Kommunalaufsicht prüft jede Stimme
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/VQB2NJU2OPMM22UHA3FKVHHTNY.jpg)
In Michendorf wird um die Frage gestritten: Soll Michendorf der Wohnungsgesellschaft Gewog beitreten und seine kommunalen Wohnungen in die Gesellschaft einbringen?
© Quelle: Olaf Möldner
Michendorf. Im Konflikt um die Zukunft von Michendorfs 71 kommunalen Wohnungen ist jetzt die mittelmärkische Kommunalaufsicht am Zug. Sie wird in den nächsten zehn Tagen die Unterschriften prüfen, die beim ersten Bürgerbegehren gegen eine Einbringung der gemeindeeigenen Quartiere in die Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft Gewog gesammelt wurden.
Wie berichtet, ist in Michendorf neben dem Konflikt um den Gewog-Beitritt ein Streit über die Wertung des Bürgerbegehrens und der Unterschriften, die geleistet wurden, entbrannt. Nach Akteneinsicht von Peter Pilling (Linke) und Hartmut Besch (FDP) hatten sich SPD, Linke, FDP und Grüne an die Kommunalaufsicht gewandt. Aus ihrer Sicht wurden Unterschriften zu Unrecht nicht als gültig gewertet, bei denen zum Beispiel Vornamen abgekürzt oder Geburtsdaten unvollständig waren. Die Beschwerdeführer argumentieren, dass nur die Identität des Unterzeichners zweifelsfrei feststehen muss und die Gemeinde dabei im Mindestmaß eine Ermittlungspflicht etwa durch einen Abgleich mit dem Einwohnermelderegister hat.
Ball liegt im Feld der Kommunalaufsicht
Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) geht weiter davon aus, dass Michendorfs Wahlleiterin die Unterschriften ordnungsgemäß geprüft und gewertet hat, und sieht jetzt den Ball im Feld der Kommunalaufsicht. Eine Mehrheit der Gemeindevertreter aus CDU, FBL-UWG und Bündnis für Michendorf hatte es zuvor am Montagabend abgelehnt, die Beschlüsse vom 8. Oktober zum Gewog-Beitritt und zum Bürgerbegehren aufzuheben, wie es die Fraktionen SPD/Linke, FDP und Grüne in einer Sondersitzung beantragt hatten. Bei der Oktober-Sitzung war eine Mehrheit der Gemeindevertreter zu der Auffassung gekommen, dass nicht genügend Unterschriften für ein erfolgreiches Bürgerbegehren vorliegen. Wären die Beschlüsse aufgehoben worden, hätten die Gemeindevertreter damit die Weichen für die Durchführung eines Bürgerentscheides gestellt.
Kommentiert: Befreiungsschlag
Wenn sich ein Konflikt derart hochschaukelt, dass Beobachter in den Nachbarkommunen kaum mehr verstehen, was da in Michendorf gerade passiert, hilft manchmal nur noch ein kühner Befreiungsschlag, um den Streit zu befrieden. Ein mutiger Schritt des Bürgermeisters wäre zum Beispiel, auf die eigenen Argumente zu vertrauen und die Weichen für einen Bürgerentscheid zu stellen – unabhängig vom Ausgang der Prüfung, die die Kommunalaufsicht nun vornimmt. Beim Streit um die Zukunft des kommunalen Wohnungsbestandes stehen sich zwei Grundgefühle gegenüber: Das Unbehagen, die gemeindeeigenen Quartiere aus den Händen zu geben, und die Zuversicht, mit der Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft Gewog einen Partner an die Seite zu bekommen, mit dem die Gemeinde Michendorf neuen Gestaltungsspielraum bekommen und bezahlbare Mietwohnungen bauen kann. In solchen Fällen ist es klug, am Ende einfach die Bürger entscheiden zu lassen. Im erbittert geführten Streit in Michendorf ist es mittlerweile fast schon der einzige Weg, um Wunden, die bleiben, zu vermeiden. Von Jens Steglich
Dass die Kommunalaufsicht des Kreises die Michendorfer Oktober-Beschlüsse bis zur besagten Sondersitzung am 5. November nicht geprüft hat, kritisierte SPD-Fraktionschef Volker-Gerd Westphal scharf. „Ich bin enttäuscht von der Kommunalaufsicht und von Landrat Blasig (SPD), dass die Prüfung so lange dauert“, sagte er. Die Behörde „hätte längst prüfen können, ob das Recht richtig angewandt wurde oder nicht“, so Westphal. Er glaube, dass die Wahlleiterin nach besten Wissen und Gewissen geprüft habe: „Man kann sich aber täuschen und zu strenge Kriterien anlegen.“
Zweites Bürgerbegehren läuft bereits
Im Streit um das Bürgerbegehren hatte Achim Sattler (Bürger für Michendorf) am Montag versucht, eine Brücke zwischen den Lagern zu schlagen. Bürgerbeteiligung sei zu begrüßen. Der bekennende Befürworter eines Beitritts zur Gewog sagte, er fände es gut, einen Bürgerentscheid über diese wichtige Frage durchzuführen. „Die Argumente für einen Beitritt zur Gewog sind so stark, dass man auch eine Zustimmung der Bürger dafür erzielen kann“, sagte Sattler.
Bei einem Bürgerentscheid werden die Bürger direkt zur Abstimmung in die Wahllokale gerufen. „Ich unterstütze das erst, wenn genügend Unterschriften zusammengekommen sind“, sagte Bürgermeister Mirbach. Ob beim ersten Bürgerbegehren die nötige Unterschriftenzahl – zehn Prozent der Wahlberechtigten – erreicht wurde, prüft nun die Kommunalaufsicht. Unabhängig davon läuft bereits ein zweites Bürgerbegehren, das sich gegen die im Oktober gefassten Gemeindevertreter-Beschlüsse richtet.
Von Jens Steglich