Vivian Böllersen ist Walnuss-Bäuerin
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Vivian Böllersen mit einem Teil ihres Walnusssortiments, das sie aus verschiedenen Regionen zusammen getragen hat.
© Quelle: Cornelia Felsch
Herzberg. Bereits die alten Griechen und die Römer wussten sie zu schätzen; als „Eicheln des Jupiter“ brachten sie die Walnüsse über die Alpen. Dem Brautpaar zwischen die Beine geworfen, galten Walnüsse als Glücksbringer und Fruchtbarkeitssymbol in der Antike.
Leser können Walnussstandorte melden
Gemeinsam mit Studenten der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, erforscht Vivian Böllersen zurzeit den Walnussbestand in den Regionen um Neuruppin, Oranienburg und Eberswalde. Vorerst läuft die Aktion bis zum 15. Juni. Die jungen Landwirte rufen hiermit die Leser auf, Walnussstandorte zu melden. Im Bedarfsfall übernehmen die Walnussfreunde auch die Pflege der Bäume sowie die Ernte und Verarbeitung der Produkte. Auch eine Vergütung ist möglich. Gesucht werden auch grüne Walnüsse, die bereits im Juni geerntet werden. Das Buch „Revival der Walnuss“ über neues und altes Wissen zum Walnussanbau in Deutschland, ist im vergangenen Jahr im Verlag Organischer Landbau erschienen. Es kostet 29,95 Euro. Kontaktdaten: Vivian Böllersen, 16835Herzberg (Mark), Im Eichholz 33, Telefonnummer: 033926/ 729993 oder per E-Mail an vivian@walnussmeisterei.de.
Auf vielen Gehöften und in Gärten stehen Walnussbäume in Brandenburg. Sie liefern gesunde Früchte und wertvolles Holz. Häufig fallen die Ernten in unserer Region sogar recht üppig aus. Dennoch kam bisher niemand auf die Idee, sie gewerbsmäßig anzubauen.
4,5 Hektar Walnusshain angelegt
Vivian Böllersen aus Herzberg bei Neuruppin hat diesen Schritt gewagt. Auf Veltener Luchwiesen hat sie einen 4,5 Hektar großen Walnusshain angelegt und in Herzberg betreibt sie eine kleine Baumschule.
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Die Pflege des Walnusshains in Velten ist aufwändig.
© Quelle: Privat
Bereits als Studentin der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde hat sich die gebürtige Berlinerin Gedanken darüber gemacht, warum Brandenburger die Nüsse aus China, den USA oder Chile konsumieren, wenn sie eben so gut in unserer Region wachsen.
Zum Abschluss ihres Öko-Agrarmanagement-Studiums hat sie ihre Masterarbeit zu diesem Thema verfasst. Bereits ein Jahr nach ihrem Studienabschluss hat sie ihren Landwirtschaftsbetrieb für Gemüseanbau und Walnüsse gegründet.
Studieren über Probieren
Sie wollte sich nicht nur Gedanken darüber machen, woran es liegt und wie die Zukunft der Walnuss in Brandenburg aussehen könnte – sie wollte es selbst ausprobieren und Erfahrungen sammeln.
„Bisher wurde auf diesem Gebiet wenig geforscht“, sagt die 30-Jährige. „Es liegen so gut wie keine Datenwerke und Erfahrungswerte vor.“ Allerdings ist im vergangenen Jahr im Verlag Organischer Landbau ein Buch über neues und altes Wissen zum Walnussanbau in Deutschland erschienen. Vivian Böllersen hat es geschrieben.
Bisher spielte der Nussbaum, der anfällig für Spätfröste ist, eine eher untergeordnete Rolle. Große Bestände gibt es in Deutschland nicht. In der Schweiz sowie in Süddeutschland wurden kleine Plantagen eher zu Versuchszwecken angelegt. „In Brandenburg gibt es noch keine Anlagen“, sagt Vivian Böllersen.
Walnussbaum ist hart im Nehmen
Das könnte sich ändern. „Der Walnussbaum ist sehr robust und widerstandsfähig gegen Extremwetterlagen“, sagt sie. „Deshalb wird er wohl besser als manch andere Baumart mit der erwarteten Klimaerwärmung zurechtkommen.“
Noch sind die 200 Bäumchen, die sie 2015 in ihrem Hain angepflanzt hat, recht klein und empfindlich. Bis sie erste Früchte tragen, braucht es Geduld, denn erst nach fünf bis zehn Jahren kann die Ernte beginnen. „Wenn ich in die Nussproduktion gehen will, muss ich mich aber auch um regelmäßige Wasser- und Nährstoffversorgung kümmern“, sagt die Landwirtin.
Dass sie in einer Zeit, in der Boden immer mehr zum Anlageobjekt wird, Flächen pachten konnte, kann sie selbst noch nicht so recht fassen. „Es war ein super Glücksfall für mich“, sagt die junge Frau. Gepachtet hat sie das Land von den Ökonauten – eine Bürgergenossenschaft, die kleinstrukturelle Landwirtschaft fördern und Jungbauern unterstützen will, um langfristig hochwertige Lebensmittel in der Region produzieren zu können.
Landwirte sucht Walsnussbäume in der Region
Bis ihre Nüsse geerntet werden können, sucht die junge Landwirtin Walnüsse aus der Region und startete deshalb mit Studenten der Hochschule Eberswalde eine Kampagne. „Viele Baumbesitzer wissen nicht, wohin mit den Nüssen. Die bleiben liegen, werden an Schweine verfüttert oder landen im Ofen“, sagt sie.
Gemeinsam mit drei Studenten will sie aber auch die Anzahl der Walnussbäume in Brandenburg erfassen und zum Pflanzen von Bäumen anregen. „Der Walnussbaum ist gefährdet“, sagt sie. „Die meisten Exemplare wurden zu Kriegszeiten gepflanzt und werden nicht ewig stehen.“ Vivian Böllersen hat bereits zu vielen Walnussbauern in ganz Europa Kontakte geknüpft.
Kindheitserinnerungen werden wach
Auch wenn sie in Brandenburg unterwegs ist, kommt sie schnell mit den Leuten ins Gespräch. „Viele Menschen verbinden Erinnerungen aus Kindheitstagen mit dem Walnussbaum und man spürt sofort eine emotionale Bindung. Kulturell ist es ein sehr wichtiger Baum.“
Ihr Engagement für die Walnuss hat sich bereits herum gesprochen; fast täglich erreichen sie Anfragen von Gastronomen, Chocoltiers und Bäckern. Allerdings gibt es noch ein Problem – die Nüsse müssen vor der Verarbeitung geknackt werden.
Rezept für eingelegte grüne Nüsse
Eine Verarbeitungsstrecke muss aufgebaut werden. Doch auch dafür wird die umtriebige Landwirtin eine Lösung finden. Schließlich kann man die Walnüsse auch grün einlegen, wenn die Schalen noch weich sind. Ein entsprechendes Rezept hat sie sich aus England mitgebracht.
Das Buch „Rivival der Walnuss: Neues und altes Wissen zum Walnussanbau in Deutschland“ ist 2017 als Taschenbuch im Verlag Organischer Landbau erschienen. ISBN-13: 978-3922201953
Von Cornelia Felsch
MAZ