„Jetzt ist Bushido das Scheißding endlich los“ – so lief die Versteigerung der Kleinmachnower Villa
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Arafat Abou-Chaker nach der Versteigerung.
© Quelle: Julius Frick
Kleinmachnow/Potsdam. Für 7.401.500 Euro hat Ahmed Abou-Chaker das Anwesen von Rapper Bushido und Arafat Abou-Chaker in Kleinmachnow Mittwochvormittag in Potsdam ersteigert. Der neue Eigentümer soll der 2001 geborene Sohn Arafat Abou-Chakers sein. Das 16.674 Quadratmeter große Grundstück mit den drei Villen, zwei Tiefgaragen, einem unterirdischen Wellness- und Schwimmbereich, Pools und Nebengebäuden wurde mit einem Verkehrswert von 14,8 Millionen Euro angegeben. Eine Villa wird derzeit von Arafat Abou-Chaker und seiner Familie bewohnt, eine von einem Familienangehörigen. Bushidos Villa steht leer.
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Schwerbewaffnete Polizisten waren im Amtsgericht Potsdam im Einsatz.
© Quelle: Julius Frick
Bushidos Villen versteigert: Eine Machtdemonstration der Clan-Gesellschaft
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Der Saal 215 ist der größte im Amtsgericht Potsdam, doch obwohl es um keinen spektakulären Kriminalfall geht, ist er an diesem Mittwochmorgen fast bis auf den letzten Platz besetzt. Auch die Sicherheitsvorkehrungen sind höher als sonst, Eingangskontrolle ist Standard, Handys sind nur in Ausnahmefällen erlaubt, Waffen müssen ohnehin draußen bleiben.
Versteigerung von Bushido-Villa: Publikum wird bewacht
Der Publikumsraum wird von zwei Bundespolizisten mit schusssicheren Westen und Bewaffnung nicht aus den Augen gelassen. Der Grund: Hier verfolgen rund zehn Mitglieder des arabischen Abou-Chaker-Clans aus Berlin die Zwangsversteigerung des Kleinmachnower Anwesens des Rappers Bushido (Anis Ferchichi) und Arafat Abou-Chaker. Letzterer hat bereits Platz genommen im vorderen Bereich des Saals, mit juristischer und moralischer Unterstützung.
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Arafat Abou-Chaker (l) mit Anwalt und Beobachtern nach der Versteigerung.
© Quelle: Julius Frick
Begonnen wird etwas später als geplant, die Sicherheitsschleuse am Eingang ist überfordert und die zuständige Rechtspflegerin entscheidet sich zu warten. Als Ruhe eingekehrt ist, wird auch Bushido über den Hintereingang hereingeholt, er nimmt gegenüber von Arafat Abou-Chaker Platz. Es gibt keinerlei Kontaktaufnahme zwischen den ehemals besten Freunden, die mittlerweile tief verfeindet sind und sich auch vor dem Berliner Landgericht bis aufs Blut bekämpfen. Auch Bushido wird von zwei Anwälten vertreten.
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Bushido-Villa in Kleinmachnow: 14,8 Millionen Verkehrswert
Es handle sich um eine „Versteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft“, erklärt die Rechtspflegerin, die in der Folge alle Flurstücke und Größen aufzählt. Eigentümer sind jeweils zur Hälfte Anis Mohamed Youssef Ferchichi aka Bushido, 45 Jahre alt, der die Versteigerung veranlasst hat, und Arafat Abou-Chaker, 46 Jahre alt. Sie zählt die Belastungen auf: zwei Grundschulden in Höhe von 1,2 Millionen von Bushido, zweimal fünf Millionen Euro von Abou-Chaker, drei vierstellige Beträge vom Land Berlin. Dann verliest sie den ermittelten Verkehrswert: 14,8 Millionen Euro. Es wird entschieden, dass nur auf alle Grundstücke gemeinsam geboten werden kann, nicht auf einzelne Teile.
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Bushido wurde unter Polizeibewachung gebracht und weggefahren.
© Quelle: Julius Frick
Das geringste Gebot ergibt sich aus den Grundschulden Bushidos und den Nebenleistungen, erklärt die Rechtspflegerin. 2,58 Millionen ist der Betrag, den sie errechnet. Doch noch ein anderer Wert zählt: Die Fünf-Zehntel-Grenze. Sie macht 7.401.500 Euro aus und entscheidet darüber, ob das Anwesen an diesem Tag den Eigentümer wechselt oder nicht. Denn bleibt an diesem Tag das Höchstgebot darunter, wird der Zuschlag vom Gericht untersagt und es gibt einen nächsten Anlauf. Ab diesem Betrag müssen aber Bushido und Abou-Chaker gemeinsam den Zuschlag ablehnen, um den Eigentümerwechsel zu verhindern.
Mindestens 30 Minuten Zeit für Bieten um Bushido-Villa
Nach allen Erklärungen eröffnet die Rechtspflegerin schließlich um 10.29 Uhr die Bietzeit, die mindestens 30 Minuten dauern wird. Wer Fragen habe oder Einsicht in Unterlagen nehmen wolle, könne sich melden und zu ihr kommen, schlägt sie vor. Zunächst geschieht minutenlang nichts. Dann gibt Abou-Chaker-Anwalt John Sayed eine Erklärung zum Zustand der Grundstückes ab: Der unterirdische Bau, der eine rund 400 Quadratmeter große Wellness- und Schwimmoase werden hätte sollen, aber wegen der fehlenden Baugenehmigung nach wie vor ein Rohbau ist, könne nur mit erheblichen Kosten rückgebaut werden, sagt er. Geschätzt würden derzeit rund zwei Millionen Euro.
