Chemikalie für Lebensmittelherstellung

Nach Giftunfall: Darum riecht es jetzt nach Pfirsichjoghurt

Mit hohem Aufwand wurde die Unfallstelle in Prützke gesichert.

Mit hohem Aufwand wurde die Unfallstelle in Prützke gesichert.

Kloster Lehnin. Offensichtlich zu einem Zwischenfall ist es auf dem Firmengelände des Entsorgers Mebra in Prützke gekommen. Dem Vernehmen nach sind gefährliche Stoffe angeliefert worden. Die Polizei war schnell vor Ort.

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Mehrere Rettungswagen sind von der Regionalleitstelle aus ebenfalls nach Prützke beordert worden. Zwei Mitarbeiter der Recyclinghalle mit Augenreizungen wurden direkt vor Ort versorgt, ein dritter wurde von den Rettungskräften zuhause aufgesucht – er hatte bereits Schichtende, klagte aber über starke Kopfschmerzen.

„Aus Bad Belzig ist die Gefahrstoffeinheit Potsdam-Mittelmark ausgerückt, auch Kreisbrandmeister Jens Heinze und sein Stellvertreter sind unterwegs“, sagt Kreissprecherin Andrea Metzler.

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Vertragswidrig Reste in Kanistern enthalten

Vorerst Aufklärung gibt Mebra-Geschäftsführer Holger Ulbricht: „Wir haben einen Vertrag mit einem Zulieferer der Lebensmittelindustrie geschlossen. Danach sollten komplett von Resten entleerte und gespülte 20-Liter-Kanister angeliefert werden. Darin haben sich ursprünglich Zusatzstoffe aus der Lebensmittelindustrie befunden.“

• Lesen Sie auch: Unfall in Prützke – Gefahrstoffeinheit rückt an

Diese Kanister sollten kurz gelagert, dann gepresst und einem Stoffrecycling zugeführt werden. Also Kunststoffwiederverwertung statt Verbrennung. Die Kanister kamen in zwei jeweils 33-Kubikmeter-Boxen mit einem Fremdspediteur in Prützke an.

„Offensichtlich waren dennoch vertragswidrig Reste der Zusatzstoffe enthalten.“ Ulbricht hat seinen Prokuristen Stephan Köpping angewiesen, sofort die Datenblätter kommen zu lassen, um die genaue Zusammensetzung zu ergründen.

Gefährlich für Augen und Atemwege

Das hat die Polizei bereits getan: Es handelt sich um so genannte Aroma-Nitrate mit der Gefahrstoffnummer UN 1197, sagt Polizeisprecher Daniel Keip. Das sind flüssige Extrakte und Geschmacksstoffe, sie entwickeln gefährliche Dämpfe. Diese haben einen Flammpunkt von unter 23° Celsius, sie sind gefährlich für Augen und Atemwege. Die Flüssigkeit ist nicht oder nur teilweise mischbar mit Wasser, weil sie leichter ist.

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Spezialisten untersuchten die Unglücksstelle, auch die Gefahrstoffabwehreinheit

Spezialisten untersuchten die Unglücksstelle, auch die Gefahrstoffabwehreinheit.

Hitzeeinwirkung auf Behälter führt zu Druckanstieg mit Berstgefahr und nachfolgender Explosion, die Flüssigkeit kann mit Luft explosionsfähige Gemische bilden, sie entwickelt giftige und reizende Dämpfe bei starker Erwärmung oder Brand. Die Dämpfe können unsichtbar sein und sind schwerer als Luft. Sie breiten sich am Boden aus und können in Kanalisation und Kellerräume eindringen. Im schlimmsten Fall können sie sogar narkotisch wirken und zu Bewusstlosigkeit führen.

Keine Gefahr für die Bevölkerung

Immer mehr Spezialisten wurden nachgeordert

Immer mehr Spezialisten wurden nachgeordert.

„Weil die Gefahrstoffeinheit unterwegs ist, der Ort des Geschehens sich in einer Halle befindet und die Feuerwehr wohl alles im Griff hat, haben wir nach einer Prüfung darauf verzichtet, die Bevölkerung offiziell zu warnen oder eine Umleitung des Verkehrs anzuordnen“, sagt Keip.

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Im Laufe des Nachmittags trafen noch Experten des Amtes für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik sowie des Landesimmissionsamtes an der Unfallstelle ein. Am Abend kam die Entwarnung, es gebe keine Gesundheitsgefahren mehr, sagt Mebra-Chef Ulbricht.

Die Chemikalie werde für die Joghurtherstellung verwendet, „die ganze Halle riecht jetzt nach Pfirsichjoghurt“. Die Feuerwehr werde auf die verunreinigten Stellen noch ein Bindemittel aufbringen. Für Freitag sei großes Aufräumen angesagt, danach könne die Halle wieder genutzt werden.

Kanister gehen zurück

Die restlichen Kanister werden an den Spediteur zurückgegeben, schließlich habe er seinen Teil des Vertrages –nämlich das Leeren und Reinigen –nicht erfüllt. Ulbricht ist auch nicht gewillt, irgendwelche Rechnungen für den aufwendigen Spezialisteneinsatz zu bezahlen.

Von André Wirsing

MAZ

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