Kloster Lehnin: 48. Sommermusiken ganz im Zeichen von Bach
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/BZQM52YQCFCK3JVSONGRWUQ4F4.jpg)
Gerhard Oppelt ist Kantor der Evangelischen Klosterkirchengemeinde von St. Marien, Kreiskantor des Evangelischen Kirchenkreises Mittelmark Brandenburg und künstlerischer Leiter der Lehniner Sommermusiken.
© Quelle: Moritz Jacobi
Lehnin. Vor 300 Jahren traf ein damals 38 Jahre alter Mann aus Thüringen in Leipzig ein, um seine neue Stelle anzutreten. Im Auftrag des Stadtrats sollte er als Kantor nicht nur die musikalische Gestaltung der Gottesdienste in vier Kirchen übernehmen, sondern auch Stücke komponieren, ein Orchester führen und Unterricht erteilen.
Ein anspruchsvoller Job, der den erfahrenen Multi-Instrumentalisten an die Spitze seiner Schaffenskraft führte. Seine Kantaten, Oratorien, Konzerte und Passionen aus jener Zeit, die bis zu seinem Tod 1750 dauern sollte, brachten ihm endgültig den Rang als der vielleicht bedeutendste Komponist der Musikgeschichte ein. Sein Name: Johann Sebastian Bach.
Ein Bach-Sommer auf dem Klostergelände
Grund genug für das Team hinter den Lehniner Sommermusiken, anlässlich des 300. Jubiläums ein aufmerksames Auge (und Ohr) auf den vielseitigen Künstler und Menschen Bach zu richten. „Wir wissen, dass Bach von Thüringen nach Berlin gereist ist, um dort ein Cembalo zu kaufen. Hier in Lehnin hat er sich dabei wohl nicht aufgehalten“, sagt der Kirchenmusiker und Organist Gerhard Oppelt. „Aber wir stellen uns vor, wie es hätte sein können.“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/PMRHHKRRXBHI7KMUHUHHGXYNQI.jpg)
Mit Elina Albach ist auch eine Tochter von Kantor Gerhard Oppelt am Cembalo zu erleben. Die gemeinsam mit Philipp Lamprecht und Benedikt Kristjánsson aufgeführte Inszenierung der Johannespassion gewann den Preis Opus Klassik für das innovativste Konzert.
© Quelle: Elina Albach
Der künstlerische Leiter des Klassik-Festivals, das Mitte Juni den Auftakt seiner 48. Saison feiert, blickt mit großer Spannung auf den traditionsreichen Klassiksommer, für den einmal mehr zahlreiche Musiker von Rang nach Lehnin reisen. Das Eröffnungskonzert bestreiten Philipp Lamprecht und Elina Albach mit keinem geringeren als Benedikt Kristjánsson, der 2020 mit einer modernen Fassung der Johannespassion international Berühmtheit erlangte.
Kneipenlieder, Hausmusik und breite Unterstützung
Dass es beim berühmtesten aller Thomaskantoren nicht nur kirchlich zuging, unterstreicht vor allem ein Abend im Juli, wenn der Tenor Kan Kobow und der Lautenist Andreas Arend zusammen mit dem Berliner Figuralchor und den Cantores minores die Bachsche Hausmusik erklingen lassen. „Die ganze Bach-Familie war recht musikalisch“, so Oppelt. „Wenn dann zu Hochzeiten 150 von denen zusammenkamen, wurden zu Wein, Bier und Pfeife durchaus deftige Lieder gespielt.“
Lesen Sie auch
- Gerhard Oppelt im Interview: „Wir berühren die Leute zuallererst gefühlsmäßig“
- Von Lehniner Mönchen gefällt: Archäologen finden Kiefernstamm aus Zeit der Klostergründung
- Emsig wie die Zisterzienser: Beten und Arbeiten auf dem Lehniner Klostergelände
Nachkonzerte, Orgelmatineen und das Oratorium „Die Schöpfung“, das Joseph Haydn wohl inspiriert durch Bachs Zeitgenossen und Barock-Superstar Georg Friedrich Händel komponierte, runden die bis Anfang September laufende Konzertreihe ab. Eine Konzertreihe, die ohne den ehrenamtlichen Einsatz der kirchlichen Gemeinde und die vielen Spenden von Unternehmen aus der Region nicht denkbar wäre.
Termine und Tickets
Die Lehniner Sommermusiken dauern vom 15. Juni bis 9. September. Konzerttermine und Infos zum Kartenverkauf gibt es unter der Telefonnummer 030 80908070 und auf www.klosterkirche-lehnin.de.
Größter Geldgeber ist mit 30.000 Euro der Landkreis Potsdam-Mittelmark mit Fördermitteln aus einem Geldtopf des Landes Brandenburg. „Dank dieser breiten Unterstützung bleiben die Ticketpreise auch in diesem Jahr sehr sozialverträglich, und es werden auch wieder kostenlose Konzerte angeboten“, so Gerhard Oppelt. Der Kantor stellt fest, dass Festivalbesucher sich mit den Jahren immer kurzfristiger für einen Gang ins Konzert entscheiden, im Schnitt etwa drei Tage vorher.
Wenn die Kirche zum Kaffeehaus wird
Bach indes hätte beim Blick auf das Programm vermutlich auch das letzte Wochenende im Juni geschmeichelt, wenn ein Jugendorchester unter anderem die weltliche Kaffeekantate aufführt – im Kreuzgang der Kirche, der zu diesem Anlass in ein Café verwandelt wird, eine Hommage an die Café-Konzerte des von Bach geleiteten Collegium Musicum.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/WVWKUZEKHJFYHCAHAENZPPWKGY.jpg)
Gerhard Oppelt und sein Team verwandeln den Kreuzgang der Klosterkirche für die Sommermusiken in das „Zimmermanische Cafe-Hauß“ à la Lehnin.
© Quelle: Moritz Jacobi
„Bach hat gern im Zimmermannschen Kaffeehaus musiziert, das im Sommer auch unter freiem Himmel seine Gäste bedient hat“, sagt Gerhard Oppelt, der immer wieder auch junge Menschen mit der eingängigen Musik des Eisenachers begeistern kann. Wie der Maestro. der im Leben so manche bittere Pille zu schlucken hatte, wohl seinen Kaffee am liebsten trank? „Vermutlich extrem süß.“
MAZ