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Arafat Abou-Chaker (r.) mit Anwalt John Sayed (l).
© Quelle: Julius Frick
Außerdem gebe es einen Wasserschaden und das Gelände sei „übermäßig gepflastert“, was möglicherweise auch Rückbauforderungen mit sich ziehen könnte. Und da eines der Gebäude „allein von Arafat Abou-Chaker erbaut“ worden sei, könnte das im Fall einer Ersteigerung einen Rechtsstreit zur Folge haben. Der Vollständigkeit halber teilt die Seite Abou-Chakers schließlich noch mit, dass sie auf einen Baukostenzuschuss hoffen.
Bushido: Kein Augenkontakt
Bushido, der als einziger im vorderen Saalbereich eine medizinische Maske trägt, ist von all dem wenig beeindruckt, weder von den Erklärungen der Gegenseite, noch von den Diskussionen der ausschließlich männlichen Begleiter Abou-Chakers im Publikum. Er sieht an die Decke, auf den Boden oder studiert seine Fingernägel, vermeidet jeglichen Augenkontakt oder Blicke zu anderen Menschen. Selbst mit seinen Anwälten kommuniziert er kaum. Es gibt nicht wirklich viel zu sagen.
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Arafat Abou-Chaker und seine Anwälte betreten das Amtsgericht Potsdam.
© Quelle: Julius Frick
Schließlich macht die Rechtspflegerin darauf aufmerksam, dass Angebote nicht erst in der letzten Minute abgegeben werden müssen. „Erfahrungsgemäß ändert sich das Ergebnis nicht, wenn wir die Arbeit schon vorher machen“, sagt sie. Sie versichert, dass die Bietzeit so lange dauern werde, dass jeder sein höchstes Gebot abgeben könne. „Niemand wird hier rausgehen und sagen, ich wollte eigentlich noch mehr zahlen.“
Aus Abou-Chakers Reihen gibt es ein Angebot für Bushido-Villa
Doch s dauert 21 Minuten, bis tatsächlich aus den Reihen Abou-Chakers ein Papier nach vorne gebracht wird – das erste Gebot. Genau 7.401.500 Euro sind es, die Ahmed Abou-Chaker, geboren am 28. Mai 2001, bietet, verliest die Rechtspflegerin. Der Anwalt geht zurück zum Tisch, bespricht sich kurz, dreht sich um und sagt: „Das war falsch!“ Die Rechtspflegerin macht ihn darauf aufmerksam, dass sie ihn noch extra gefragt hat, ob die Summe stimmt, er habe es bestätigt. „Sie haben geboten und das Gebot ist zugelassen“, stellt sie fest. Damit ist das Thema durch.
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Die Villa von Bushido gehört jetzt der Familie Abou-Chaker.
© Quelle: Julius Frick
Um 10.59 Uhr fragt sie nach, ob noch jemand ein Gebot abgeben möchte. Dann folgt: „7.401.500 Euro zum Ersten, 7.401.500 Euro zum Zweiten und 7.401.500 Euro zum Dritten.“ Es ist Punkt 11 Uhr. Wenig überraschend erteilt Arafat Abou-Chaker das Einverständnis, Bushidos Anwälte sind kurz ratlos. „Sie müssen nicht“, sagt die Rechtspflegerin und bekommt Kopfschütteln zur Antwort. Damit ist der 21 Jahre alte Ahmed Abou-Chaker, laut Gericht wohnhaft in Oer-Erkenschwick, quasi nachträglich zum Geburtstag innerhalb von nur einer Stunde zum dreifachen Villenbesitzer geworden. Doch erst muss der Sohn von Arafat Abou-Chaker noch zahlen.
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1,48 Millionen Euro, also zehn Prozent des Verkehrswertes, müssen noch am selben Tag als Sicherheit hinterlegt werden, so die Rechtspflegerin. In welcher Form das geschehen ist, ist nicht bekannt. Zwei Wochen beträgt nun die Beschwerdezeit, dann findet noch ein Bezahltermin statt. Zu den Versteigerungskosten kommen noch 1,2 Millionen Euro aus zwei Darlehen (Grundschulden), die er übernehmen muss, sowie Nebenleistungen in siebenstelliger Höhe. Außerdem zu leisten sind 6,5 Prozent Grunderwerbssteuer.
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Arafat Abou-Chaker bleibt wohl weiter mit seiner Familie in Kleinmachnow leben.
© Quelle: Julius Frick
Ob Arafat Abou-Chaker froh ist, dass er jetzt mit seiner Familie in Kleinmachnow wohnen bleiben kann? „Na, mal sehen, ob er mich nicht rauswirft“, lacht er nach der Versteigerung. Einer von Bushidos Anwälten, der die Versteigerung als Zuschauer beobachtet hat, kommentiert: „Ist er das Scheißding endlich los.“
Dann geht es für beide Parteien direkt weiter zum Landgericht Berlin, wo sie sich seit rund zwei Jahren ebenfalls gegenüber stehen: Arafat Abou-Chaker und drei seiner Brüder sind wegen Freiheitsberaubung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung und Untreue angeklagt, Bushido ist Nebenkläger und Zeuge. Seinen Angaben nach wurde er von den Angeklagten am 18. Januar 2018 in einem Büro eingesperrt, bedroht und mit einer Flasche verletzt, weil Abou-Chaker nicht akzeptiert habe, dass Bushido die Geschäftsbeziehung beendet habe.
Von Konstanze Kobel-Höller