„Fontane.200: Nicht ohne Birne“
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Hans Scheib holte dieses Birnen-Mariechen aus rauhem Holz.
© Quelle: Marlies Schnaibel
Havelland. Wie viele Monate hat ein Jubiläumsjahr? Bei dem Projekt „fontane.200“ lässt sich das nicht so genau sagen, deutlich mehr als zwölf Monate sind es auf jeden Fall. Denn wir stecken längst mittendrin im Gedenk- und Feierjahr aus Anlass des 200. Geburtstages von Theodor Fontane.
Werkschau im Landtag
Bestes Beispiel ist das havelländische Neuwerder. Der Förderverein Land(Schaft)Kunst lädt für Juni 2019 zur Biennale „Fontane_lesen – mach dir ein Bild davon“ ein. Die enthält eine Werkschau von Arbeiten, die bereits jetzt in Potsdam gezeigt wird. 23 renommierte Brandenburger Künstler haben sich mit dem Dichter und seinem Werk befasst und eine neue, vielfältige, frappierende, humorvolle Art gefunden, den Stechlin, John Maynard, Effi Briest oder eben auch die berühmte Ribbeck-Birne zu reflektieren. Darunter sind Arbeiten von Künstlern aus dem Havelland: Ulrike Hogrebe, Christoph Scholz und Andrea Baumgartl. Außerdem sind Fontane-Bilder von Bernhard Heisig zu sehen, der lange in Strodehne lebte und dort 2011 starb.
Bis zum 28. Dezember werden die Werke im Landtag gezeigt und machen durchaus Appetit auf mehr Fontane. Die Land(Schaft)Kunst-Idee gefiel auch den Machern von Kulturland Brandenburg. Sie nahmen die Biennale in ihr vom Kulturministerium gefördertes Themenjahr „fontane.200/Spuren“ auf.
Fotos von Krüger und Kiezle
Das gelang auch dem Falkenseer Museum. Es konnte in Potsdam mit seiner Idee für eine Fotoausstellung überzeugen. „Wir haben in unserem Fundus den Nachlass des Fotografen Heinz Krüger“, erklärt Museumsmitarbeiter Bert Krüger. Darunter befinden sich Fotos und Negative eines Auftrags, den Krüger 1973 für den Aufbauverlag erledigte. „Von Rheinsberg bis zum Müggelsee – Märkische Wanderungen Theodor Fontanes“ hatte er mit umfangreichen Reportagefotos illustriert. Nun hat sich der Fotograf Lorenz Kienzle von dem Fundus ein Bild gemacht, hat Bilder ausgesucht und stellt ihnen seine heutige Sicht zur Seite. Dabei knüpft er an die Schwarz-Weiß-Fotografie an und findet doch seine ganz eigene Bildsprache.
Entdeckung in Paretz
Zu den Fontane-Frühstartern gehören die Paretzer. Ihre Fontane-Tage haben bereits begonnen. „Theodor Fontane – Entdecke Paretz“ heißt es dort. Denn der märkische Dichter hat mit seinen Wanderungen auch Paretz geadelt. Deshalb heißt es hier: „Was wäre Paretz ohne Luise, aber was wären beide, Luise und Paretz, ohne Theodor Fontane? Hätte es Theodor Fontane nicht gegeben, ernsthaft, wer wüsste heutzutage noch etwas über die Königin und ihren Lieblingsort?“ Der Verein Historisches Paretz organisiert Fontane-Tage, die Musik, Vorträge, Film und vieles mehr bieten. Höhepunkt dürfte im September das Historische Erntefest sein.
