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Perwenitz

Papierstau in der Kulturmühle

70 Meter Papierstau: Markus Kohn neben der Zeichnung, die der Ausstellung in der Kulturmühle Perwenitz den Titel „Weekend“ gab.

70 Meter Papierstau: Markus Kohn neben der Zeichnung, die der Ausstellung in der Kulturmühle Perwenitz den Titel „Weekend“ gab.

Perwenitz. Natur trifft auf Blech. So die optische Konfrontation in der aktuellen Ausstellung der Kulturmühle Perwenitz. Die vereint unter dem Titel „Weekend“ Fotografien und Installationen von drei Künstlern.

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Raumgreifend dabei die aufgehängten Papierbahnen von Autos im Stau. Der gebürtige Ulmer Markus Kohn, der an der Hochschule der Künste Berlin studierte, lebt seit vielen Jahren in Falkensee. Insgesamt 70 Meter Stau hat er auf Pergament festgehalten.

Bezug auf Godard-Film

Kohn bezieht sich mit seiner Zeichnung auf den Film „Weekend“, den Jean-Luc Godard 1967 drehte, per Tonband wird dezent das damalige frenetische Hupkonzert in Perwenitz eingespielt. „Das ist der Unterschied zu heute", sagt der Künstler, „Stau haben wir immer noch, aber wird haben uns dran gewöhnt, keiner würde mehr die ganze Zeit pausenlos hupen. Die Staus der Gegenwart sind leise.“

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Das mit den Geräuschen bestätigt auch Gudrun Venter von der Kulturmühle Perwenitz, die nicht weit von der Autobahn entfernt liegt. „Ja, manchmal sehen wir den Stau“, sagt sie, „aber dann ist es still.“ Die Installation von Markus Kohn hat sie als titelgebendes Kunstwerk für die Ausstellung ausgesucht.

Blechlawine trifft auf Gartengrün

Und dabei trifft die Blechlawine von Kohn direkt auf die Naturfotografien von Annette Merkenthaler. Die Frau aus Freiburg im Breisgau zeigt Fotos aus Gärten und von Teichen. Sie erscheinen vertraut und doch seltsam fremd, etwa, wenn sie in die echte Natur grelle Plastpflanzen stellt. Die Idylle wird so zu einer vermeintlichen und die Bilder sagen vieles darüber aus, wie weit sich der Mensch von der Natur entfernt und in eine künstliche Welt begeben hat.

Kamera immer dabei

Gut möglich, dass einige der Fotografien von Rainer Steußloff am Wochenende entstanden sind. Dann, wenn der Halb-Schönwalder und Halb-Berliner durch das Havelland streift. Meist mit Hund. Eine Kamera hat Steußloff immer dabei. Da entstehen dann so Fotoserien wie „Dog Bath“ oder „Dog Walk“. Das kann durchaus ungeplant passieren, Steußloff erfasst die Situation, wenn er etwa eine Wasserfläche fotografiert, durch die dann sein Hund läuft, und die Wasseroberfläche sich durch die Wellen verformt. Ähnlich absichtslos erscheint „Dog Walk“. Die Bilder wurden anfangs unbemerkt ausgelöst, insgesamt kam eine Serie von Naturaufnahmen zusammen, die mehr Ahnung als Dokumentation ist. Die Fotoserien strahlen eine impressionistische Schönheit und Ruhe aus.

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Dass Steußloff auch ganz konkret, bissig, witzig fotografieren kann, das wird im zweiten Ausstellungsraum sichtbar. Der gebürtige Helmstedter hat schon Reportagen für den Spiegel, die Zeit, News Week, Fokus, New York Times, Capital und andere große Magazine fotografiert.

Reportageblick in den Städten

In bester Reportagetradition stehen die gezeigten Aufnahmen seiner Indienreise und die Berlinbilder. Das Venedigfoto überrascht durch seine technische Ausführung. Den Brandenburgfotos wohnt eine gewisse Melancholie inne. Vielleicht wird die Stärke des Fotografen, so vieles zu können und zu wollen, zur Schwäche dieser Ausstellung: Konzentration auf ein oder zwei Themen wäre besser gewesen. So ist es ein Sammelsurium auf hohem Niveau. Darunter auch das Foto „Einsames Pferd“, das neben einem anderen Brandenburger Foto für den „11th Int’ Color Awards” 2018 nominiert wurde.

In Brandenburg fotografiert Rainer Steußloff gern: „Brandenburg sagte mit vor einigen Jahren nicht viel. Bis ich mit Hund und Auto immer wieder Touren rund um Berlin unternahm. Diese Landschaft, die Weite, die Städte und Dörfer faszinierten mich sehr.“

Die Ausstellung „Weekend“ ist bis zum 1. Juli in der Kulturmühle Perwenitz zu sehen. Galerie und Café sind samstags von 13 bis 19 Uhr, sonntags von 11.30 bis 18 Uhr geöffnet.

Von Marlies Schnaibel

MAZ

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