Wo Comic zur Kunst wird
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/M6BTGE3RNIAJ2CDVRNS3ZFS2KU.jpg)
Der Falkenseer Jörg Menge hat ein Abenteuerbuch gezeichnet.
© Quelle: Tanja M. Marotzke
Falkensee. Manchmal wünscht sich Jörg Menge französische Verhältnisse. Etwa, wenn es um das Verhältnis zu Comics geht. Der Falkenseer wird nämlich seit Kurzem des Öfteren gefragt, warum er als richtiger Maler jetzt Comics male. "In Frankreich würde man das wohl nicht gefragt werden. In Frankreich sind nämlich die Comics als neunte Kunst anerkannt", sagt er. Frankreich und Japan sind die Hochburgen dieser Kunstgattung. Und in Deutschland tut sich was. Das war auf der Leipziger Buchmesse zu spüren. Jörg Menge selbst war da mit seinem Comicbuch.
Graphic Novel macht Schule
Wobei der Falkenseer den Begriff Comic eher gar nicht verwendet, sondern das vornehmere Graphic Novel vorzieht, eine Bezeichnung, die Comics in Buchform meint. Und genau das hat Jörg Menge getan.
„Hokioi“ lautet der Titel des Buches. Und das war erst gar nicht als Buch geplant, sondern als Computerspiel. Genau solche produziert das Berlin-Falkenseer Startup Bootsmann Games, das Maximilian Menge führt. Vater Jörg greift als Grafikdesigner mit ins Geschehen.
Familie arbeitete mit an „Hokioi“
Nach einer Idee von Max fing er an, Hokioi zu entwerfen. „Da war so viel in der Geschichte, da haben wir relativ schnell gesagt: Da machen wir ein Buch draus“, erzählt er. Erzählt wird nun die Geschichte, in der die junge Clé ihren verschollenen Vater sucht. Abenteuer auf hoher See, Cyber Punk und eine fantastische Saga mischen sich zu einem optisch opulenten Geschehen, das weder zeitlich noch räumlich verortet ist. Immerhin ein bisschen in die polynesische Inselwelt taucht sie doch ein, auch der Titel „Hokioi“ greift ein Wort aus dem Sprachschatz auf und bedeutet „sagenhafter Nachtvogel“.
Für die Geschichte ist Jörg Menge selbst zum Nachtvogel geworden. Nächtelang hat er gezeichnet und an den Bildern gefeilt. Auf Papier entstanden schon mal Skizzen und Federzeichnungen für die Gesichter, das meiste entstand jedoch am Computer.
Herausforderung mit Sprechblasen
„Es war ein neues Arbeiten für mich“, sagt Jörg Menge. „Zum Teil sind 20 Figuren auf einer Seite, da muss man genau übelegen, wie man die Geschichte erzählt.“ Es war eine andere Herausforderung als die Malerei. „Ich hatte unglaubliche Lust, das Buch zu machen“, sagt Jörg Menge, auch wenn er die „richtige“ Malerei nie gelassen hat.
Sohn Max hat bei der Hokioi-Geschichte schließlich die Kolorierung übernommen. „Ein toller Austausch und eine tolle Reibung“, beschreibt Jörg Menge die Zusammenarbeit mit jüngeren Leuten. Schriftsteller-Tochter Karoline sah über die Texte. Bei Sohn Max, der Kameramann und Regisseur hat eine Werbeagentur führt, liefen die Fäden zusammen.
Vater und Sohn auf der Buchmesse
Auf der Leipziger Buchmesse waren Vater und Sohn gemeinsam unterwegs. „Wir waren in der Graphic-Novel-Halle“, erzählt Jörg Menge, „es war unglaublich viel los.“ Viele Leute kamen, blätterten, fragten. Darunter auch Leute von Verlagen. Denn noch erscheint das Buch im Selbstverlag und wird über die Internetseite verkauft, nun hoffen Menges auf einen Verlag, der sich für das Buch interessiert. Das könnte durchaus klappen, denn nach der Messe haben sich Verlage an die Hokioi-Schöpfer gewandt. „Mal sehen, was sich ergibt“, meint der Falkenseer Menge.
Derweil arbeitet Jörg Menge an Teil 2 und 3 der Geschichte. Und er arbeitet damit daran, den Comics das lustige Knollennasen-Image zu nehmen. Wobei er nichts gegen die Digedags mit ihren runden Nasen gesagt haben will. „Die Mosaik-Geschichten waren wirklich sehr gut“, erinnert er sich an die gezeichneten Helden seiner Kindheit. Aber Graphic Novel ist eben mehr, das ist Comic-Kunst für Erwachsene.
Von Leipzig um die Welt
Geboren 1960 in Leipzig, studierte Menge 1983 bis 1988 Malerei und Grafik an der Kunsthochschule Berlin Weißensee. Seit 1988 freiberufliche Arbeit in Berlin, auf dem Darß und in Falkensee. 1988 bis 1991 Förderstipendium des Senats von Berlin. 2003 bis 2008 Professor an der German Film School University in Elstal. Ausstellungen und Symposien im In- und Ausland, so Berlin, Potsdam, Paris, Moskau, Wien, Dakar, Trelleborg, Budapest, Falkensee. Kontakt zum Buch über www.hokioi.de und zum Künstler über www.mengejoerg.de
Ohne Sprechblasen wirken seine Zeichnungen auch. Sie sind erzählerisch auf ihre eigene Weise. Deshalb will Jörg Menge die großen Bilder im Sommer in Potsdam in einer Ausstellung zeigen.
Von Marlies Schnaibel
MAZ