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Neuruppin

Experten sprengen Munition am Neuruppiner Bollwerk

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst sprengte am Donnerstag zwei Handgranaten aus dem Zweiten Weltkrieg, die Taucher vor dem Bollwerk in Neuruppin gefunden hatten.

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst sprengte am Donnerstag zwei Handgranaten aus dem Zweiten Weltkrieg, die Taucher vor dem Bollwerk in Neuruppin gefunden hatten.

Neuruppin. Gerd Fleischhauer vom Kampfmittelbeseitigungsdienst der Polizei gibt das Startzeichen: „Drei, zwo, eins – Sprengung.“ Für eine Sekunde scheint die Welt ganz still zu sein. Dann erhebt sich eine Fontäne aus weißer Gischt aus dem Ruppiner See.

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Das aufgewühlte Wasser schießt nach oben, unmittelbar darauf ertönt ein dumpfer Donner. Die Kraft der Detonation zieht sich mehr als hundert Meter bis ans Ufer. Die Neugierigen, die dort am Donnerstagnachmittag stehen geblieben waren, um zu verfolgen, was da auf dem See gerade passiert, werden von der Welle der Explosion unwillkürlich angehoben.

Taucher suchen seit April vor dem Bollwerk

Was Gerd Fleischhauer und seine Kollegen da am Donnerstag auf dem Grund des Sees vernichtet haben, waren Kriegswaffen. „Zwei Handgranaten“, sagt der Munitionsfachmann. Solche haben deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg eingesetzt.

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Taucher einer Spezialfirma hatten die beiden Granaten auf dem Grund des Ruppiner Sees vor dem Neuruppiner Bollwerk entdeckt. Wie sie dorthin gekommen sind, ist völlig unklar. Vielleicht haben Soldaten sie beim Einrücken der Sowjetarmee 1945 einfach weggeworfen, wie das damals überall tausendfach passiert ist.

Seit Ende April sucht die Spezialfirma den Grund des Ruppiner Sees am Neuruppiner Bollwerk nach möglicher Munition ab. Die Taucher haben schon etliches gefunden, sagt Truppführer Fleischhauer: „Waffen, Patronen, Granaten.“

Handgranaten waren zu gefährlich, um sie abzutransportieren

Der größte Munitionsfund war eine Werfergranate aus dem Zweiten Weltkrieg. „Die hatte aber keinen Zünder mehr“, sagt Kampfmittelfachmann Fleischhauer. Weil die Gefahr, dass sie von selbst hochgeht, sehr gering war, konnte er die Werfergranate sicher abtransportieren und weit entfernt sprengen.

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Das war bei den beiden Handgranaten zu riskant. „Die waren instabil“, sagt Fleischhauer. Heißt: Sie hätten beim Transport selbst detonieren können. Der Donner und die Druckwelle der Sprengung lassen ahnen, welche verheerenden Folgen so etwas haben könnte.

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Als er hört, was da im See gesprengt wurde, fragt ein älterer Spaziergänger ganz verwundert nach: „Liegt hier wirklich noch so viel im Wasser?“

Überall Munition am Ufer des Ruppiner Sees

Tatsächlich kann das niemand genau sagen. Funde aus den vergangenen Jahren bestätigen aber, dass die Gefahr auch 80 Jahre nach dem Ende des Krieges fast allgegenwärtig ist.

Wo immer Kampfmitteltaucher am Ufer des Ruppiner Sees bisher abgetaucht sind, haben sie gefährliche Dinge entdeckt. Nicht nur Waffen oder Munition aus dem Zweiten Weltkrieg, teilweise auch Kampfmittel, die noch älter sind und aus der Zeit stammen, als Neuruppin noch preußische Garnisonsstadt war. Aber auch viele Waffen und Munition der Sowjetarmee, die bis in die 90er Jahre in Neuruppin stationiert war.

Sind beide erleichtert nach der Sprengung am Donnerstag: Truppführer Gerd Fleischhauer vom Kampfmittelbeseitigungsdienst der Polizei (l.) und Neuruppins Bürgermeister Nico Ruhle.

Sind beide erleichtert nach der Sprengung am Donnerstag: Truppführer Gerd Fleischhauer vom Kampfmittelbeseitigungsdienst der Polizei (l.) und Neuruppins Bürgermeister Nico Ruhle.

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Die großen Badestellen wurden inzwischen weitgehend abgesucht, zumindest ein breiter Streifen am Ufer des Sees. Doch das ist aufwendig und dauert lange. Die eingesetzten Taucher sind erfahren darin, Munition aufzuspüren. Aber oft ist das Wasser so trüb, dass sie sich nur tastend vorwärtsarbeiten können.

Schrott behindert die Munitionssuche

„Ein großes Problem ist der viele Schrott“, sagt Fleischhauer. Hunderte Kilo holen die Fachleute bei ihrer Suche aus dem Wasser. Fast jede Woche füllen sie einen kleinen Container mit alten Fahrrädern, Zaunpfählen, rostigen Gittern und allem möglichen anderen Zeug.

Selbst Kohlehaufen haben sie schon unter Wasser entdeckt; vermutlich Hinterlassenschaften der alten Dampfschiffe, die am Bollwerk dort früher angelegt haben und regelmäßig neuen Brennstoff brauchten. Beim Beladen ist das eine oder andere wohl über Bord gegangen.

Den Schrott müssen die Taucher zuerst aus dem Wasser fischen, weil sonst ihre Metalldetektoren für die Munitionssuche im Seegrund nicht richtig funktionieren.

Magnetfischer spielen mit ihrem Leben

Was Fleischhauer echte Sorgen macht: Auf den Schrott haben es nicht nur die professionellen Munitionssucher abgesehen. Auch viele Laien fischen danach, indem sie große Magnete an Leinen ins Wasser werfen und hoffen, dass etwas daran hängen bleibt.

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Die Magnetfischer bringen sich dabei in Lebensgefahr; sie könnten immer auch hochexplosive Sprengkörper erwischen. Das Neuruppiner Ordnungsamt warnt deshalb eindringlich vor dem Magnetfischen in der Region. Nicht ohne Grund ist das Magetfischen als Hobby in ganz Brandenburg verboten und mit bis zu 500.000 Euro Strafe belegt.

Aus Erfahrung weiß Fleischhauer aber auch: „Diese Leute lassen sich kaum beeindrucken.“ Die Gefahr scheint vielen egal zu sein. Vielleicht ist sie sogar Teil des Reizes. Dabei zeige die Handgranatenfunde am Bollwerk, dass das Risiko real ist.

Kampfmittelsuche am Bollwerk wird verlängert

30 Arbeitstage hatte der Kampfmittelbeseitigungsdienst zunächst für die Munitionssuche vor dem Neuruppiner Bollwerk angesetzt. Die Taucher sind weit gekommen, die ganze Fläche konnten sie aber nicht überprüfen. Gerd Fleischhauer will den Einsatz deshalb um 20 Tage verlängern.

Danach ziehen die Munitionssucher erst einmal ab. Voraussichtlich im Herbst geht die Suche dann weiter. Wo genau im See ist noch nicht klar.

MAZ

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