BER-Region: Unternehmer wünschen sich mehr Zentralisierung bei bestimmten kommunalen Aufgaben
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Stephan Gruhlke (l.), Vorsitzender Gewerbeverband Eichwalde, und Jens Warnken, Vorsitzender Gewerbeverein Wildau und Präsident der IHK Cottbus
© Quelle: Max Novo
Dahme-Spreewald. Der Norden von Dahme-Spreewald boomt, das stellt die Gemeinden auch vor enorme Herausforderungen. Gemeinsam lassen sich viele Probleme besser lösen, sagen die Vorsitzenden der Gewerbevereine Wildau und Eichwalde, Jens Warnken und Stephan Gruhlke im MAZ-Gespräch. Sie gehen mit gutem Beispiel voran.
Die Forderung nach mehr überregionaler Zusammenarbeit ist nicht neu, es gibt sie teilweise ja schon. Sie finden, das ist noch nicht genug?
Jens Warnken: Ein Format, in dem sich die Bürgermeister mit Unternehmern und Gewerbetreibenden überregional austauschen, gibt es bisher nicht. Es ist höchste Zeit dafür. Das Wachstum hört nicht an den Gemeindegrenzen auf, die Probleme tun es auch nicht. Wir brauchen den gemeinsamen Austausch.
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Unternehmer haben es vorgemacht, wie sieht das genau aus?
Stephan Gruhlke: Die Gewerbevereine aus Eichwalde, Zeuthen, Wildau und Schönefeld treffen sich regelmäßig und besprechen die aktuelle Situation. Wir sortieren Themen, bündeln Kräfte. Das würden wir gerne zusammen mit den Bürgermeistern tun.
Worum soll es dabei konkret gehen?
Jans Warnken: Es gibt einige übergreifende Themen wie die Bahnquerung, bei denen wir alle abholen und im Bilde sein müssen. Die Lösung der Verkehrsfragen ist für uns Unternehmen extrem wichtig. Es geht um die Frage, wie Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze erreichen, aber auch um Lieferketten, für die wir Geschwindigkeit und Verlässlichkeit brauchen. Oder nehmen sie die Schulbauten. Eichwalde, Schönefeld, Wildau, Zeuthen, Schulzendorf arbeiten an eigenen Projekten. Wie wird das eigentlich koordiniert? Wir erkennen bei einigen kommunalen Themen nicht, wo die Reise hingehen soll. Deshalb ist der Austausch wichtig. Kommunikation sorgt für Transparenz und schafft Vertrauen.
Unternehmens-Expertise und -Netzwerke könnten hilfreich für Kommunalpolitik sein
Stephan Gruhlke: Die Verkehrsinfrastruktur ist ein komplexes Thema. Der Ausbau der Radwege ist richtig, aber auch der ÖPNV und die Elektromobilität müssen entwickelt werden. Das kommt mir im Moment etwas zu kurz. Wir werden auch in Zukunft Lkw und Autos auf den Straßen haben, das dürfen wir nicht vergessen.
Was erwarten die Unternehmen von den Kommunen?
Jens Warnken: Wir verstehen uns nicht als kluge Ratgeber, die den Kommunen sagen, was sie zu machen haben. Aber unsere Expertise und unsere Netzwerke könnten bei der einen oder anderen Frage vielleicht hilfreich sein. Andersherum würde uns der Austausch helfen, bestimmte kommunale Prozesse besser zu verstehen. Wir haben eine Verpflichtung den Gewerbetreibenden gegenüber, dass wir uns abstimmen. Wir können unseren Input geben, aber es geht um ein vernünftiges Miteinander. Das wäre schon ein Riesenfortschritt.
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Am Miteinander hapert es im Moment?
Jens Warnken: Auf lokaler Ebene klappt das gut, sonst noch nicht. Der Wildauer Bürgermeister sucht den Dialog und fragt, das geht in die richtige Richtung. Mit seinem Wirtschaftsstammtisch gibt es in Wildau inzwischen ein gutes Format für den Austausch. Ich weiß, dass die Bürgermeister miteinander reden, aber wir wissen selten Bescheid. Es ist schwierig, etwas zu koordinieren, wenn wir nicht wissen, was der andere tut.
Stephan Gruhlke: Auch der Eichwalder Bürgermeister ist immer gesprächsbereit.
Wunsch nach stärkerer Zentralisierung für schnellere Abläufe
Was könnten die Kommunen sich von Unternehmen abschauen?
Stephan Gruhlke: Ich würde mir bei bestimmten kommunalen Aufgaben mehr Zentralisierung wünschen, eine Bündelung der Kräfte. Was genau das sein kann, darüber müsste man sich verständigen. Ich glaube, dass die Kommunen davon profitieren könnten. Wenn Abläufe schneller und effizienter sind, ist das auch gut für Unternehmen und Gewerbetreibende. Auch die technische Optimierung von Verwaltungsprozessen gehört dazu.
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Wildau will den Zuzug begrenzen aus Sorge vor einer Überlastung der Kitas und Schulen. Gleichzeitig will die Stadt als Technologiestandort wachsen. Ist das ein Widerspruch?
Jens Warnken: Die Region wird weiter boomen, darauf müssen wir uns einstellen. In Schönefeld hat das eine noch größere Dimension als in Wildau. Der Wohnungsbau ist eine Frage von vielen, die man gemeinsam angehen muss. Mit der Idee der „Neocity“ im südlichen Flughafenumfeld gibt es bereits einen Ansatz. Was da groß auf der Agenda steht, wollen wir erst einmal im Kleinen versuchen.
Treffen mit den Bürgermeistern der BER-Region im Herbst 2023
Stephan Gruhlke: Für die Ansiedlung von Unternehmen müssen Anreize geschaffen werden. Da geht es um Wohnraum ebenso wie um ausreichende Plätze in Kitas und Schulen oder Einkaufsmöglichkeiten.
Warum ist eigentlich Königs Wusterhausen in der Runde der Gewerbevereine nicht dabei?
Stephan Gruhlke: Es gibt dort keinen aktiven Gewerbeverein, viele KWer Unternehmer nehmen an den Veranstaltungen des Eichwalder Gewerbeverbandes teil und sind insofern mit involviert.
Wie geht es jetzt weiter?
Stephan Gruhlke: Wir wollen uns im Herbst 2023 mit den Bürgermeistern an einen Tisch setzen und einen regelmäßigen Austausch organisieren. Wir denken, dass wir das drei Mal im Jahr machen sollten. Der Druck, uns zu verständigen, wird zunehmen.
MAZ