten schlenderten vorbei
Die meisten Passanten ignorierten das Geschehen. Sie schlenderten vorbei. Ein Rentner fuhr mit dem Rad auf dem Bürgersteig. Ihm wurde Platz gemacht. Er brubbelte etwas in seinen Bart, es klang sehr unfreundlich, radelte achtlos weiter. Ein anderer Herr schaute kurz auf den Boden, äußerte sich lobend über die Aktion. Er hatte in den Medien viel von dem Jahrestag gehört. Zwei junge Frauen blieben vor dem ehemaligen Schuhhaus kurz stehen, schauten hinunter auf die Stolpersteine, und setzten ihren Weg fort. „Es ist wichtig, die Erinnerung wachzuhalten, weil heute wieder Menschen diskriminiert werden, es Tendenzen von Rassismus und Antisemitismus gibt“, sagte Birgit Uhlworm vom Bündnis für Familien.
/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/G7BVO3QQMLQSX3IBODU5HT3YME.jpg)
Reinigung von Stolpersteinen in der Birkenallee in Neue Mühle.
© Quelle: Privat
In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden Juden auch in Königs Wusterhausen attackiert. So haben SA-Leute die Wohnung des Kaufmanns Sally Jacob in der heutigen Friedrich-Engels-Straße 9 verwüstet. Sie zerschlugen sogar die Einweckgläser im Keller. Sein Textilladen in der heutigen Cottbuser Straße, der sich neben dem Optikergeschäft befand, wurde geplündert. Sachen wurden in den Nottekanal geworfen. Jacob selbst war gewarnt worden und versteckte sich. 1941 wurde er deportiert. Von ihm fehlt seither jede Spur. „Er soll ein kleiner, dicker, freundlicher Mann gewesen sein, der bei den Kunden beliebt war“, sagte Heimatforscher Rainer Kugel. Er hat die Erinnerungen von Zeitzeugen dokumentiert.
Die Stolpersteine sind eine Kunstaktion des Künstlers Gunter Demnig. Die ersten Steine wurden 1992 verlegt, inzwischen gibt es deutschlandweit bereits 70 000 Exemplare.
Von Frank Pawlowski