Neues Museum
Natürlich wird sich im Fontanejahr viel in seiner Geburtsstadt Neuruppin, viel in Berlin und Potsdam abspielen. Aber als Fontanedorf schlechthin hat sich Ribbeck einen festen Platz erobert. Die Birnenlegende erweist sich nach wie vor als touristisches Zugpferd, auch, wenn es weder das Schloss noch die Havelländischen Musikfestspiele in die Liga der landesgeförderten Maßnahmen geschafft haben. Auf Fontane wird trotzdem gesetzt. „Wir gestalten die Museumsetage komplett um und dann wird auch Fontane eine größere Rolle spielen als vorher“, sagt Frank Wasser, Geschäftsführer der Schloss Ribbeck GbmH.
Effi Briest und Jenny Treibel
Die Schlossfestspiele Ribbeck werden in ihrer 6. Spielzeit noch einmal „Effi Briest“ aufführen. Und auch sonst wird kräftig fontanisiert im Dorf: Die Alte Schule in Ribbeck hat zwölf öffentliche Veranstaltungen für das kommende Jahr geplant, die sich mit Fontane befassen, und hat ein neues Marionetten-Theaterstück im Gepäck. Gernot Frischling will wieder mit seinen szenischen Führungen durch den Ort begeistern, bei denen er „Von Birnen & Menschen“ erzählt. In der Brennerei wird „Frau Jenny Treibel oder Wo sich Herz zum Herzen findet“ aufgeführt. Im Landhaus Ribbeck zeigen Claudia und Thomas Jung Malerei zu „Fontane und die fünf Schlösser“. Naja, und das Birnenfest am 29. September ist eigentlich schon ein Selbstläufer.
„Sing den Theo“
Musik aus der Fontanezeit hat es in einige Veranstaltungen der Havelländischen Musikfestspiele geschafft. „Aber wir wollen das nicht überstrapazieren“, sagt Guido Böhm, Pressesprecher der Musikfestspiele. Musik aus Fontanes Zeit und Vertonungen seiner Gedichte sind vorbereitet. Und der Sprung vom 19. ins 21. Jahrhundert auch. Mit „Sing den Theo“ wenden sich die Musikfestspiele an die jungen Leute, die sich ihren musikalischen Reim auf Fontane und sein Werk machen. Egal, ob zur Gitarre als Lied, als Rap oder Rondo, als Pop oder Hip-Hop – alle Formen sind erlaubt. „Wir sind gespannt auf viele kreative Lösungen“, sagt Guido Böhm.
Termine mit Fontane
Die Ausstellung „Fontane_lesen – mach dir ein Bild davon“ ist bis zum 28. Dezember im Landtag Potsdam zu sehen. Führungen und Künstlergespräch am 8. November und 5. Dezember jeweils 17 Uhr. Die Fotoausstellung „Heinz Krüger –Lorenz Kienzle“ wird vom 15. März bis 30 Juni 2019 im Museum Falkensee gezeigt. Paretzer Filmnächte im Fontanejahr laden ein. Am 27. Juli 2019 wird „Effi Briest“ gezeigt. Noch in diesem Jahr wird in Paretz aus Fontanes Schriften gelesen. Am 30. Dezember heißt es „Eine Reise nach Schottland: Jenseits des Tweet“. Ein „Konzert für Effi Briest“ wird am 16. Juni im Schloss Ribbeck gegeben. Vom 12. bis 21. Juli wird zu den Schlossfestspielen das Stück „Effi Briest“ aufgeführt.
Die Kreativität junger Leute ist nicht nur hier gefragt. An vielen Schulen dürfte es dabei über den Lehrplan-Fontane hinausgehen. Schüler der 11.Klassen des Gymnasiums auf dem Leonardo-da-Vinci-Campus setzen vier Video-Projekte zum Schloss Marquardt um und drehen einen Videotrailer zum Buch „Stine“ von Fontane. Schüler der Jahrgangsstufe 12 der Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule werden den "Sketch" des Neo Magazin Royal für die Bühne oder eine eigene Filmfassung adaptieren. Jan Böhmermann zelebrierte darin „Letzte Stunde vor den Ferien: Effi Briest“.
Von Marlies Schnaibel
MAZ